Rn. 10

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Einige außersteuerliche Leistungsgesetze (zB BEEG für Elterngeld oder SGB III für Arbeitslosengeld I, Aufstockungsbetrag bei Altersteilzeit, Krankengeld) knüpfen an das Nettoeinkommen des Leistungsbeziehers an, so dass die Höhe des Leistungsanspruchs auch von der StKl abhängt (LSG SchlH vom 17.09.2015, L 5 KR 146/15 B ER Rz 19; LSG SAnh vom 21.02.2013, L 2 AL 21/11 Rz 21 ff; Tillmann in H/H/R, § 38b EStG Rz 8 (Juni 2018)).

Die Wahl einer bestimmten StKl im LSt-Abzugsverfahren ist grds nicht rechtsmissbräuchlich, selbst wenn sie dazu dient, die Höhe außersteuerlicher Leistungen aufgrund öff-rechtlicher Leistungsgesetze zu erhöhen, da grds davon auszugehen ist, dass der Berechtigte den ihm zustehenden Anspruch im gesetzlichen Rahmen mit legalen Mitteln ausschöpfen kann (BSG vom 25.06.2009, B 10 EG 3/08 R, DStR 2009, 2263; Hummel in K/S/M, § 38b EStG Rz A 5 (Juni 2017); Horlemann, BB 1980, 666; aA s BAG vom 09.09.2003, 9 AZR 554/02, DB 2004, 821; BAG vom 13.06.2006, 9 AZR 423/05, DB 2006, 2470; BAG vom 22.10.1986, 5 AZR 733/85, DB 1987, 944, welches jeweils in der StKl-Wahl einen Rechtsmissbrauch gesehen hat).

 

Rn. 11

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Zudem spielt das Nettoeinkommen zB bei der Lohnpfändung oder bei der Bemessung von Unterhaltsleistungen eine Rolle. In zivilrechtlichen Konstellationen kann (eher) von einem zu korrigierenden Rechtsmissbrauch ausgegangen werden, sofern der ArbN die für ihn eigentlich ungünstigere StKl-Wahl in der Absicht vornimmt, sich Ansprüchen Dritter zu entziehen. So gilt etwa für den Fall, dass ein ArbN gegenüber einem Elternteil unterhaltspflichtig ist und er deshalb die StKl V wählt, die damit verbundene Erhöhung seiner Steuerbelastung im LSt-Abzugsverfahren durch einen tatrichterlich zu schätzenden Abschlag von der LSt zu korrigieren ist (BGH vom 14.01.2004, XII RZ 69/01, NJW 2004, 769).

Wenn der ArbN vor der drohenden Pfändung nachweislich die Wahl der für ihn ungünstigeren StKl (= niedrigeres Nettoeinkommen) in Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommen hat, kann über § 850h ZPO dennoch ein Zugriff erfolgen, da der Schuldner/ArbN bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrags auch schon im Jahr der Pfändung so zu behandeln ist, als sei sein Arbeitseinkommen nur gemäß der für ihn günstigeren StKl zu versteuern. Wählt der Schuldner nach der Pfändung eine ungünstigere LSt-Klasse oder behält er diese für das folgende Kj bei, gilt dies bereits dann, wenn für diese Wahl kein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist (BGH vom 04.10.2005, VII ZB 26/05, DStR 2005, 2096; OLG Köln vom 03.01.2000, MDR 2000, 1032; dazu auch s LfSt Nds vom 17.07.2018, VV ND LSt 2018–07–17 S 0535–35-St 163).

Insolvenzrechtlich gilt, dass die Wahl einer ungünstigeren StKl ohne hinreichenden sachlichen Grund einen Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit darstellen kann, so dass einem verheirateten Schuldner zuzumuten ist, in die StKl IV zu wechseln, um sein liquides Einkommen zu erhöhen, wenn die Wahl der StKl V nur dem Zweck diente, seinem nicht insolventen Ehegatten die Vorteile der StKl III zukommen zu lassen (BGH vom 05.03.2009, IX ZB 2/07, DB 2009, 844).

 

Rn. 12

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Nach FG BBg vom 28.02.2017, 13 K 8328/15, EFG 2017, 840 (rkr) hat ein Ehepaar im Jahr der Heirat keinen Anspruch darauf, dass der Ehegatte, der Arbeitslohn bezieht, in Steuerklasse V eingereiht wird, und der andere Ehegatte, der Arbeitslosengeld I bezieht, in die Steuerklasse III eingereiht wird, um dadurch ein höheres Arbeitslosengeld zu erhalten. Eine Auslegung des § 38b EStG dergestalt, dass vom Arbeitnehmerbegriff auch Arbeitslose erfasst sind und dass der Bezug von Arbeitslohn dem Bezug von Arbeitslosengeld I gleichgestellt wird, ist nicht geboten.

 

Rn. 13

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Steuerlich wird die StKl-Wahl grds beachtet (Wackerbeck in Brandis/Heuermann, § 38b EStG Rz 12 (Oktober 2021)). Etwas anderes kann nur dann ausnahmsweise gelten, wenn mehrere Wahlrechte in sich widersprechender Weise geltend gemacht werden, zB bei Kombination der StKl III/V mit einer anschließenden getrennten Veranlagung, mit dem Ziel, Vollstreckungsmaßnahmen des FA ins Leere laufen zu lassen und damit die endgültige Durchsetzung der ESt zu vereiteln (BFH BFH/NV 2005, 186; FG BdW vom 21.04.2011, 2 K 4920/08, EFG 2012, 523 rkr; Hummel in K/S/M, § 38b EStG Rz A 8 aE (Juni 2017)).

 

Rn. 14–19

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vorläufig frei

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