Rn. 326a

Stand: EL 134 – ET: 02/2019

§ 5 Abs 1a S 2 EStG ordnet für konkrete"Ergebnisse" in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeter Bewertungseinheiten die Maßgeblichkeit für das Steuerrecht an (sog "konkrete" Maßgeblichkeit), s Rn 480, 501ff. In dieser speziellen Ausprägung besteht mit der Bindung an konkrete handelsbilanzielle Ergebnisse die formelle Maßgeblichkeit, die im Übrigen im Zuge des BilMoG aufgegeben wurde, fort. Der Gesetzgeber erkennt damit die Notwendigkeit sachgerechter bilanzieller Abbildung von Bewertungseinheiten auch für das Steuerrecht an. Effektiv gesichertes Risiko soll für die Dauer der Sicherung realitätskonform weder handels- noch steuerbilanziell ergebniswirksam werden. § 254 HGB ordnet demgemäß an, dass bei Grund- und Sicherungspositionen, die zu einer handelsbilanziellen Bewertungseinheit zusammengefasst werden, insb die imparitätische Einzelbewertung in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden sind, in dem sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme aus Grund- und Sicherungsposition(en) ausgleichen. Lediglich für einen nicht zum Ausgleich kommenden Gewinn-/Verlustüberhang sind die allg Bilanzierungsgrundsätze zur Anwendung zu bringen. Hier greift steuerlich ergänzend § 5 Abs 4a S 2 EStG (s Rn 889ff), der das Rückstellungsverbot für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften punktuell für Verlustüberhänge aus Bewertungseinheiten nach § 5 Abs 1a S 2 EStG außer Kraft setzt.

Für die (handels-)bilanzielle (Ab-)Bildung von Bewertungseinheiten besteht ein – zumindest faktisches – Wahlrecht (IDW RS HFA 35 Rz 4, 11f, 14; Schmidt/Usinger in Beck'scher Bilanz Komm, 11. Aufl 2018, § 254 Rz 5; zustimmend BFH v 02.12.2015, BStBl II 2016, 831; ablehnend Glaser/Hachmeister BB 2011, BB 2011, 555; Scharpf, DB 2012, 357), dessen Ausübung über § 5 Abs 1a S 2 EStG auf das Steuerrecht durchschlägt. Bei Verzicht auf die (Ab-)Bildung einer Bewertungseinheit in der HB ist diese für steuerliche Zwecke nicht nachzuholen (Hick in H/H/R, § 5 EStG Rz 1711(April 2018; aA Meinert, DStR 2017, 1453). § 5 Abs 1a S 2 EStG setzt tatbestandlich eine handelsbilanzielle Abbildung der Bewertungseinheit voraus und ordnet lediglich die Ergebnisübernahme an.

Umstritten ist die Reichweite der konkreten Maßgeblichkeit bei Auflösung von Bewertungseinheiten: Die FinVerw vertritt die Auffassung, dass

(1) die Grenze der kompensatorischen Bewertung steuerlich erreicht ist, wenn die Bewertungseinheit beendet und Gewinne und Verluste tatsächlich realisiert werden und
(2) außerbilanzielle Korrekturvorschriften (insb § 3 Nr 40, § 3c EStG, § 8b KStG, § 15 Abs 4 EStG) durch die kompensatorische Bewertung ihren Anwendungsbereich nicht verlieren (BMF v 25.08.2010, DB 2010, 2024; OFD Ffm v 22.03.2012, DStR 2012, 1389; OFD Rheinland v 11.03.2011, DB 2011, 737; ebenso FG D'dorf v 13.12.2011, 6 K 1209/09F, EFG 2012, 1496 rkr sowie FG BBg v 10.02.2016, 11 K 12 212/13, EFG 2016, 1629, Rev BFH Az I R 20/16).

Eine Konservierung des kompensatorischen Effekts von Grund- u Sicherungsgeschäft über das Ende einer Bewertungseinheit hinaus wird damit abgelehnt (vgl auch Herzig/Briesemeister, Ubg 2009, 160; Schmitz, DB 2009, 1622; IDW, WP-Handbuch Bd I, 2012, E 473; Meinert, DStR 2017, 1451; Krumm in Blümich, § 5 EStG Rz 239 (Juni 2018)).

Diese Auffassung wird im Wesentlichen mit der Begründung, der Zweck des § 5 Abs 1a S 2 EStG werde verfehlt, im Schrifttum überwiegend nicht geteilt. Gefordert wird vielmehr, die Gesamtbetrachtung auch nach Beendigung der Bewertungseinheit steuerlich aufrechtzuerhalten, dh die Erfolge von Grund- und Sicherungsgeschäft dauerhaft erfolgsneutral zu saldieren (zB Hennrichs WPg 2010, 1191; Micksch/Mattern, DB 2010, 583f; Helios/Meinert, Ubg 2011, 595; Weitbrecht/Helios, RdF 2012, 142; Glaser/Kahle, Ubg 2015, 117; Schwabauer/Mujkanovic, StuB 2015, 164; Hick in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl 2018, Rz 1086, Hick in H/H/R, § 5 EStG Rz 1738 (April 2018)). Dies hätte zur Konsequenz, dass die Ergebnisbestandteile der Bewertungseinheit außerbilanziellen Korrekturvorschriften – zB der Anordnung des § 8b Abs 3 S 3 KStG, Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an KapGes nicht zu berücksichtigen sowie der Verlustverrechnungsbeschränkung § 15 Abs 4 EStG – endgültig entzogen würden. Bei einer über die Beendigung der Bewertungseinheit hinausreichenden Saldierung auch realisierter Verluste aus dem Grundgeschäft (Bsp Aktienposition) mit Gewinnen aus dem Sicherungsgeschäft (Bsp Option) würde ein Verlust, an den die außerbilanziellen Korrekturvorschriften jeweils anknüpfen, erst gar nicht entstehen. Mit dieser Rechtsauffassung ließe sich z B die Verlustverrechnungsbeschränkung § 15 Abs 4 EStG ohne weiteres aushebeln, darüber hinaus ist hiermit insb in Bezug auf Sicherungsgeschäfte im Zusammenhang mit Anteilen an KapGes ein ganz erhebliches steuerliches Verwerfungspotenzial (und damit Gestaltungspotenzial) verbunden. Die steuerliche Behandlung von...

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