Rn. 286

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Bedeutung: Grundsätzlich spiegelbildlich zur Entstrickung, mit der das deutsche Steuersubstrat gesichert werden soll (§ 4 Abs 1 S 3–5 EStG; s Rn 244ff), wird durch Verstrickung ein deutsches Besteuerungsrecht ausgeschlossen, indem die Begründung des inländischen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines WG der Einlage gleichgestellt wird (Einlagefiktion, § 4 Abs 1 S 8 Hs 2 EStG) und für diese die Bewertung zum gemeinen Wert im Zeitpunkt der Zuführung angeordnet wird (§ 6 Abs 1 Nr 5a EStG; s § 6 Rn 1191f (Dräger/Dorn)). Ziel der Verstrickung ist, eine zwischenstaatliche doppelte Besteuerung zu vermeiden. Ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgt der Ansatz zum gemeinen Wert gleichwohl unabhängig davon, ob im Ausland eine (Entstrickungs-)Besteuerung tatsächlich stattgefunden hat, um einen Anreiz zu schaffen, WG ins Inland zu verlagern und hier produktiv einzusetzen (BT-Drucks 16/2710 v 25.09.2006, 27; vgl demgegenüber zum Erfordernis tatsächlicher Steuerbelastung im Ausland bei Verstrickung nach § 17 Abs 2 S 3 EStG FG Düsseldorf v 01.07.2020, 7 K 2991/18 E, EFG 2020, 1307, Rev BFH IX R 13/20).

 

Rn. 287

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Verstrickungstatbestand: Die Verstrickung zum gemeinen Wert setzt voraus, dass erstmals ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland begründet wird. Damit sollen bisher nur Fälle erfasst werden, in denen zuvor überhaupt kein deutsches Besteuerungsrecht bestand, konkret insb Fälle, in denen WG im Anwendungsbereich der Freistellungsmethode aus einer ausländischen Betriebsstätte oder aus einem ausländischen Stammhaus ins Inland überführt werden. Die Ausdehnung eines bereits bestehenden (aber eingeschränkten) deutschen Besteuerungsrechts genügt bisher für eine Verstrickung, dh Ansatz einer Einlage zum gemeinen Wert nicht (s aber zur geplanten Ausdehnung des Verstrickungstatbestands durch ATAD-UmsG bei Verstärkung des deutschen Besteuerungsrechts unter Wertverknüpfung aus- und inländischer Werte und Anrechnung ausländischer Entstrickungssteuer s Rn 249).

Der Verstrickung unterliegen folgende Vorgänge (Förster, DB 2007, 76), jeweils Spiegelfälle zu s Rn 250:

  • Überführung eines WG aus einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte in das inländische Stammhaus durch einen unbeschränkt StPfl;
  • Überführung eines WG aus dem ausländischen Stammhaus oder der ausländischen Betriebsstätte in eine deutsche Betriebsstätte durch einen beschränkt StPfl;
  • Zurechnung von WG mit Zentralfunktion beim Zuzug eines StPfl mit Begründung eines inländischen Stammhauses.

Passive Verstrickung: Konsequenz der vom BMF mit Schreiben BMF v 26.10.2018, BStBl I 2018, 1104 vertretenen Auffassung, dass die Entstrickung keine aktive Handlung des StPfl voraussetze, sondern auch durch Änderung der Rahmenbedingungen ausgelöst werden könne (Bsp Änderung eines DBA unter Übergang von Anrechnungs- zu Freistellungsmetode; sog passive Entstrickung, zur Kritik s Rn 248a), ist umgekehrt eine passive Verstrickung bei Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode durch Änderung eines DBA oder bei Kündigung eines DBA mit Freistellungsmethode.

 

Rn. 288

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Fehlende Korrespondenz zwischen Entstrickung und Verstrickung: Bisher besteht keine konsequente Korrespondenz zwischen Verstrickungs- und Entstrickungsregelung; die Verstrickungsregelung des § 4 Abs 1 S 8 Hs 2 EStG ist deutlich enger als die Entstrickungsregelung des § 4 Abs 1 S 3–5 EStG (zur geplanten Angleichung im Zuge des ATAD-UmsG aber s Rn 249).

Keine Verstrickung liegt bisher nach § 4 Abs 1 S 8 EStG vor bei (vgl Förster, DB 2007, 76):

  • Verstärkung des deutschen Besteuerungsanspruchs bei potentieller Veräußerung des WG, zB durch Überführung eines WG aus einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte in das deutsche Stammhaus (BT-Drucks 16/2710, 28); keine Korrespondenz zur Besteuerung bei Einschränkung deutschen Besteuerungsrechts bei Veräußerung (s Rn 260);
  • Begründung des deutschen Besteuerungsrechts durch Nutzung eines WG; keine Korrespondenz zur Besteuerung bei Ausschluss deutschen Besteuerungsrechts bzgl Gewinnen aus der Nutzung (s Rn 263),
  • Verstärkung des deutschen Besteuerungsrechts durch Nutzung eines WG; keine Korrespondenz zur Besteuerung bei Beschränkung deutschen Besteuerungsrechts bzgl Gewinnen aus der Nutzung (s Rn 266).

Für die nutzungsbezogenen Sachverhalte wurde abweichend zur nutzungsbezogenen Entstrickungsentnahme systembrechend eine Einlagefiktion (wohl) deshalb nicht vorgesehen, weil anderenfalls (ohne Wertverknüpfung zu einer Entstrickungsbesteuerung im Ausland) im Inland künstlich Aufwand (s Rn 280) geschaffen werden könnte (Benecke/Schnitger, IStR 2006, 767; zur Problematik bei Einlage von Nutzungsrechten s Rn 279a). So aber kann es im Fall des Bsp unter s Rn 263 in umgekehrter Richtung zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Ein weiterer Systembruch im Verhältnis zur Entstrickungsbesteuerung (s Rn 260) besteht zu Lasten der StPfl bisher im Fall der Überführung eines in e...

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