Rn. 17

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Die Sanierung muss darauf gerichtet sein, ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger (natürliche Person, PersGes, juristische Person) vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (= unternehmensbezogene Sanierung). Dies erfordert zunächst die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens. Sie bemisst sich nach verschiedenen Kriterien, die zum Zeitpunkt des Erlasses nach § 3a Abs 1 EStG zu beurteilen sind (vgl BFH v 27.11.2020, X B 63/20, EStB 2021, 203; BFH v 16.05.2002, BStBl II 2002, 854 nv; OFD Nds v 12.07.2017, S 2140–8 – St 244). Dies sind insb

  • die Unternehmensform,
  • die Ertragslage,
  • der BV-Vergleich vor und nach der Sanierung,
  • die Kapitalverzinsung,
  • die Liquidität,
  • die Schuldenlast,
  • die Gesamtleistungsfähigkeit und
  • das PV.

Falls mehrere Gläubiger an der Sanierung partizipieren, ist die Tatbestandsmäßigkeit zu vermuten (Beschluss des BFH v 28.11.2016, GrS 1/15, BStBl II 2017, 393 mwN). Jedenfalls kann wohl von einer Sanierungsbedürftigkeit ausgegangen werden, wenn ein Insolvenzantragsgrund (zB drohende Zahlungsunfähigkeit iSd § 18 InsO) vorliegt.

Eine bloße Überschuldung führt nicht zwangsläufig zur Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens (BFH v 14.02.1990 – I R 129/85, BStBl II 1990, 955). Sanierungsbedürftigkeit besteht im Regelfall jedoch, wenn das Unternehmen ohne die Sanierung nicht fortgeführt werden kann und es wirtschaftlich zu einem Zusammenbruch des Unternehmens kommt.

 

Rn. 18

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

vorläufig frei

aa) Sanierungsbedürftigkeit des Einzelunternehmers

 

Rn. 18a

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Ein Einzelunternehmen iSd § 3a Abs 2 EStG ist sanierungsbedürftig, wenn das Unternehmen derart verschuldet ist, dass dessen wirtschaftliche Existenz bedroht ist und ohne einen Schuldenerlass nicht ertragbringend weitergeführt werden kann (BFH v 12.12.2013, X R 39/10, BStBl II 2014, 572).

Bei der Überprüfung der Sanierungsbedürftigkeit ist nicht nur das BV des StPfl in Augenschein zu nehmen, sondern auch sein PV bzw das der persönlich haftenden Gesellschafter (BFH v 12.12.2013, X R 39/10, BStBl II 2014, 572; BFH v 10.04.2001, IV R 63/01, BStBl II 2004, 9). Ein steuerfreier Sanierungsgewinn kann nicht angenommen werden, wenn der Schuldenerlass das sanierungsbedürftige Unternehmen zwar vor der Liquidation bewahrt, die dauerhafte Ertrags- bzw Zahlungsfähigkeit für die Zukunft aber nicht gesichert werden kann (BFH v 12.12.2013, X R 39/10, BStBl II 2014, 572).

ab) Sanierungsbedürftigkeit einer Körperschaft

 

Rn. 18b

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Bezugspunkt zur Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit einer Körperschaft ist nur die Körperschaft selbst. Objektive Umstände müssen darauf hindeuten, dass ohne Sanierungsmaßnahme die Körperschaft nicht rentabel und ertragsfähig fortzuführen ist. Umstritten ist, ob bereits eine Kreditunwürdigkeit ausreicht oder erst mit Vorlage eines Insolvenzantragsgrunds (zB drohende Zahlungsunfähigkeit iSd § 18 InsO) die Sanierungsbedürftigkeit erfüllt ist (Kreditunwürdigkeit ausreichend: Förster/Hechtner DB 2017, 1536, 1538; aA Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz 24; Levedag in Schmidt, § 3a EStG Rz 21: Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung ist unerheblich).

ac) Sanierungsbedürftigkeit einer Mitunternehmerschaft

 

Rn. 19

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Entscheidend für die Sanierungsbedürftigkeit einer Mitunternehmerschaft sind die Gesamtverhältnisse der Gesellschaft selbst (BFH v 27.01.1998, VIII R 64/96, BStBl II 1998, 537). Ob ein Mitunternehmer nicht mehr in der Lage ist, seiner wirtschaftlichen Verbindlichkeit nachzukommen und dementsprechend sanierungsbedürftig ist, spielt für die Überprüfung der Mitunternehmerschaft selbst keine Rolle (BFH v 03.07.1997, IV R 31/96, BStBl II 1997, 690).

ad) Mehrere Betriebe eines Unternehmers

 

Rn. 20

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Ist der StPfl im Besitz mehrerer Unternehmen, so soll die Sanierungsbedürftigkeit nach der Gesamtheit der Betriebe beurteilt werden (BFH v 22.01.1985, VIII R 37/84, BStBl II 1985, 501). Daraus soll nicht geschlussfolgert werden, dass alle Betriebe des StPfl sanierungsbedürftig sein müssen. Sondern es ist zu überprüfen, ob die übrigen Betriebe derart leistungsfähig sind, dass sie ihren Teil zur Sanierung beitragen können und im Grunde eine Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Betriebes in der Gesamtbetrachtung gar nicht vorliegt (Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml ua, § 3a EStG Rz 111).

Die Gesamtheit der Betriebe erstreckt sich jedoch nicht über mehrere Rechtsträger, zB in Form einer Betriebsaufspaltung, sodass etwaige finanzielle Reserven im Unternehmen(steil) des einen Rechtsträgers für die Beurteilung der Sanierungsbedürftigkeit des anderen Rechtsträgers außer Acht bleiben (Hölzle, ZIP 2020, 301).

ae) Sanierungsbedürftigkeit bei strategischer Insolvenz

 

Rn. 21

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Auch bei einer strategischen Insolvenz können die Voraussetzungen der Sanierungsbedürftigkeit vorliegen. Die strategische Insolvenz ermöglicht bestandsgefährdeten Unternehmen, freiwillig ein Insolvenzplanverfahren einzuleiten, um eine Sanierung des Unternehmens zu bewirken, vgl § 270b Abs 1 InsO. Die im Kreise einer Sanierung angefertigten strategischen Insolvenzpläne werden in einem Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO eingesetzt. ...

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