1. § 3 Nr 55 EStG: Steuerfreie Übertragung von Betriebsrentenanwartschaften

Schrifttum:

Niermann, AlterseinkünfteG – die steuerlichen Änderungen in der betrieblichen Altersversorgung, DB 2004, 1449;

Förster/Cisch, Die Änderungen im BetriebsrentenG durch das AlterseinkünfteG und deren Bedeutung für die Praxis, BB 2004, 2126;

Harder-Buschner: Aktueller Rechtsstand der betrieblichen Altersversorgung, NWB vom 21.02.2005, F 3 S 13.217;

Schnitker/Grau, Neue Rahmenbedingungen für das Recht der betrieblichen Altersversorgung nach dem AlterseinkünfteG, NJW 2005, 10;

Dünn, Das BetriebsrentenstärkungsG, Rentenversicherung aktuell 5/6/2017, 144;

Hrder-Buschner, Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung – Die Neuregelungen des BetriebsrentenstärkungsG, NWB 2017, 2417;

Plenker, Steuerliche Neuregelungen bei der betrieblichen Altersversorgung durch das sog BetriebsrentenstärkungsG ab 01.01.2018, DB 2017, 1545.

Verwaltungsanweisungen:

BMF vom 06.12.2017, BStBl I 2018, 147 (Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung).

Ferner s vor § 1 Rn 229 (Bitz).

a) Allgemeines

 

Rn. 2630

Stand: EL 129 – ET: 08/2018

§ 3 Nr 55 EStG wurde durch das AltEinkG vom 05.07.2004 (BGBl I 2004, 1427) neu eingefügt und regelt die Möglichkeit einer steuerfreien Übertragung von Versorgungsansprüchen bzw -Anwartschaften insbesondere bei einem ArbG-Wechsel. Diese sog Portabilität ist ein weiterer Bestandteil zur Verbesserung der Altersabsicherung durch eine betriebliche Altersversorgung. Somit ergänzt § 3 Nr 55 EStG die Neuregelung des § 4 BetrAVG, durch den die Portabilität der Versorgungsanwartschaften neu geregelt und erheblich erleichtert wurde, vgl auch Niermann, DB 2004, 1449, 1456f. Das BetrRentStG vom 17.08.2017 (BGBl 2017, 3214) hob ab 01.01.2018 die Einschränkung auf, wonach eine steuerfreie Portabilität nur bei unverfallbaren Anwartschaften möglich war.

b) Steuerfreie Neuzusage bei ArbG-Wechsel

 

Rn. 2631

Stand: EL 129 – ET: 08/2018

Die Steuerfreistellung von übertragenen Altersvorsorgeansprüchen wurde notwendig, da bei der Übertragung mittels Übertragungswert nicht die Zusage selbst, sondern nur deren Wert übertragen wird und es deshalb zu einer Beendigung der bisherigen Versorgungsverpflichtung und Erteilung einer haftungsrechtlich unabhängigen wertgleichen Neuzusage kommt (§ 4 Abs 6 BetrAVG). Die auf dem Übertragungsbetrag beruhenden Leistungen werden so behandelt, als hätte keine Übertragung nach § 4 BetrAVG stattgefunden. Gemäß § 3 Nr 55 S 3 EStG gehören die Leistungen des neuen ArbG, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nicht stattgefunden hätte. Durch diese Bestimmung wird eine Rückabwicklung der steuerlichen Behandlung der ursprünglichen Beitragsleistungen vermieden. Die Übernahme der Versorgungszusage nach § 4 Abs 2 Nr 1 BetrAVG stellt lediglich einen Schuldnerwechsel und damit für den ArbN keinen lohnsteuerlich relevanten Vorgang dar.

 

Rn. 2632

Stand: EL 129 – ET: 08/2018

Die Höhe der steuerfrei übertragbaren Altersvorsorgeansprüche ist begrenzt. Der Übertragungswert darf die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen (§ 4 Abs 3 S 1 Nr 2 BetrAVG); dieser beträgt für 2018 EUR 78 000. Die höhere Beitragsbemessungsgrenze der knappschaftlichen Rentenversicherung ist unmaßgeblich. Die niedrigere Beitragsbemessungsgrenze im Osten ist ebenfalls nicht maßgeblich, da das BetrAVG explizit von der "allgemeinen" Beitragsbemessungsgrenze spricht und es zudem bei Übertragungen mit Arbeitsverhältnissen im Westen und Osten zum einen zu einer gesetzlich nicht gewollten und zum anderen praktisch wenig händelbaren Ungleichbehandlung in Abhängigkeit vom Sitzort des ArbG käme. Darüber hinausgehende Beträge unterfallen nicht mehr der Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr 55 EStG. Eine teilweise Mitnahme, zB beim Überschreiten des Höchstbetrages, ist nicht möglich, da dies dem Ziel der Vorschrift, Anwartschaften zu bündeln, entgegen liefe, Förster/Cisch BB 2004, 2126, 2128.

c) Anspruch des ArbN auf Übertragung nach BetrAVG

 

Rn. 2633

Stand: EL 129 – ET: 08/2018

Gemäß § 4 Abs 2 Nr 2 BetrAVG kann der Wert einer vom ArbN erworbenen Altersversorgung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den neuen ArbG übertragen werden, sofern sowohl der alte als auch der neue ArbG sowie der ArbN selbst zustimmen. Geringfügig Beschäftigte und Gesellschafter-Geschäftsführer gelten ebenfalls als ArbN iSd § 3 Nr 55 EStG. § 4 Abs 3 BetrAVG gibt dem ArbN für nach dem 31.12.2004 erteilte Versorgungszusagen (§ 30b BetrAVG) den Anspruch, dass der Wert seiner bis dahin erworbenen Altersversorgung (Übertragungswert; § 4 Abs 5 BetrAVG) auf den neuen ArbG übertragen wird. Voraussetzungen sind, dass der ArbN innerhalb eines Jahres nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses von seinem ehemaligen ArbG die Übertragung verlangt und die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen ArbG über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt worden ist. Bei anderen als den vorgenannten kapitalgedeckten Altersvorsorgeverträgen hat der ArbN keinen Übertragungsanspruch. E...

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