Rn. 906

Stand: EL 85 – ET: 11/2009

Die Steuerlatenzrechnung stellt bilanziell die zukünftigen Steuerbe- oder entlastungen aus Buchwertunterschieden zwischen Aktiv- und Passivposten der HB u StB dar. Diese können auf unterschiedlichen Ansätzen oder Bewertungen beruhen. Aus der Veränderung der bilanzierten Latenzen zwischen zwei Stichtagen ergibt sich korrespondierend ein Steuerertrag und -aufwand in der GuV-Rechnung. Dem Zukunftsbezug der bilanziellen Latenzrechnung entsprechend handelt es sich um aufgeschobene, dh noch nicht geschuldete Steuern. Die Steuerlatenzrechnung führt dadurch die zeitlichen Unterschiede beider Rechenwerke – HB u StB – zusammen. Die Steuerfolgen aus bestehenden Bilanzansätzen werden antizipiert.

Der Entstehungsgrund für die Steuerlatenz beruht neben den genannten

- Buchwertunterschieden zwischen HB u StB
- auch auf Steuerfolgen aus Verlust- und Zinsschranken-Vorträgen.
 

Rn. 907

Stand: EL 85 – ET: 11/2009

Ein weiterer (indirekter) Anwendungsbereich der Steuerlatenzrechnung liegt in der Darstellung eines zum ausgewiesenen Ergebnis vor Steuern "passenden" Steueraufwands. Damit eng verbunden ist die Entwicklung des ausgewiesenen Steueraufwandes (einschließlich solchen aus der Steuerlatenzrechnung) vom vermuteten Steueraufwand aus Anwendung der bestehenden Steuersätze auf das Ergebnis vor Steuern zum effektiv ausgewiesenen Betrag. Durch Einbeziehung des Aufwandes bzw Ertrages aus der Steuerlatenzrechnung "passt" der ausgewiesene Steueraufwand tendenziell zum Ergebnis vor Steuern, dh die tatsächliche Steuerquote zur nach den nominellen Steuersätzen zu erwartenden, allerdings in der Praxis und auch im Schrifttum regelmäßig bezogen auf den Konzernabschluss ("Konzernsteuerquote"). Im Einzelabschluss nach HGB hat diese Größe bislang kaum Bedeutung gehabt, das kann sich im Hinblick auf die zunehmenden Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanzposten ändern.

 

Rn. 908

Stand: EL 85 – ET: 11/2009

Konzeptionell kann die Steuerlatenzrechnung an den beiden Bestandteilen des JA anknüpfen:

- an der GuV-Rechnung, indem die jeweiligen Bilanzansatzunterschiede aufgelistet und saldiert werden, um mit dem anzuwendenden Steuersatz einen aktiven oder passiven Überhang zu ermitteln. Beim aktiven Überhang entsteht in Form der Gegenbuchung ein Ertrag und umgekehrt beim passiven Überhang ein Aufwand. Dieses Verfahren ist "GuV-orientiert", wird international als timing-Konzept bezeichnet und gilt deshalb als "dynamisch". Vor "BilMoG" galt dieses Konzept nach § 274 HGB aF.
- Die andere Methode knüpft ebenfalls an den Buchwertunterschieden zwischen HB u StB an und errechnet daraus aufgrund des anzuwendenden Steuersatzes ein latentes Steuerguthaben oder umgekehrt eine entsprechende Schuld. Dieses Verfahren gilt als bilanzorientiert und wird deshalb als "statisch" dargestellt. International spricht man hier vom temporary-Konzept – jetzt gültig in § 274 HGB nF.

Dieser konzeptionelle Unterschied im Ansatz verwischt sich allerdings letztlich durch die Gesetze der Doppik. Unterschiedliche Bilanzansätze müssen sich notwendig im Ergebnis niederschlagen oder umgekehrt: Die Ergebnisunterschiede führen zu entsprechenden Bilanzposten. Deshalb bezeichnen die beiden (scheinbar) unterschiedlichen Konzepte der Steuerabgrenzungsrechnung allenfalls die Ermittlungstechnik. Materiell gibt es allerdings dann einen Unterschied, wenn (handelsrechtlich) Ansatz- oder Bewertungsunterschiede am Stichtag gegenüber dem Vorjahresausweis erfolgsneutral zu behandeln sind, also in der Buchhaltersprache nicht über die GuV gezogen, sondern direkt im Eigenkapital gebucht werden. Dies ist im Einzelabschluss nach HGB nur ausnahmsweise bei Zugangsbuchungen und im Übergang zum neuen Recht nach Art 67 EGHGB möglich.

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