Schrifttum:

Huber/Reimer, Mängel bei der Abstimmung von Erbschaftsteuer und Ertragsteuern, DStR 2007, 2042;

Crezelius, Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht im Rechtssystem, ZEV 2009, 1;

Lüdicke/Fürwentsches, Das neue Erbschaftsteuerrecht, DB 2009, 12;

Hechtner, Neuregelung des § 35b EStG durch das ErbStRG – Ermittlung der Steuerermäßigung und ökonomische Belastungsanalyse, BB 2009, 486;

Herzig/Joisten/Vossel, Die Vermeidung der Doppelbelastung mit ESt und ErbSt nach Einführung des § 35b EStG, DB 2009, 584;

Gauss/Schwarz, Doppelbelastung von ESt und ErbSt im Rahmen der AbgSt, BB 2009, 1387;

Bron/Seidel, Doppelbelastung mit ErbSt und ESt – Teil I, ErbStB 2012, 217;

Neufang/Merz, Leistungen von Gesellschaftern und Dritten an KapGes und umgekehrt im Blickpunkt der Schenkungsteuer, BB 2011, 2397;

Crezelius, Konkurrenz zwischen ESt und Erbschaft- und Schenkungsteuer, ZEV 2015, 392;

Friz, Das Verhältnis der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur ESt, DStR 2015, 2409;

Loose, ESt als Nachlassverbindlichkeit, ZEV 2015, 397;

Kahle/Goldschmidt, Das Verhältnis der ErbSt zur ESt, Ubg 2016, 49.

I. Zweck u allg Bedeutung der Vorschrift

 

Rn. 1

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

§ 35b EStG ist eine Tarif- bzw Steuerermäßigungsvorschrift. Die ESt-Ermäßigung wird gem § 35b S 1 EStG auf Antrag gewährt.

Die Vorschrift ordnet eine ESt-Ermäßigung für solche Einkünfte an, die im gleichen VZ u in den vorausgegangenen vier VZ als Wertbestandteil eines Erwerbes von Todes wegen bereits der ErbSt unterlegen haben und nach dem Erbfall zu Einkünften führen (Schulz in H/H/R, § 35b EStG Rz 1, September 2016). Die Ermäßigung soll zu einer Abmilderung von Härten führen, die dadurch entstehen, dass eine latente ESt-Belastung bei der ErbSt nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann. Dies wird dadurch erreicht, dass von der ESt ein Betrag abgezogen wird, der dem Betrag entspricht, um den die ErbSt niedriger gewesen wäre, wenn die latente ESt-Belastung bei der Ermittlung der ErbSt berücksichtigt worden wäre.

Ziel des § 35b EStG ist es nicht, eine vollständige Anrechnung der ErbSt auf die ESt zu erreichen, sondern die Doppelbelastung mit ErbSt und ESt zu verringern (BT-Drucks 16/11107, 25).

 

Rn. 2

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

Der Wortlaut des § 35b EStG ist ungenau, weil er auf "Einkünfte" abstellt. Der ErbSt unterliegen aber nur Vermögenswerte. Daher ist die Norm so zu lesen, dass es um Einkünfte geht, die als Wertbestandteil eines Erwerbes von Todes wegen bereits der ErbSt unterlegen haben.

Dies betrifft in erster Linie

  • stille Reserven, die Bestandteil des erbschaftsteuerlichen Erwerbs waren und vom Erwerber realisiert werden,
  • Forderungen, die als Bestandteil der Bereicherung der ErbSt unterlegen haben und aufgrund des Zuflussprinzips des § 11 Abs 1 EStG erst beim Erwerber zu einkommensteuerlichen Einkünften führen,
  • wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, falls sie mit ihrem Kapitalwert der ErbSt unterworfen wurden.

Die Hauptanwendungsfälle des § 35b EStG sind daher die Veräußerung oder Entnahme von ererbtem BV und geerbte Forderungen, deren Tilgung beim Erben zu Überschusseinkünften führt.

 

Rn. 3–5

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

vorläufig frei

A. Historische Entwicklung

 

Rn. 6

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

Die Ermäßigung der ESt im Falle der Doppelbelastung mit ErbSt und ESt hat Tradition. Seit 1925 (RGBl I 1925, 189) sah das EStG in § 31 S 1 EStG 1925 und später in § 16 Abs 5 EStG 1934 (RGBl I 1933, 1005) Regelungen vor, die eine Doppelbelastung von Gewinnen infolge Aufdeckung stiller Reserven bei der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Anteilen daran vermeiden sollten. Das BV musste innerhalb einer bestimmten Frist erbstpfl erworben worden sein. Rechtsfolgeseitig entfiel die gesamte anteilige ESt auf die sonst doppelt belasteten stillen Reserven, so dass es zu einer vollständigen Beseitigung der Doppelbesteuerung kam.

Mit Wirkung zum VZ 1975 wurde § 16 Abs 5 EStG aF durch § 35 EStG aF abgelöst (BGBl I 1974, 1769) und die Mechanik der Entlastung geändert. Die ESt auf die doppelt erfassten stillen Reserven entfiel nicht mehr, sondern von der ESt wurde ein Betrag abgezogen, der dem Betrag entspricht, um den die ErbSt niedriger gewesen wäre, wenn die latente ESt-Belastung bei der Ermittlung der ErbSt berücksichtigt worden wäre. Des Weiteren bezog sich seitdem die Begünstigung nur noch auf Erwerbe von Todes wegen.

Mit Wirkung zum VZ 1999 schaffte der Gesetzgeber § 35 EStG aF ab (BGBl I 1999, 402). Hierfür führte er neben Vereinfachungsgründen an, dass es auf Grund der Verwendung von Buchwerten als erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage regelmäßig zu keiner Doppelbelastung komme (BT-Drucks 14/265, 184).

In der Zeit v 01.01.1999–31.12.2008 kam es zu einer Doppelbelastung. Eine Vermeidung oder Milderung kam nach § 12 Nr 3 EStG nicht in Betracht, da es sich bei der ErbSt um eine bei der ESt nicht abzugsfähige Personensteuer handelt. Ebenfalls ausgeschlossen wurde eine Berücksichtigung der latenten ESt als aufschiebend bedingte Last iSd § 6 BewG (BFH BFH/NV 1990, 643).

Seit dem 01.01.2009 erfolgt die erbschaftsteuerliche Bewertung aller Vermöge...

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