Rn. 170e

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zurechnung setzt voraus, dass derjenige, der in Erwartung des Eigentumserwerbs das unbewegliche WG besitzt, in der Lage ist, den laufenden Ertrag des WG durch laufende Nutzung, dh zB Vermietung/Verpachtung/Selbstnutzung abzuschöpfen und den zivilrechtlichen Eigentümer zugleich hieran zu hindern. Die laufende Nutzung schließt auch eine Nutzung baurechtlicher Möglichkeiten des Grundstücks ein, wie etwa die Möglichkeit, eine Windenergieanlage zu errichten, zu unterhalten und zu betreiben, Zuwegungen zu errichten und zu benutzen, Anschlüsse an das öffentliche Stromleitungsnetz zu verlegen etc.

Verpflichtet sich der zivilrechtliche Eigentümer – bspw im Rahmen eines grundstücksbezogenen Optionsgeschäfts – lediglich negativ dazu, Dritte von der Nutzung auf das unbewegliche WG auszuschließen, ohne dem Optionsberechtigten selbst positiv die Inbesitznahme und Nutzung zu gestatten, reicht dies für die Annahme eines Nutzungsübergangs und damit für den (einem zivilrechtlichen Eigentumsübergang vorgelagerten) Übergang wirtschaftlichen Eigentums grds nicht aus. Entgegen der Rspr kann eine beim zivilrechtlichen Eigentümer verbleibende laufende Nutzung verbunden mit dem beim zivilrechtlichen Eigentümer verbleibenden Besitz (außerhalb der Voraussetzung für besitzloses wirtschaftliches Eigentum, s Rn 170d) nicht durch eine im Übrigen bestehende Bindung des zivilrechtlichen Eigentümers (zB durch ein Verkaufsangebot) überkompensiert werden, auch wenn die Bindung durch zusätzliche Abreden (Bsp dinglich besicherte Darlehensgewährung in Höhe des Kaufpreises bei Annahme des Angebots) weiter verstärkt wird (so aber BFH v 23.01.1992, IV R 95/90, BStBl II 1992, 553). Über die beim zivilrechtlichen Eigentümer verbleibenden positiven Herrschaftsbefugnisse Besitz und Nutzung kann in der Frage des vorzeitigen Zurechnungswechsels nicht ohne weiteres hinweggedacht werden; dies gilt selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit der Ausübung einer Kaufoption.

Eine "laufende Nutzungsbefugnis" eines Nichteigentümers respektive ein "Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers von der laufenden Nutzung" kann ua durch dingliche Nutzungsrechte (s Rn 168d) wie Erbbaurechte, Nießbrauch oder obligatorische Nutzungsrechte wie Miete, Pacht, dh vergleichsweise einfach bewirkt werden, ohne dass wirtschaftliches Eigentums bereits deshalb zwingend überginge. Entscheidend ist die Dauerhaftigkeit des Ausschlusses. Insoweit ist das Verhältnis von Dauer der Nutzungsbefugnis und Nutzungsdauer des betreffenden WG in den Blick zu nehmen.

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