Rn. 485

Stand: EL 80 – ET: 08/2008

In Ermangelung eines speziellen steuerlichen Regelungsbereiches richtet sich (auch) die steuerliche Bilanzierung nach den Gesetzesvorgaben in § 252 Abs 1 Nr 4 Hs 1 HGB bzw müsste sich daran ausrichten. Diese Gesetzespassage steht auch dem Wortlaut nach in Übereinstimmung mit Art 31 Abs 1c 4. EG-Richtlinie. Danach ist zwischen zwei Terminen zu unterscheiden: Dem Bilanzstichtag und dem Erstellungstag. Sofern die (gleich anzusprechenden) Fakten sich zwischen diesen beiden Terminen ergeben, müssen sie bei der Bilanzierung beachtet werden. "Fakten" in diesem Sinn stellen "namentlich … vorhersehbare Risiken und Verluste" dar. Der Gesetzeswortlaut ist also insofern imparitätisch ausgerichtet, Gewinnerwartungen ("Chancen") sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Inhaltlich unterscheidet das Gesetz zwischen "Fakten" die bis zum Bilanzstichtag "entstanden" sind, also zu diesem Zeitpunkt bestehen (objektiver Tatbestand), aber möglicherweise erst später "bekannt geworden sind" (subjektiver Tatbestand).

Dieses Bilanzierungssujet steht in langer Tradition der deutschen Bilanzierungswelt. Bereits 1919 hatte der RFH zu diesem Thema geurteilt (RFH v 31.10.1919, RFHE I 1919, 272). IRd sich seither entwickelnden Rspr und dem dazugehörigen Schrifttum ist die genannte imparitätische Gesetzesvorgabe eher unbeachtet geblieben. Das hat sich auch nach dem Erlass des BiRiLiG im Jahr 1985 nicht mehr geändert. Diese Konzeption kann sich mit einiger Mühe, allerdings nicht zwingend, auf das "Namentlich" im Gesetzeswortlaut stützen, den imparitätischen Gesetzeswortlaut also nur beispielhaft interpretieren.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge