Rn. 1635

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Aufwendungen, die nach der Betriebsaufgabe entstanden sind, sind idR nicht mehr betrieblich veranlasst. Die Betriebsbeendigung soll einen Schlussstrich unter die betrieblichen Geschäftsvorfälle setzen. Jedoch können nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit Aufwendungen entstehen, die noch im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit standen. So sind zB Gewährleistungen nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit noch betrieblich veranlasst. Sie sind als nachträgliche BA steuerlich absetzbar. Ein Zusammenhang der nachträglichen BA zu der Erzielung von Einkünften muss nicht bestehen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 4 Abs 4 EStG, der allein auf den betrieblichen Zusammenhang abstellt (zum gleichen Problem bei vorabentstandenen BA s Rn 1630). Zu unterscheiden sind die Aufwendungen, die als nachträgliche BA einkommensmindernd berücksichtigt werden, und diejenigen Aufwendungen, die durch die Abwicklung selbst veranlasst sind, insbesondere durch die Verwertung des Aktivvermögens. Letztere Aufwendungen mindern nicht den laufenden Gewinn, sondern den Aufgabegewinn, der gemäß § 16 EStG gesondert besteuert wird. Zu den Aufwendungen, die durch die Abwicklung veranlasst sind, gehören zB Maklerkosten für den Verkauf des Betriebsgrundstückes oder die Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Ablösung des betrieblichen Kredits (BFH BStBl II 2000, 458).

Wie bei einer Aufgabe des Betriebs, so können auch bei einer Betriebsveräußerung nachträgliche BA entstehen, die den laufenden Gewinn mindern. Dagegen sind Veräußerungskosten als Aufwendungen zu berücksichtigen, die den Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs 2 EStG reduzieren. Die Unterscheidung erfolgt danach, ob die Aufwendungen durch den Betrieb veranlasst wurden oder durch die Veräußerung (BFH BStBl II 1998, 144; zur Abgrenzung s auch Bartone, INF 2002, 105).

Der BFH sieht den Betriebsbegriff solange als erfüllt an, so lange noch nicht die letzte Abwicklungshandlung beendet ist. Daher sind BA erst nachträgliche BA, wenn die letzte Abwicklungshandlung abgeschlossen ist.

Für die Frage, ob nachträgliche BA vorliegen, kommt es – entgegen wohl der Auffassung des BFH (BFH BStBl II 1998, 144) – nicht darauf an, ob nach Betriebsbeendigung noch BV zurückbehalten wurde, oder ob WG ins PV überführt wurden. Entscheidend ist allein, ob der betriebliche Zusammenhang der Aufwendungen festgestellt werden kann.

Sofern BA nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils entstehen, gehören sie zu den nachträglichen Einkünften aus der früheren betrieblichen Tätigkeit (§ 24 Nr 2 EStG; BFH BFH/NV 2003, 900).

 

Rn. 1636

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Häufig werden nachträgliche BA in Form von Schuldzinsen geltend gemacht. Hierzu ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Sind Schuldzinsen vorhanden, die durch den früheren Betrieb veranlasst sind, so sind sie auch als nachträgliche BA iSv § 24 Nr 2 EStG zu berücksichtigen. Voraussetzung ist aber, dass die Verbindlichkeiten während des Bestehens des Betriebes entstanden sind und nicht erst anlässlich der Veräußerung des Betriebs begründet wurden. Weitere Voraussetzung ist nach der Rspr des BFH, dass die Verbindlichkeiten trotz Verwertung des BV nicht vollständig getilgt werden konnten. Die den Wert der WG übersteigenden Schulden bleiben BV, so dass auch die dazugehörenden Schuldzinsen BA sind. Tilgt der StPfl die Verbindlichkeiten nicht, obwohl er sie mit dem Veräußerungserlös bzw durch die Verwertung des BV hätte tilgen können, so sind die Schuldzinsen als nachträgliche BA nicht zu berücksichtigen (BFH BFH/NV 2003, 900; 2002, 163; BStBl II 1998, 144; 1996, 291; 2005, 707; BFH/NV 1991, 303). Sie sind nicht mehr betrieblich veranlasst, weil es zu einer Überlagerung durch eine privat veranlasste Entscheidung, die betrieblichen Verbindlichkeiten nicht zu tilgen, gekommen ist (wie hier Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 822 (Oktober 2022)).

Diese Verpflichtung zur Tilgung besteht jedoch nicht für Tilgung mit Sonder-BV, soweit es um die Tilgung von Schulden des Gesamthandsvermögens einer PersGes geht. Dies liegt daran, dass WG, die zB der Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlässt, im Zuge der Liquidation der Gesellschaft nicht verwertet werden, sondern an den Gesellschafter zurückgegeben werden (BFH BFH/NV 2003, 900).

Die Rspr des BFH macht jedoch einige Ausnahmen von der Verpflichtung zur vorrangigen Tilgung der betrieblichen Schulden. So sind in folgenden Fällen nach der Betriebsveräußerung oder -aufgabe Schuldzinsen auch dann als nachträgliche BA abzusetzen, wenn die dazugehörigen Schulden nicht vorrangig getilgt wurden (vgl auch BFH BFH/NV 2003, 900):

  • Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses (BFH BStBl II 1985, 323; 2005, 707);
  • Verwertungshindernisse hinsichtlich des zurückbehaltenen Aktivvermögens (BFH BStBl II 1990, 213; 2005, 707; 2007, 642, wonach nur die Verwertungshindernisse nachträgliche BA rechtfertigen können, die ihren Grund in der ursprünglich betri...

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