Rn. 180

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Besonderheiten des § 35 EStG ergeben sich bei mehrstöckigen PersGes, da bei diesen sowohl auf Ebene der Obergesellschaft als auch auf Ebene der Untergesellschaft(en) GewSt-Messbeträge festgesetzt werden. Um eine Zuordnung dieser GewSt-Messbeträge bei den Schlussgesellschaftern zu gewährleisten, sieht § 35 Abs 2 S 5 EStG vor, dass die anteilig auf die Obergesellschaft entfallenden GewSt-Messbeträge der Untergesellschaft(en) von "unten nach oben" bis zum Schlussgesellschafter "weitergereicht" werden.

Am Beispiel einer doppelstöckigen PersGes bedeutet dies, dass

  • in einem ersten Schritt der GewSt-Messbetrag der Untergesellschaft der Obergesellschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zuzurechnen ist (dh anteiliger GewSt-Messbetrag der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft).
  • In einem zweiten Schritt wird dieser anteilige GewSt-Messbetrag nach Maßgabe des in Bezug auf die Obergesellschaft geltenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels an die Schlussgesellschafter "weitergereicht". Diese "Weiterreichung" an die Schlussgesellschafter hat auch dann zu erfolgen, wenn sich auf Ebene der Obergesellschaft ein negativer Gewerbeertrag und damit ein GewSt-Messbetrag von EUR 0 ergibt (vgl BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 25).

Neben dem (anteiligen) GewSt-Messbetrag der Untergesellschaft wird den Schlussgesellschaftern auch der GewSt-Messbetrag der Obergesellschaft zugerechnet, soweit dieser nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels auf die jeweiligen Schlussgesellschafter entfällt. Eine doppelte Erfassung des Gewerbeertrags der Untergesellschaft unterbleibt dabei, da der Gewerbeertrag der Untergesellschaft aufgrund der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr 2 GewStG nicht in den GewSt-Messbetrag der Obergesellschaft eingeht. Im Ergebnis wird den Schlussgesellschaftern daher (mittelbar) sowohl ein GewSt-Messbetrag aus der Untergesellschaft als (unmittelbar) auch ein GewSt-Messbetrag aus der Obergesellschaft zugerechnet.

 

Rn. 181

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

 

Beispiel (unter Anlehnung an BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 26):

A ist zu 70 % an der OHG I beteiligt, die wiederum zu 50 % an der OHG II beteiligt ist (doppelstöckige PersGes).

Die OHG II erzielt einen Gewinn von EUR 100 000. Für die OHG II wird unter Berücksichtigung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften ein GewSt-Messbetrag von EUR 1 000 festgestellt. Bei einem GewSt-Hebesatz von 360 % ergibt sich auf Ebene der OHG II eine GewSt-Zahllast von EUR 3 600.

Der OHG I werden aus der Beteiligung an der OHG II gewerbliche Einkünfte von EUR 50 000 (= 50 % × EUR 100 000) zugewiesen. Zudem erwirtschaftet die OHG I aus eigener Tätigkeit gewerbliche Einkünfte von EUR 150 000. Für die OHG I wird ein GewSt-Messbetrag von EUR 5 250 festgestellt (insbesondere nach Kürzung des Gewinnanteils aus der OHG II, § 9 Nr 2 GewStG). Bei einem GewSt-Hebesatz von 400 % ergibt sich auf Ebene der OHG I eine GewSt-Zahllast von EUR 21 000.

Der dem A für Zwecke des § 35 EStG insgesamt zugerechnete GewSt-Messbetrag setzt sich aus dem (anteiligen) GewSt-Messbetrag aus der OHG II sowie dem (anteiligen) GewSt-Messbetrag aus der OHG I zusammen.

Der (anteilige) GewSt-Messbetrag aus der OHG II wird A über die OHG I "weitergereicht":

  • Zunächst wird der OHG I ein anteiliger GewSt-Messbetrag iHv EUR 500 (= 50 % × EUR 1 000) zugerechnet.
  • Von diesem (anteiligen) GewSt-Messbetrag werden sodann EUR 350 (= 70 % × EUR 500) an A "weitergereicht".

Der (anteilige) GewSt-Messbetrag aus der OHG I wird A unmittelbar zugerechnet (EUR 3 675 = 70 % × EUR 5 250).

Insgesamt wird A aus seiner Beteiligung an der doppelstöckigen PersGes somit ein GewSt-Messbetrag iHv EUR 4 175 (= EUR 500 + EUR 3 675) zugerechnet. Bei A ist daher eine (maximale) Steuerermäßigung in Höhe des 4fachen des auf ihn entfallenden GewSt-Messbetrags möglich (EUR 16 700).

Die maximal anrechenbare GewSt ist jedoch auf den Ermäßigungshöchstbetrag (§ 35 Abs 1 S 2 EStG) und auf die auf A entfallende tatsächlich zu zahlende GewSt (§ 35 Abs 1 S 5 EStG) begrenzt (s Rn 182).

 

Rn. 182

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die Anrechnung des 4fachen (ab VZ 2020, zuvor das 3,8fache) des dem Schlussgesellschafter zugerechneten (anteiligen) GewSt-Messbetrags ist auch bei mehrstöckigen PersGes der Höhe nach auf den Ermäßigungshöchstbetrag (§ 35 Abs 1 S 2 EStG) und auf die auf den Schlussgesellschafter entfallende tatsächlich zu zahlende GewSt (§ 35 Abs 1 S 5 EStG) begrenzt.

Bei mehrstöckigen PersGes sind dem Schlussgesellschafter bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags (§ 35 Abs 1 S 2 EStG) die (anteiligen) Einkünfte aus der Obergesellschaft zuzurechnen, soweit es sich dabei um gewerbliche Einkünfte iSd § 35 EStG handelt (vgl BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 25). Aufgrund der "Spiegelbildmethode" sind die Ergebnisse der Untergesellschaft(en) bereits im Ergebnis der Obergesellschaft berücksichtigt. Die dem Schlussgesellschafter zugerechneten gewerblichen Einkünfte iSd § 35 Ab...

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