Rn. 77

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Teilschuldnerschaft (§ 420 BGB): Schulden mehrere eine einheitliche, aber teilbare Leistung, so ist nach der gesetzlichen Vermutung des § 420 BGB im Zweifel jeder Schuldner zu einem gleichen Anteil verpflichtet. Der Gläubiger hat gegenüber jedem (Teil-)Schuldner einen selbstständigen Anspruch nur auf den jeweiligen Teil der Leistung. Die Außen- und Innenhaftung jedes (Teil-)Schuldners bleibt auf die Höhe des auf ihn entfallenden Anteils beschränkt. Jedem (Teil-)Schuldner ist rechtlich ebenso wie wirtschaftlich lediglich sein Anteil an der gesamten Schuld als selbstständige Schuld zuzurechnen und handels- sowie steuerbilanziell passivisch auszuweisen.

 

Beispiele: Teilschuldnerschaft/anteilige Schuldpassivierung

  • Bauverträge über die Errichtung eines Gebäudes mit ETW, durch die die künftigen Wohnungseigentümer Bauaufträge im eigenen Namen vergeben: idR nur anteilige Verpflichtung der Besteller (BGH v 18.06.1979, VII ZR 187/78, NJW 1979, 2101; BGH v 17.01.1980, VII ZR 42/78, NJW 1980, 122);
  • Erwerber ideeller Bruchteile eines Grundstücks (OLG Köln v 03.09.1979, 2 W 93/79, OLGZ 1979, 487);
  • (Heizöl-)Sammelbestellung zur Optimierung der Einkaufskonditionen (LG Augsburg v 16.03.2004, 4 S 5530/03, NJW-RR 2004, 852)

Bei Schuldnermehrheiten hat die Teilschuldnerschaft allerdings untergeordnete Bedeutung, infolge zahlreicher gesetzlicher Anordnungen überwiegen Fälle der Gesamtschuldnerschaft deutlich (Überblick bei Stürner in Jauernig, § 420 BGB Rz 3f).

 

Rn. 78

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Gesamtschuldnerschaft (§ 421 BGB): In Fällen der Gesamtschuldnerschaft kann der Gläubiger die Leistung von jedem (Gesamt-)Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern; jeder Gesamtschuldner ist verpflichtet, die ganze Leistung zu bewirken. Bis zur Bewirkung der gesamten Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet (§ 421 S 2 BGB). Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner (§ 422 Abs 1 BGB). Als Korrektiv zur Berechtigung des Gläubigers, jeden beliebigen (Gesamt-)Schuldner zur gesamten Leistung heranzuziehen (§ 421 BGB), ordnet § 426 BGB eine Ausgleichspflicht der verbleibenden Schuldner an. Ist nichts Abweichendes vereinbart, sind die Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet (§ 426 Abs 1 S 1 BGB).

Befriedigt ein Gesamtschuldner den Gläubiger u kann von den übrigen Schuldnern Ausgleich verlangen, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über (§ 426 Abs 2 BGB). Der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs 1 BGB entsteht dagegen als rechtlich selbstständiger, vom übergeleiteten Gläubigeranspruch nach § 426 Abs 2 BGB zu trennender Anspruch bereits mit der Begründung der Gesamtschuld, nicht erst mit Befriedigung der Gläubiger (st Rspr, BGH v 18.06.2009, VII ZR 167/08, NJW 2009, 60; BGH v 25.11.2009, IV ZR 70/05, NJW 2010, 435 jeweils mwN). Er besteht zunächst als Mitwirkungs- u Befreiungsanspruch in Höhe des Teils der Schuld, den der Mitschuldner im Innenverhältnis zu tragen hat und wandelt sich nach Befriedigung des Gläubigers in einen Zahlungsanspruch (BGH v 18.06.2009, VII ZR 167/08, NJW 2009, 60).

 

Rn. 79

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Da der Gläubiger von jedem Schuldner die Begleichung der vollen Schuld verlangen kann, wird vielfach vertreten, dass jeder Gesamtschuldner die Schuld in voller Höhe zu passivieren u werthaltige Rückgriffsansprüche zu aktivieren hat (Bruttoausweis), so dass es zu einem Mehrfachausweis der Schuld kommt (A/D/S, § 246 HGB Rz 419f (6. Aufl 1998); Schmidt/ries in Beck'scher Bilanzkommentar, § 246 HGB Rz 52 (11. Aufl 2018) mwN). Ein – abhängig von der Anzahl der Gesamtschuldner – erfolgender Vielfachausweis einer Schuld gegenüber einem Drittgläubiger, der lediglich eine (singuläre) Forderung des Gläubigers gegenübersteht bei paralleler (ebenfalls multipler) Aktivierung u damit Vielfachausweis von Rückgriffsforderungen, führt insgesamt zu einer (mitunter massiven) Aufblähung der Bilanzen u insgesamt unzutreffenden Abbildung der Vermögens- u Finanzlage, die auch mit dem Vorsichtsprinzip nur schwerlich zu rechtfertigen ist. Da bei gesamtschuldnerischer Außenhaftung mit im Innenverhältnis vereinbarter anteiliger Tilgung (bzw gemäß § 426 Abs 1 S 1 BGB gesetzlich eingreifender Tilgungsverpflichtung zu gleichen Teilen) davon auszugehen ist, das jeder Gesamtschuldner lediglich entsprechend seines Anteils in Anspruch genommen, jedenfalls aber nur anteilig wirtschaftlich belastet wird, ist die Schuld nur quotal in das BV (mit Bilanzvermerk für den nicht bilanzierten Anteil) aufzunehmen (Hoffmann, StuB 2010, 166; Lüdenbach/Hoffmann, NWB Kommentar Bilanzierung, § 246 HGB Rz 379 (10. Aufl 2019); iE Akzeptanz eines Nettoausweises, dh Verrechnung mit rechtlich zweifelsfreien u vollwertigen Rückgriffsansprüchen als Ausnahme vom Saldierungsverbot, vgl Thiele/Turowski, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 246 HGB Rz 259, 279 (Oktober 2014); Schmidt/ries in Beck'scher Bilanzkommentar, § 246 HGB Rz 52 (11. Aufl 2018); aA Henn...

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