a) Anwendungszeitraum

 

Rn. 1656

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Gemäß § 52 Abs 11 S 1 EStG idF StBereinG 1999 ist der § 4 Abs 4a EStG erstmals für das Wj anzuwenden, das nach dem 31.12.1998 endet. Daraus folgt, dass die neue Fassung grds schon für das in 1999 endende Wj zur Anwendung kommt und somit die frühere Regelung des Abs 4a idF StEntlG 1999/2000/2002 rückwirkend entfällt. Aufgrund dieser Anwendungsregelung und der Tatsache, dass der Saldo von Über- und Unterentnahmen am Ende des jeweiligen Wj als Ausgangswert maßgebend ist, müsste für das in 1999 endende Wj in saldierender Betrachtungsweise ermittelt werden, ob (seit Bestehen des Unternehmens) insgesamt eine Überentnahme oder eine Unterentnahme gegeben ist.

Über- und Unterentnahmen vor 1999 sind in den VZ 1999 und 2000 zu berücksichtigen (BFH BStBl II 2006, 504; 2006, 760; BFH/NV 2006, 512; 2007, 416 zu Unterentnahmen; zur Berücksichtigung von Überentnahmen s Streitstand in 140 Erg-Lfg Rz 1656). Die Entscheidungen des BFH beziehen sich auf Unterentnahmen seit der Gründung des Betriebs. Der BFH hat entschieden, dass Überentnahmen des Wj 1998/99 aus der Zeit vor dem 01.01.1999 nicht bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen zu berücksichtigen sind. Ihre Einbeziehung wäre unverhältnismäßig und mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutz nicht zu vereinbaren (BFH BStBl II 2011, 753; BFH/NV 2012, 729). Hinsichtlich bilanzierender StPfl ergeben sich diese Unterentnahmen aus den Bilanzen der Vorjahre. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG sind diese Unterentnahmen bei fehlenden Aufzeichnungen zum 01.01.1999 zu schätzen (BFH BStBl II 2006, 504; vgl auch BMF BStBl I 2005, 1019). Gemäß § 52 Abs 11 S 4 EStG aF ist für den Fall der Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs 3 EStG vorgesehen, dass die Aufzeichnungspflichten iSd S 6 erstmals ab dem 01.01.2000 zu erfüllen sind.

Für den Zeitraum ab VZ 2001 ist aufgrund der Änderung durch das StÄndG 2001 (§ 52 Abs 11 S 2 EStG) eine Berücksichtigung dieser Über- oder Unterentnahmen nicht vorgesehen. Dies war unter dem Gesichtspunkt der Verfassungsmäßigkeit umstritten (s zum Streitstand 140 Erg-Lfg Rz 1656). Mehrere Senate des BFH (X., VIII. und der IV. Senat) haben aber nun entschieden, dass die Nichtberücksichtigung dieser Über- und Unterentnahmen ab VZ 2001 verfassungsrechtlich nicht bedenklich ist (insbesondere BFH BStBl II 2011, 688; 2012, 667; 2022, 662; BFH/NV 2020, 858). Damit ist für die Praxis von einem Ausschluss der Über- und Unterentnahmen aus der Zeit vor 1999 ab VZ 2001 auszugehen.

b) Sachlicher Geltungsbereich

 

Rn. 1656a

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Es sind ausschließlich im betrieblichen Bereich anfallende Schuldzinsen betroffen, da der durch das StEntlG 1999/2000/2002 in § 9 Abs 5 EStG eingeführte Verweis auf die Anwendbarkeit des § 4 Abs 4a EStG durch das StBereinG 1999 wieder gestrichen worden ist. Demzufolge ist zunächst zu prüfen, ob der die Schuldzinsen verursachende Kredit nach den von der Rspr (BFH BStBl II 1990, 817; 1998, 193; 1999, 353; BFH/NV 1999, 770) aufgestellten Grundsätzen entnahmebedingtes PV ist und der Abzug der Schuldzinsen als BA schon deswegen nicht in Frage kommt.

Der Schuldzinsenabzug wird somit bei den Überschusseinkunftsarten nicht entsprechend § 4 Abs 4a EStG eingeschränkt.

Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs gilt für die Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG und § 4 Abs 1 EStG und ist gemäß § 4 Abs 4a S 6 EStG sinngemäß bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG anzuwenden (BFH BStBl II 2022, 662; BFH/NV 2011, 1669). Da Grundlage für die Ermittlung des Entnahmesaldos die Bilanz ist (vgl Korn/Strahl, KÖSDI 12 281), müssen bei der Einnahme-Überschussrechnung die Entnahmen und Einlagen gesondert aufgezeichnet werden (§ 4 Abs 4a S 6 Hs 2 EStG). Überentnahmen sind bei Einnahmenüberschussrechnern nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird (BFH BStBl II 2022, 662).

Nur ausschließlich betrieblich veranlasste Schuldzinsen werden von der gesetzlichen Neuregelung erfasst. Danach ist im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens

  • zunächst nach dem Veranlassungsprinzip zu prüfen, ob der die Schuldzinsen auslösende Zahlungsvorgang betrieblich veranlasst ist und es sich somit um BA handelt oder ob eine private Veranlassung vorliegt und es sich somit um Entnahmen handelt.
  • In einem zweiten Schritt soll dann geprüft werden, ob der BA-Abzug im Hinblick auf Überentnahmen eingeschränkt ist (BFH BStBl II 2006, 504; 2010, 1041, 2018, 744; 2022, 662;BFH/NV 2007, 416; 2012, 1418; 2022, 1045).

Ob diese Auffassung aus der gesetzlichen Stellung der Vorschrift abgeleitet werden kann (so Meurer in Lademann, § 4 EStG Rz 656c (1)), dürfte mE zweifelhaft sein, da bei einer eindeutigen Beschränkung auf BA eine Eingliederung der Vorschrift in § 4 Abs 5 EStG sinnvoll und systematisch richtig gewesen wäre. Die herausgehobene Stellung als gesonderter Absatz und der Gesetzestext sprechen vielmehr für eine allgemei...

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