Rn. 104

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Das sächliche Existenzminimum des Kindes bemisst sich nach dem nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen zu ermittelnden tatsächlichen Bedarf, der die Sozialhilfeleistungen zwar über-, jedoch nicht unterschreiten darf, vgl BVerfG v 10.11.1998, 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174. Der Gesetzgeber muss dem Einkommensbezieher von dessen Erwerbsbezügen mindestens das steuerfrei belassen, was einem Bedürftigen aus öffentlichen Mitteln zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs zur Verfügung steht.

Der Wohnbedarf des Kindes bemisst sich nicht nach der Pro-Kopf-Methode, sondern nach dem Mehrbedarf, vgl BVerfG v 10.11.1998, 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174. Da regionale Preisunterschiede auf dem Wohnungsmarkt durch das Wohngeld ausgeglichen werden, ist nach BVerfG v 25.09.1992, 2 BvL 5/91 ua, BStBl II 1993, 413, 419 eine Differenzierung des Kinderfreibetrags unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede nicht erforderlich. Die Höhe des jeweiligen sächlichen Existenzminimums ist den Berichten über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien zu entnehmen, BT-Drucks 13/9561; 14/1926; 15/2462; 16/3265; 16/11056.

Nach dem 8. Existenzminimumbericht v 30.05.2011 (BT-Drucks 17/5550) beträgt der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes aus § 32 EStG in 2012 4 272 EUR; nach dem 9. Existenzminimumbericht v 07.11.2012 (BT-Drucks 17/11425) 4 440 EUR in 2014; dieser Betrag unterschreitet zwar den verdoppelten Kinderfreibetrag iHv 4 368 EUR, der Bedarf für Bildung und Teilhabe iHv 228 EUR, der in die Berechnung des sächlichen Existenzminimums einfließt, könnte jedoch auch dem Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung zugeordnet werden, Selder in Blümich, § 32 EStG Rz 7 (Februar 2019), so zutreffend BFH v 19.03.2014, III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032.

Nach dem 10. Existenzminimumbericht v 30.01.2015 (BT-Drucks 18/3893) beläuft sich das sächliche Existenzminimum des Kindes auf 4 512 EUR im VZ 2015 und 4 608 EUR im VZ 2016. Nach dem 11. Existenzminimumbericht v 02.11.2016 (BT-Drucks 18/10220) beträgt das sächliche Existenzminimum eines Kindes im Jahr 2018 4788 EUR. Nach dem 12. Existenzminimumbericht v 09.11.2018 (BT-Drucks 19/5400) beträgt das sächliche Existenzminimum eines Kindes im Jahr 2019 4 886 EUR und im Jahr 2020 5 004 EUR. Nach dem 13. Existenzminimumbericht v 26.10.2020 (BT-Drucks 19/22800) beläuft sich das sächliche Existenzminimum eines Kindes im Jahr 2021 auf 5 412 EUR und im Jahr 2022 auf 5 460 EUR.

 

Rn. 105

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Grundlage für die Berechnung des sächlichen Existenzminimums des Kindes ist der durchschnittliche Regelsatz für alle Altersstufen und für das gesamte Bundesgebiet, der Betrag für Bildung und Teilhabe, die Kosten der Unterkunft und die Heizkosten; diese stark typisierende Betrachtung ist vertretbar, Selder in Blümich, § 32 EStG Rz 6 (November 2019); Jachmann in K/S/M, § 32 Rz A 88 (März 2004); kritisch dazu Dziadkowski, BB 1999, 1409; Dziadkowski, DStZ 1999, 273). Eine Unterschreitung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums durch das einkommensteuerliche ist nicht hinzunehmen, vgl BVerfG v 10.11.1998, 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174, 180.

 

Rn. 106

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Hinsichtlich der Ermittlung des durchschnittlichen sächlichen Existenzminimums des Kindes ging das BVerfG von einem gewichteten Durchschnitt des sozialhilferechtlichen Bedarfs für Kinder im Alter von 0–18 Jahren aus, vgl BVerfG v 10.11.1998, 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174, 178. Die Regelsatzleistungen für Kinder lag in Abhängigkeit von ihrem Alter zwischen 45 % und 90 % des durchschnittlichen Eckregelsatzes für Kinder, vgl BVerfG BStBl II 1999, 174, 178, 181. Zur Ermittlung des sächlichen Existenzminimums des Kindes nach dem Urt das BVerfG v 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 vgl BFH v 19.03.2014, III B 74/13, BFH/NV 2014, 1032 unter Bezugnahme auf die Rspr des BSG.

 

Rn. 107

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs 4 EStG wird der Kinderfreibetrag jedoch nicht nur Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, sondern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt. Das durchschnittliche sozialhilferechtliche Existenzminimum von Kindern nach der Vollendung des 18. und vor der Vollendung des 25. Lebensjahres wird jedoch bei der Ermittlung der Höhe des sächlichen Existenzminimums nicht berücksichtigt. Es fragt sich deshalb, ob als sächliches Kinderexistenzminimum für die Kinder im Alter zwischen 18 und 25 Jahren beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs 4 EStG ein höherer Betrag, nämlich der sozialhilferechtliche Regelsatz für einen allein stehenden Erwachsenen, vgl BVerfG v 26.01.1994, 1 BvL 12/86, BStBl II 1994, 307, vom Gesetzgeber hätte berücksichtigt werden müssen, vgl FG Nds v 16.02.2016,237/15, DStRE 2016, 463, aufgehoben durch BFH v 21.07.2016, V B 37/16, BStBl II 2017, 28.

Das BVerfG hat hingegen die altersunabhängige Höhe des Kinderfreibetrags als unbedenklich angesehen, BVerfG v 29.05.1990, 1 ...

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