I. Grundsatz

 

Rn. 1

Stand: EL 125 – ET: 12/2017

Aufwendungen zur Heilung von Krankheiten u Gebrechen erwachsen dem StPfl aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Sie sind deshalb nach st Rspr des BFH BStBl II 2001, 543; 2016, 40 mwN ag Belastungen iSd § 33 EStG. Dies gilt auch, wenn sich der StPfl die Krankheit durch eigenes Verschulden zugezogen hat (vgl BFH BStBl III 1967, 459 betreffend Erkrankung durch Alkoholmissbrauch). Ag Belastung kommt nach BFH BStBl III 1962, 235 nicht in Betracht, soweit es sich um typische Berufskrankheiten handelt o um Krankheiten, die im Einzelfall unzweifelhaft auf der beruflichen Tätigkeit beruhen; in diesen Fällen handelt es sich um WK bzw BA (s BFH BStBl II 2013, 815). Zu den zu berücksichtigenden Krankheitskosten gehören nur die Aufwendungen, die unmittelbar zum Zwecke der Heilung einer Krankheit aufgebracht werden o die dem Ziel der Linderung der Krankheit dienen (BFH BStBl II 1999, 227 mwN; BFH BFH/NV 2001, 1562; 2016, 739 mwN). Die mittelbaren Krankheitskosten (Folgekosten) werden vom BFH nicht als ag Belastung anerkannt.

II. Zu berücksichtigende Kosten

 

Rn. 2

Stand: EL 125 – ET: 12/2017

Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören die unmittelbaren Krankheitskosten; das sind diejenigen, die die Heilung einer Krankheit bezwecken, o diejenigen, die dazu dienen, die Krankheit für den Kranken erträglicher zu machen (BFH BStBl II 1999, 227 mwN). Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören nach BFH BStBl II 1999, 227 mwN danach insb die Kosten für die eigentliche Heilbehandlung u für eine krankheitsbedingte Unterbringung.

Aufwendungen für alternative Heilmethoden kommen grds auch als ag Belastungen in Betracht. Der BFH hatte hier in Abkehr von seiner bisherigen Rspr nicht mehr zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ein im Vorhinein erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest gefordert. Er verwies auf die allg Beweisregeln (BFH BStBl II 2011, 969).

Der Gesetzgeber reagierte aber auf diese Rspr-Änderung. Nach § 33 Abs 4 EStG iVm § 64 Abs 1 Nr 2 Buchst f EStDV nF – eingefügt durch StVereinfG 2011 – ist nunmehr wieder ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich, wenn es um wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden geht. § 64 EStDV ist auf alle offenen Fälle anzuwenden (§ 84 Abs 3f EStDV). Die Rückwirkung wurde vom BFH grds für zulässig erachtet (BFH BStBl II 2012, 577; BFH/NV 2017, 1239). In einem Fall hatte der BFH jedoch eine notstandsähnliche Zwangslage ("Griff nach jedem Strohhalm") angenommen, so dass in diesen Fällen uE ein formalisierter Nachweis nicht zu erbringen ist (s BFH BStBl II 2011, 119 betr eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie; ebenso Mellinghoff in Kirchhof, § 33 EStG Rz 54 "Alternative Behandlungsmethoden"). Das FG Sachsen lehnte dies jedoch bei Reiki bzw Fernreiki ab (FG Sachsen v 24.04.2013, 1 K 781/11). Auch in der Folgeinstanz entschied der BFH, dass ein formalisierter Nachweis in den Erkrankungsfällen mit einer nun noch begrenzten Lebenserwartung erforderlich ist (BFH v 25.04.2017, VIII R 52/13, BFH/NV 2017, 1239).

Die Neuregelung in § 64 Abs 1 Nr 2 Buchst a – e EStDV erfordert in weiteren Fällen einen formalisierten Nachweis (in näher bestimmten Fällen einer Bade- oder Heilkur, psychotherapeutischen Behandlung, medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung, Betreuung des StPfl durch eine Begleitperson und eines medizinischen Hilfsmittels, das als allg Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen ist). So ist für die Unterbringung in eine vollstationäre kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung der strenge Nachweis des § 64 Abs 1 Nr 2 Buchst c EStDV zu erfüllen (FG Nds v 20.12.2013, 7 K 69/12, einschränkend BFH BStBl II 2016, 40).

 

Rn. 3

Stand: EL 125 – ET: 12/2017

Den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall hat der StPfl durch eine VO eines Arztes oder Heilpraktikers für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 – 33 SGB V) zu erbringen (§ 64 Abs 1 Nr 1 EStDV nF). Eine Überprüfung der Kosten im Hinblick auf ihre Notwendigkeit der Höhe nach wird nicht vorgenommen. Es gilt für die Höhe der Aufwendungen, dass die Krankheitsbehandlung eine höchstpersönliche Angelegenheit ist u den FinBeh regelmäßig auch die nötige Sachkunde fehlt, um die Notwendigkeit u Angemessenheit der Krankheitskosten beurteilen zu können (BFH BStBl II 1981, 711; 2011, 969; glA Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 35 "Krankheitskosten" (4), jedoch einschränkend bei offensichtlichen Missverhältnissen; auch s FG Mchn EFG 2016, 121, der BFH hat jedoch die Aufwendungen wegen fehlender Substantiierung abgelehnt, BFH BHF/NV 2017, 1028). Dies gilt auch für die Unterbringung in einem Krankenhaus. Es braucht sich auch um kein Krankenhaus im klassischen Sinne zu handeln; darum genügt die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Heim o Sanatorium der christlichen Wissenschaft (BFH BStBl II 1979, 646). Auch die durch Krankheit eingetretene Pflegebedürftigkeit mit der Folge der Unterbringung in ei...

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