Gläßner/Leineweber, StBp 1985, 97 u 125.

 

Rn. 1120

Stand: EL 103 – ET: 02/2014

Zur industriellen Serienfertigung werden Formen und Modelle benötigt. Typische Fälle sind Gussteile, die eine Maschinenfabrik benötigt. Solche Serienfertigungen werden häufig auf Subunternehmer ausgelagert (Outsourcing). Hierfür typisch ist die Situation in der Automobilindustrie. Der Automobilhersteller will (zB) Frontscheiben nicht selbst produzieren, sondern beauftragt damit einen Glashersteller. Dieser benötigt dafür bestimmte Formen (und möglicherweise Spezialwerkzeuge), die er aber nur für diese vom Automobilhersteller speziell gewünschte Glasform verwenden kann. Der Glashersteller (künftig Lieferer) muss die Amortisation der von ihm herzustellenden oder zu beschaffenden Formen ausschließlich aus dieser speziellen Frontscheibe realisieren. Sein Interesse geht auf einen möglichst hohen Absatz, den ihm umgekehrt der Automobilhersteller (künftig Besteller) nicht unbedingt garantieren will. Die Amortisation selbst kann "verdeckt" durch den Lieferpreis erfolgen, in der Realität haben sich allerdings andere Amortisationsvarianten durchgesetzt, die den beiderseitigen Interessen eher entgegenkommen. Danach zahlt der Besteller einen Einmalbetrag an den Lieferer, den dieser zur Finanzierung der Formen uÄ verwendet. Dieser Einmalbetrag ("Kostenvergütung") wird möglicherweise mit dem Verkaufspreis der (in unserem Bsp) Frontscheiben in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes verrechnet. Andererseits kann auch ein Verzicht auf die Einkalkulierung der Erwerbskosten für die Formen in die Einheitspreise vereinbart werden.

 

Rn. 1121

Stand: EL 103 – ET: 02/2014

Die BFH-Rspr hat sich zunächst mit der bilanziellen Abbildung beim Lieferer befasst. Nach BFH BStBl II 1971, 51 soll der Lieferer die "Werkzeugkostenvergütung" durch den Besteller als Anzahlung passivieren und dann (erst) gewinnerhöhend auflösen, wenn mit künftigen Lieferungen, für die die betreffende Form benötigt wird, nicht mehr zu rechnen ist. Entscheidungserheblich in diesem Urt war der Verbleib des (rechtlichen) Eigentums an der Form beim Lieferer.

Bei einem ähnlichen Sachverhalt hat der BFH BStBl II 2002, 655 den "Zuschuss" des Bestellers beim Lieferer als Rückstellung mit Auflösung über den Vertragszeitraum behandelt, mE eher Anzahlung (StuB 2001, 385) mit gleicher Ergebnisauswirkung.

 

Rn. 1122

Stand: EL 103 – ET: 02/2014

Umgekehrt kann der Besteller ein Interesse am Erwerb des rechtlichen Eigentums haben, damit er auch nach Beendigung der Serienfertigung die Form noch zur Produktion von Ersatzteilen verwenden kann. In BFH BStBl II 1973, 305 hat der BFH diese Form der Werkzeugkostenvergütung als Veräußerungsgeschäft vom Lieferer an den Besteller gewertet. Der Fall behandelte ebenfalls die Bilanzierung beim Lieferer. Konsequenterweise muss dann der Besteller die Form aktivieren und auf die voraussichtliche Nutzungsdauer abschreiben.

 

Rn. 1123

Stand: EL 103 – ET: 02/2014

In einem weiteren BFH-Urt (BFH BStBl II 1989, 830) ist das rechtliche Eigentum beim Lieferer verblieben, zur beurteilen war indes die Bilanzierung beim Besteller. Der BFH löst die Bilanzierungsfrage unter Zugrundelegung des Vertragsinhaltes. Dieser verpflichtete den Lieferer zur Bereithaltung der Formen während eines bestimmten Zeitraumes und zur Durchführung der Aufträge des Bestellers. Darin erkannte der BFH ein Recht eigener Art ("Verwendungsrecht"), das er als immaterielles WG des AV wertete, das als entgeltlich erworben zu aktivieren und auf die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben ist (s Rn 719 "Verwendungsrecht"). Es kommt nach dieser Gesetzesauslegung des BFH zu einer Doppelbilanzierung: Nutzungsrecht beim Besteller, Gegenstand beim Lieferer. Dagegen sieht das FG He v 14.08.2012, EFG 2012, 1343 in einem ähnlich gelagerten Fall auch einen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Besteller, womit der Lieferer ­einen gewinnrealisierenden Umsatz tätigt. Das unschöne Bild der Doppelbilanzierung wäre damit auch verschwunden. Der BFH muss darüber unter Az IV R 3/13 entscheiden.

 

Rn. 1124–1126

Stand: EL 103 – ET: 02/2014

vorläufig frei

 

Rn. 1127

Stand: EL 103 – ET: 02/2014

Überraschend an der Rechtsfindung in den BFH-Urt ist das Abheben auf das rechtliche Eigentum, das für Bilanzierungszwecke nicht mehr als ein Indiz zur Zurechnung des betreffenden WG beim jeweiligen Bilanzierer bieten kann (s Rn 68). Nach den Kriterien des wirtschaftlichen Eigentums kommt es bezüglich der bilanziellen Zurechnung auf die ausschließliche Verwendungsmöglichkeit beim jeweiligen Vertragspartner an. Sofern der (in unserem Bsp s Rn 1120) Lieferer die Form ausschließlich (wie regelmäßig) für den Auftrag des Bestellers verwenden darf und im Übrigen die Form auch noch weitere Jahre nach Auslaufen der Produktion bereitstellen muss, kann das wirtschaftliche Eigentum nur beim Besteller liegen. Das wird aus der Analogie zur Leasingbilanzierung (s Rn 1000ff) deutlich: Wenn der Leasingnehmer das WG für seine gewöhnliche Nutzungsdauer allein verwenden u...

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