Rn. 84

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

In den Zähler der gesetzlichen Formel des Ermäßigungshöchstbetrags müssen die positiven gewerblichen Einkünfte eingesetzt werden.

Gewerbliche Einkünfte iSd § 35 Abs 1 S 2 EStG sind die der GewSt unterliegenden Gewinne und Gewinnanteile, soweit sie nicht nach anderen Vorschriften von der Steuerermäßigung nach § 35 EStG ausgenommen sind (§ 35 Abs 1 S 3 EStG). Beispielsweise gehören Einkünfte iSd § 16 und § 17 EStG grundsätzlich nicht zu den gewerblichen Einkünften iSd § 35 Abs 1 S 2 EStG, da bei diesen Einkünften mangels grundsätzlicher GewStPfl (R 7.1 Abs 3 GewStR 2009) keine zu beseitigende oder zu mildernde Doppelbelastung mit ESt und GewSt vorliegt.

 

Rn. 85

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Nicht abschließend geklärt ist, welcher Einfluss von den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der §§ 89 GewStG auf die Höhe der gewerblichen Einkünfte iSd § 35 Abs 1 S 2 EStG ausgeht. Da die Definition gewerblicher Einkünfte (§ 35 Abs 1 S 3 EStG) die Hinzurechnungs- bzw Kürzungsvorschrift der §§ 89 GewStG nicht erwähnt, sollen gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen nach hA die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte nicht beeinflussen (vgl Gosch/Schindler in Kirchhof, § 35 EStG Rz 10, 17. Aufl; vgl Rohrlack in Brandis/Heuermann, § 35 EStG Rz 44, Juli 2020; Korezkij, DStR 2007, 2103, 2104). Der Wortlaut des § 35 Abs 1 S 2 EStG lässt diese Auffassung zu.

Allerdings wird zum Teil auch die Auffassung vertreten, dass es angesichts des Zwecks des § 35 Abs 1 S 3 EStG (Steuerentlastung der tatsächlich mit GewSt belasteten Einkünfte) zutreffend sei, dass die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen auch bei der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte entsprechend berücksichtigt werden und diese Summe entsprechend erhöhen bzw mindern (vgl Wacker in Schmidt, § 35 EStG Rz 18, 40. Aufl).

Die FinVerw scheint in ihrem aktuellen Schreiben zu § 35 EStG davon auszugehen, dass die Hinzurechnungs- bzw Kürzungsvorschriften der §§ 89 GewStG die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte nicht beeinflussen. Zwar spricht die FinVerw hinsichtlich der Ermittlung der positiven gewerblichen Einkünfte zunächst von gewstpfl Einkünften (BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 14). Dieser Wortlaut wird zT dahingehend ausgelegt, dass die FinVerw bei der Ermittlung der positiven gewerblichen Einkünfte eine Berücksichtigung der §§ 89 GewStG vorsehe (vgl Wacker in Schmidt, § 35 EStG Rz 18, 40. Aufl).

Allerdings ermittelt die FinVerw die positiven gewerblichen Einkünfte eines Mitunternehmers in einem Beispiel, das im aktuellen BMF-Schreiben zu § 35 EStG enthalten ist, eindeutig ohne Berücksichtigung der §§ 89 GewStG (BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 14, geändert durch BMF v 17.04.2019, BStBl I 2019, 459). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die FinVerw einer Berücksichtigung der §§ 89 GewStG ablehnend gegenüberstehe.

Nach der hier vertreten Auffassung ist der hA sowie der (mutmaßlichen) Auffassung der FinVerw zu folgen: Hätte der Gesetzgeber bei der Ermittlung der positiven gewerblichen Einkünfte eine Berücksichtigung §§ 89 GewStG als veranlasst angesehen, hätte er dahingehend – abweichend von dem ansonsten sehr weiten Wortlaut des Gesetzes ("die der GewSt unterliegenden Gewinne") – eine besondere Regelung getroffen. Zudem liegt der Zweck des Ermäßigungshöchstbetrages gemäß § 35 Abs 1 S 2 EStG nicht in der eigentlichen Herbeiführung der tatsächlichen gewerbesteuerlichen Entlastung, sondern in einer Aufteilung der tariflichen ESt auf die ihr zu Grunde liegenden Einkunftsarten. Daher ist auf den einkommensteuerlichen Zusammenhang der gewerblichen Einkünfte abzustellen und nicht auf die Einkünfte, die tatsächlich der GewSt unterliegen.

 

Rn. 86

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Bei der Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte werden positive und negative Einkünfte aus verschiedenen Betrieben oder Mitunternehmeranteilen des StPfl miteinander verrechnet; sog horizontaler Verlustausgleich (BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 16 sowie BFH v 23.06.2015, III R 7/14, BStBl II 2016, 871).

Allerdings wird die Verrechnung der positiven und negativen Einkünfte auf gewerbliche Einkünfte iSd § 35 EStG beschränkt, ein vertikaler Verlustausgleich findet nicht statt.

 

Rn. 87

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Zwischen Ehegatten ist ein horizontaler Verlustausgleich nicht möglich (BFH v 23.06.2015, BStBl II 2016, 871 sowie BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 16 ff; Staaden, DStR 2017, 184). Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen.

Demnach ist die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte für jeden Ehegatten zunächst getrennt zu ermitteln. Nur sofern beide Summen positiv sind, erfolgt eine Addition dieser Beträge. Sofern die Summe der gewerblichen Einkünfte eines Ehegatten negativ ist, bleibt diese für Zwecke der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags unberücksichtigt.

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