Rn. 1657

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Grundvoraussetzung für die Beschränkung des Abzugs betrieblicher Schuldzinsen ist das Vorliegen einer Überentnahme. Sie ist gemäß S 2 der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wj übersteigen. Es ist davon auszugehen, dass die Bilanz des Wj als Berechnungsgrundlage maßgebend ist, da in § 4 Abs 4a S 2 EStG die Begriffe aus § 4 Abs 1 S 1 EStG aufgenommen werden (s auch Korn/Strahl, KÖSDI 1/2000, 12 281; FG Münster EFG 2005, 263; BFH BStBl II 2006, 588). Aus dem begrifflichen Bezug auf die Bilanz sowie die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG ergibt sich, dass grds die Buchwerte maßgebend sind und stille Reserven nicht berücksichtigt werden dürfen (so auch BFH BFH/NV 2014, 339). Als Entnahmen und Einlagen sind nicht nur Geldbeträge, sondern auch Sachentnahmen bzw -einlagen mit dem Buchwert zu berücksichtigen (zB private Kfz-Nutzung gemäß § 6 Abs 1 Nr 4 EStG).

Gewinnmindernde Rücklagen und Abschreibungen für Zwecke der Feststellung einer Überentnahme sind dem steuerlichen Gewinn ebenso wenig wieder hinzuzurechnen wie Rückstellungen, RAP oder Wertberichtigungen. Die Ausgestaltung des § 4 Abs 4a EStG beruht danach auf dem sog EK-Modell. Das bilanzielle (nach Buchwerten ermittelte) EK bildet – im Hinblick auf die Anwendung des § 4 Abs 4a EStG – Maßstab und Grenze dessen, was der Betriebsinhaber dem Betrieb an Mitteln entziehen darf (BFH BStBl II 2006, 588; BFH/NV 2012, 1418, mwN; BFH BFH/NV 2014, 339).

Die Zwangsentnahme des Wohnhauses nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung zum 31.12.1998 stellt keine zu berücksichtigende Entnahme iSd § 4 Abs 4a EStG dar, auch wenn sie ins Wj 1998/1999fällt und daher grds zu berücksichtigen wäre (ebenso FG Nds EFG 2010, 941; FG Münster EFG 2004,174).

Für die Begriffe Gewinn, Entnahmen und Einlagen gelten die allgemeinen Grundsätze, wie sie in § 4 Abs 1 EStG geregelt sind. Dies hat nun auch der BFH entschieden (BFH BStBl II 2006, 588; BFH/NV 2007, 2267; BFH vom 12.12.2007, XI B 158/06; BFH BFH/NV 2012, 1418; 2014, 339; s auch BMF BStBl I 2005, 1019 Tz 8 und BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 8). Damit ist geklärt, dass bei der Ermittlung der Über- und Unterentnahmen nach § 4 Abs 4a EStG nicht ein anderer Gewinnbegriff als nach § 4 Abs 1 EStG gilt. Somit sind in Anspruch genommene Rücklagen nach § 7g EStG gewinnmindernd anzusetzen. Bei ihrer Auflösung erhöhen sie den Gewinn (BFH BFH/NV 2007, 416). Es können somit gewinnmindernde Abschreibungen und Rücklagen für Zwecke der Feststellung einer Überentnahme nicht dem steuerlichen Gewinn wieder hinzugerechnet werden (so nun auch BFH BFH/NV 2014, 339). In konsequenter Anwendung dieser Grundsätze würden jedoch im Fall des Verlustes untragbare Ergebnisse erzielt. Ohne Entnahmen käme es in diesen Fällen gleichwohl zu Überentnahmen. Deshalb ist es angebracht, für diesen Fall ohne Entnahmen bzw über die Entnahmen hinaus oder bei übersteigenden Einlagen keine BA-Kürzung vorzunehmen (ebenso nun auch BFH BStBl II 2011, 688; BFH/NV 2012, 1420; 2012, 1418; Wendt, FR 2006, 734; s auch BMF BStBl I 2005, 1019 Tz 11 und Wendt, FS Raupach 2006, 208; aA FG BdW EFG 2009, 737).

Die Einzahlung von Geld auf ein betriebliches Konto erfüllt den Begriff der Einlage. Auf das Motiv der Einlage kommt es ebenso wenig an wie auf die Dauerhaftigkeit und ob der StPfl den eingelegten Betrag dem Betrieb auch wirtschaftlich zur freien Verfügung überlassen wollte (BFH BStBl II 2013, 16; aA FG Mchn EFG 2007, 902: Die Veruntreuung von Geldern führt iRd § 4 Abs 4a EStG nicht zu "fiktiven Einlagen").

Nach Auffassung der FinVerw ist die Überführung und Übertragung von WG aus einem BV in ein anderes BV als Entnahme aus dem abgebenden BV und als Einlagen in das aufnehmende BV zu behandeln, unabhängig davon, ob dies zum Buchwert oder zum Teilwert erfolgt (BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 10; auch s Rn 1658). Dem ist zuzustimmen, da zu den Entnahmen iSv § 4 Abs 4a EStG alle Formen der Entnahmen gehören, egal ob Geld-, Sach- oder Aufwandsentnahmen. Auch die Überführung von WG in das BV eines anderen Betriebs führt stets zu einer Entnahme iSv § 4 Abs 4a EStG (BFH BStBl II 2012, 10).

Da nach Auffassung der FinVerw auch Überführungen von WG des BV in das PV anlässlich einer Betriebsaufgabe sowie der Erlös aus der Veräußerung eines Betriebes, soweit er in das PV überführt wird, zu den Entnahmen gehörte (BMF BStBl I 2005, 1019), hätte die Entnahme der bei Gründung des Unternehmens eingelegten WG ggf zu einer Überentnahme geführt. Durch das StÄndG 2001 ist hier gemäß § 52 Abs 11 S 3 EStG aF eine Klärung in der Weise herbeigeführt worden, dass bei Betrieben, die vor dem 01.01.1999 eröffnet worden sind, im Fall der Betriebsaufgabe bei der Überführung von WG aus dem BV in das PV die Buchwerte nicht als Entnahme anzusetzen sind und im Fall der Betriebsveräußerung nur der Veräußerungsgewinn als Entnahme anzusetzen ist.

Da der steuerrechtliche bilanzielle Gewinnbegriff für die Anwendung von § 4 Abs 4a EStG zugrunde zu legen ist, dürfen nichtabziehb...

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