Rn. 12

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Kerntatbestandmerkmale des § 3a EStG sind der Sanierungsertrag, der grds steuerfrei gestellt werden soll, und der Schuldenerlass, durch den es zum Sanierungsertrag kommt. Der Sanierungsertrag ist die betrieblich veranlasste Erhöhung des BV (§ 4 Abs 1 bzw 3 EStG), die laut der Beschlussempfehlung des Bundestages dadurch entsteht, dass die betriebliche Schuld durch die jeweiligen Gläubiger ganz oder teilweise erlassen wird (sog Gläubigerakkord). Hierbei erlassen alle Gläubiger (sowohl Gesellschafter als auch Dritte) gemeinsam ihre Forderungen, sodass durch das Verhalten des Gesellschafters als fremder Dritter der gesellschaftsrechtliche Grund dafür in den Hintergrund tritt. Im Gegensatz dazu steht bei einem einfachen, singulären Forderungsverzicht des Gesellschafters allein die gesellschaftsrechtliche Veranlassung im Vordergrund, die nicht zu einem Sanierungsertrag iSd Regelung führt.

 

Rn. 13

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Nach der Legaldefinition des § 3a Abs 1 EStG muss die BV-Erhöhung durch einen Schuldenerlass hervorgerufen werden. Hierfür ist entscheidend, dass die durch die Sanierungsmaßnahme auf der Passivseite entstandene Verbindlichkeit ertragswirksam eliminiert wird, ohne wiederum zu einer Liquiditätsverbesserung zu führen, wie es etwa bei einem Zuschuss der Fall wäre. Damit es zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit kommt, darf die wirtschaftliche Belastung des Schuldners iSd § 247 HGB nicht mehr bestehen. Die Vermögenslosigkeit des Schuldners allein reicht hierfür nicht aus (Weber-Grellet in Schmidt, § 5 EStG Rz 311).

In welchen zivilrechtlichen Formen dieser Schuldenerlass erfolgen kann, regelt das Gesetz bewusst nicht abschließend (vgl BT-Drucks 18/12128, 31), sodass im Einzelfall zu prüfen ist, welche Sanierungsmaßnahme als tatbestandlicher Schuldenerlass iSd § 3a EStG angesehen werden kann. Als Standardfall erfasst ist in jeden Fall der klassisch zivilrechtliche Erlassvertrag gemäß § 397 Abs 1 BGB. Er ist ein grds formloser, konsensualer Verzicht auf einen bestehenden schuldrechtlichen Anspruch. Das Anerkenntnis eines Nichtbestehens der Schuld in § 397 Abs 2 BGB (sog negatives Schuldanerkenntnis) steht dem gleich.

Neben dem Erlassvertrag nennt der Gesetzgeber in § 3a Abs 5 EStG zudem den Forderungsverzicht iRd Insolvenzplanverfahrens nach §§ 217 ff InsO, sofern dieses nicht auf Zerschlagung gerichtet ist. Nachfolgende nicht abschließende Übersicht fasst darüber hinaus zusammen, welche Sanierungsmaßnahmen ebenfalls vom Tatbestand des § 3a Abs 1 EStG erfasst sind:

 

Rn. 14

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Umfasst sind folgende Sanierungsmaßnahmen:

  • Forderungsverzicht (Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz 20; Levedag in Schmidt, § 3a EStG Rz 13; BT-Drucks 18/12128, 31); auch gegen Besserungsschein oder auflösend bedingt (Desens, FR 2017, 981, 983; Pöschke, NZG 2017, 1408, 1416; Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz 20; Levedag in Schmidt, § 3a EStG Rz 13); auch teilweise (BFH v 12.10.2005, X R 20/03, BFH/NV 2006, 713; Hallerbach in H/H/R, § 3a Rz 13).
  • Forderungsverzicht (auch teilweise) im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens, das nicht auf Zerschlagung gerichtet ist (BMF v 22.12.2009; BStBl I 2010, 18; OFD Ffm v 24.01.2018, S 2140 A – 4 – St 213; OFD Nds v 12.07.2017, S 2140–8 – St 244; wohl auch OFD NRW v 14.01.2019); auch im Rahmen einer übertragenden Sanierung.
  • Erlassvertrag/negatives Schuldanerkenntnis (BMF v 27.03.2003, BStBl I 2003, 240; BT-Drucks 18/12128, 31).
  • Darlehensverzicht, sofern kein Verstoß gegen § 42 AO vorliegt. Erkennt der Gläubiger zu einem späteren Zeitpunkt, dass sein ursprünglich gewährtes Darlehen, welches zur Sanierung des Unternehmens beitragen sollte, aufgrund der wirtschaftlichen Lage wertlos geworden ist, und wird infolgedessen auf eine Rückzahlung verzichtet, so kann der Verzicht eine begründete Sanierungsmaßnahme darstellen (Kanzler, NWB 2019, 626, 634).
  • Schuldenrückkauf (Debt-Buy-Back); dazu auch Kanzler, NWB 2017, 2260, 2264; Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897, 1899 f; einschränkend Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065, 1066: es darf kein weiteres Vermögen übertragen werden; aA OFD Nds, DStR 2016, 2111: zum Sanierungserlass: Konfusionsgewinne sind nicht als begünstigt anzusehen).
  • Debt-Equity-Swap iSd § 225a InsO (dazu auch Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065; ebenfalls in Insolvenzplänen, dazu auch Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz 20; Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897, 1900; OFD Ffm v 24.01.2018, S 2140 A – 4 – St 213 für Insolvenzplanverfahren; aber auch ohne Insolvenzplan sollte der Erwerb der Anteile über den Erlass der Forderung auf jeden Fall erfasst sein, beim Erwerb durch Einbringung der Forderung zum wirklichen Wert besteht das Risiko der ablehnenden Ansicht der FinVerw zu Konfusionsgewinnen (OFD Nds, DStR 2016, 2111; Levedag in Schmidt, § 3a EStG Rz 16)).
  • Rangrücktritt, sofern er nicht passivierungspflichtig ist (so auch Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz 20; Desens, FR 2017, 981, 983; einschränkend aber Förster/Hechtner, DB 2017, 1536, 1539: beschränkt darauf, dass d...

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