Rn. 1628

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Der Grund für die oben beschriebene Prüfung der betrieblichen Veranlassung ist die Abgrenzung der betrieblichen veranlassten Aufwendung von der privat veranlassten Aufwendung. Nur wenn die private Mitveranlassung unbedeutend ist, kommt eine Berücksichtigung als BA in Betracht (BFH BStBl II 1994, 350; BFH/NV 1998, 961; BFH vom 27.08.2002, VI B 147/01, nv; BFH BFH/NV 2003, 1410). Liegt eine private Mitveranlassung vor, so handelt es sich um sog gemischte Aufwendungen.

 

Rn. 1629

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Nach früherer Rspr des BFH galt ein Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischte Aufwendungen (GrS BFH BStBl II 1971, 17; 1971, 21; 1979, 213). Schon früh wurde diese Rspr kritisiert (s Nachweise bei Schwenke, FR 2011, 1051 Fn 8 und 9). Von dieser Sicht hat sich der GrS des BFH nun in seiner am 13.01.2010 bekanntgegebenen Entscheidung vom 21.09.2009 (BFH BStBl II 2010, 672) getrennt. Die Entscheidung fand im Schrifttum ganz überwiegend Zustimmung (s unten Literaturhinweise). Der GrS misst mit seinem "Paradigmenwechsel" (Pezzer, DStR 2010, 96) dem objektiven Nettoprinzip eine größere Bedeutung bei. Durch möglichst veranlassungsgemäße Aufteilung der Aufwendungen in privat und betrieblich veranlasste Aufwendungen soll dem Leistungsfähigkeitsprinzip Rechnung getragen werden.

Von diesen Grundannahmen ausgehend nahm der GrS in seiner neuen Rspr Stellung zu der Frage, wie beruflich und privat veranlasste Reisekosten aufgeteilt werden können. Die von ihm entwickelten Grundsätze gehen aber weit über die Beurteilung einer gemischt veranlassten Reise hinaus. Sie haben Bedeutung für alle gemischt veranlassten Aufwendungen. Hier bleibt abzuwarten, in welchen Fällen eine Aufteilung in private und beruflich (betrieblich) veranlasste Teile zulässig ist (s zur Entscheidung des GrS zB Kanzler, NWB 2010, 169; Spindler, DB 2010, Heft 3, M1; Spindler, FS J. Lang, Köln 2010, 589; Bergkemper, DB 2010, 147; Pezzer, DStR 2010, 93; Fischer, NWB 2010, 412; Jochum, DStZ 2010, 665; Leisner-Egensperger, DStZ 2010, 185; Schwenke, FR 2011, 1051; s aber die Entscheidung des GrS zur Aufteilung der Aufwendungen bei einer sog "Arbeitsecke", BFH BStBl II 2016, 265, und die folgenden Entscheidungen BFH vom 17.02.2016, X R 32/11, BStBl II 2016, 708; BFH vom 17.02.2016, X R 26/13, BStBl II 2016, 611).

Von den Grundsätzen der neuen Rspr des GrS ausgehend sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Liegen unverzichtbare Aufwendungen der privaten Lebensführung vor (GrS BFH BStBl II 2010, 672 Rz 122f), so kommt ein BA-Abzug nicht in Betracht. Der BFH nennt zB Aufwendungen für ein Hörgerät, bürgerliche Kleidung und Brillen. Er knüpft damit an die bisherige Rspr an, nach der bereits solche Aufwendungen nicht abzugsfähig waren. Ob zB Telefon- und Internetkosten nach der neuen Rspr als verzichtbare Aufwendungen anzusehen sind, wird bereits in der Literatur in Frage gestellt (s zB Schwenke, FR 2011, 1052f). ME sollte hier weiterhin von verzichtbaren Aufwendungen ausgegangen werden und an den in der Verwaltungs- und Rspr-Praxis vorgegebenen Aufteilungsmaßstäben festgehalten werden.
  • Aufwendungen mit unbedeutender privater Mitveranlassung sollen vollständig abgezogen werden können (GrS BFH BStBl II 2010, 672 Rz 124). Dies entspricht ebenfalls der bisherigen Rspr. Dies gilt umgekehrt auch, so dass eine unbedeutende berufliche (betriebliche) Mitveranlassung ebenfalls außer Betracht bleibt. Hier wird zum Teil auf eine 10 %-Grenze abgestellt (vgl zB BMF BStBl I 2010, 614; Kanzler, NWB 2010, 1801; kritisch Schwenke, FR 2011, 1053).
  • Sind gemischt veranlasste Aufwendungen untrennbar miteinander verbunden, so kommt ein BA-Abzug nicht in Betracht (GrS BFH BStBl II 2010, 672 Rz 125). Eine Trennung ist dabei nicht möglich, wenn objektivierbare Kriterien für eine Aufteilung nicht vorhanden sind.
  • Sind trennbare Aufwendungen vorhanden und ist die private Mitveranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung, so erfolgt eine Aufteilung. Ist eine Trennung dem Grunde nach möglich, aber die Höhe der BA nicht exakt zu ermitteln, so kann in diesen Fällen die Höhe der Ausgaben geschätzt werden.

Diese Fallgruppe wird in der Praxis von besonderer Bedeutung sein. Denn die Rspr wird in Zukunft für die Einzelfälle festlegen müssen, ob ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab gegeben ist oder nicht. Für Reiseaufwendungen hat der GrS (BFH BStBl II 2010, 672 Rz 128) diese Trennung vorgenommen und als Aufteilungsmaßstab das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise angesehen. In Bezug auf Auslandsgruppenreisen hält der GrS an seiner bisherige Rspr fest (s GrS BFH BStBl II 1979, 213), so dass es bei den Abgrenzungskriterien (zB homogener Teilnehmerkreis, fachliche Organisation des Programms etc) verbleibt. Ist die berufliche Veranlassung zu bejahen, erfolgt eine Aufteilung der Kosten nach den beruflichen und privaten Zeitanteilen.

Die zuletzt genannte Fallgruppe der trennbaren gemischten Aufwendungen wurde und wird von der Rspr in Zukunft für Einzel...

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