Rn. 594

Stand: EL 134 – ET: 02/2019

Nach der eben dargestellten Systematik ist es für die Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs 1 S 1 EStG entscheidend, was nach Ermittlung der BV-Eigenschaft (s Rn 49ff) auf der Aktiv- und Passivseite der jeweiligen Vermögensübersicht anzusetzen und wie dieser "Ansatz" zu bewerten (s § 6 EStG) ist. Abgesehen von den (aktiven) RAP nach § 5 Abs 5 EStG sind lediglich WG (§ 6 Abs 1 S 1 EStG) aktivierungsfähig und, wenn als solche definiert, aktivierungspflichtig. Das handelsrechtliche Pendant zu WG sind die Vermögensgegenstände (§ 246 Abs 1 S 1 HGB) und die Vermögenswerte nach IFRS ("assets"). Zur Definition s Rn 599.

Für die Verzahnung von handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften kommt es auf die inhaltliche Übereinstimmung der Begriffe an. Unabhängig aber von irgendwie definierten Prinzipien besteht wenigstens derzeit noch in Deutschland das Bestreben, handels- und steuerrechtliche Bilanzierung und damit Ergebnisermittlung in Übereinstimmung zu bringen. Dieses Bestreben ist notwendig zum Scheitern verurteilt, wenn die Inhalte von Vermögensgegenstand und WG unterschiedlich definiert werden. Für die "Identifizierung" der beiden Begriffe hat sich der GrS des BFH BStBl II 1988, 348, 352 ausgesprochen, was seitdem st Rspr ist.

 

Rn. 595

Stand: EL 100 – ET: 08/2013

Die Aktivierung verlangt neben dem Vorliegen eines WG (oder eines RAP) – objektives Kriterium – weiter die Zurechnung zum Bilanzierenden – subjektives Kriterium. In den steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften kommt dies nicht so deutlich zum Ausdruck wie in §§ 246, 242 Abs 1 S 1 HGB ("seines Vermögens"). Die subjektive Zurechnung berücksichtigt neben rechtlichen Kriterien (Eigentum) auch sog wirtschaftliche (wirtschaftliches Eigentum).

Als negatives Kriterium für die Aktivierbarkeit – und Passivierbarkeit – darf ein bestimmtes Ansatzverbot nicht vorliegen. Ein solches besteht expressis verbis nach § 5 Abs 2 EStG für nicht entgeltlich erworbene immaterielle WG des AV (Wahlrecht nach § 248 Abs 2 S 1 HGB; Ansatzverbot für die in § 248 Abs 2 S 1 HGB angeführten selbst geschaffenen Marken etc). Andere Bsp für Ansatzverbote sind Forderungen (und Verbindlichkeiten) aus schwebenden Geschäften, solange sich Leistung und Gegenleistung ausgewogen gegenüberstehen, sowie rechtlich vorhandene Forderungen außerhalb von schuldrechtlichen Austauschverhältnissen (zB Schadensersatz, culpa in contrahendo) und solange kein Schuldanerkenntnis oder ein rechtskräftiges Urt vorliegt (BFH BStBl II 1991, 213).

 

Rn. 596

Stand: EL 100 – ET: 08/2013

Fragt man nach Quellen (der Herkunft) der WG, so können diese zugeführt werden durch Einlage, (entgeltliche) Anschaffung, durch Herstellung, durch unentgeltlichen, aber betrieblich veranlassten Erwerb (§ 6 Abs 4 EStG). Eine sog Werterhöhung begründet nie die Eigenschaft als WG (Bsp: Einbau eines Austauschmotors in ein Kfz ist werterhöhend, mangels (selbstständiger) WG-Eigenschaft aber nicht aktivierbar, BFH BStBl II 1974, 520).

 

Rn. 597

Stand: EL 100 – ET: 08/2013

Bezüglich der persönlichen Zurechnung gibt das Steuerrecht in § 39 Abs 2 Nr 1 AO eine Regel: Vorrang des rechtlichen, aber Gültigkeit des wirtschaftlichen Eigentums. ME hat für die (steuerliche) Bilanzierung nur das wirtschaftliche Eigentum Bedeutung, das allerdings durchaus mit dem rechtlichen übereinstimmen kann (s Rn 68). Das Handelsrecht verlangt in § 242 Abs 1 HGB vom Kaufmann die Aufnahme "seines" Vermögens in die Bilanz. Diese Vorschrift gilt dem Grunde nach über den Maßgeblichkeitsgrundsatz nach § 5 Abs 1 EStG auch für die Besteuerung. In systematischer Betrachtung geht der Regelungsinhalt von § 242 HGB über § 5 Abs 1 S 1 EStG als lex specialis der Zurechnungsnorm des § 39 Abs 2 Nr 1 AO vor. Der BFH hat diese Frage immer unbeantwortet gelassen, da er nach beiden Rechtsnormen zum gleichen Ergebnis kam. In der praktischen Rechtsanwendung sollte dieser weisen Lösung des BFH gefolgt werden.

Die Frage ist deshalb, ob die beiden genannten Zurechnungsnormen sich materiell decken oder nicht. Dabei gilt auch für die handelsrechtliche Regelung unstreitig eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Mag auch zwischen der handelsrechtlichen Betrachtung und der diese darstellenden Literatur in Teilbereichen eine Differenzierung zur steuerrechtlichen Betrachtung stattfinden, entscheidend ist (wie häufig bei der Rechnungslegung) die einschlägige Rspr des BFH, die bestimmt, wer im Zweifel wirtschaftlicher Eigentümer ist (BFH BStBl II 1983, 631; 1984, 825; 1989, 21; 1992, 182). Alle diese Entscheidungen können auch handelsrechtlich mitgetragen werden.

 

Rn. 598

Stand: EL 100 – ET: 08/2013

Die wichtigsten Zurechnungsprobleme stellen sich bei folgenden Rechtsverhältnissen (s Rn 74):

- Kauf unter Eigentumsvorbehalt: Ausweis beim Erwerber, nicht mehr beim Noch-Eigentümer
- Sicherungsübereignung: Die Zurechnung erfolgt beim Sicherungsgeber
- bei Treuhandverhältnissen ist der Bilanzansatz beim Treugeber vorzunehmen
- zu Leasingverhältnissen s Rn 1000ff
- zu Pensionsg...

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