Rn. 77

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Ehegatten sind hinsichtlich der ESt-Zahlung zwar Gesamtschuldner, s Rn 74, aber hinsichtlich Erstattungsansprüche nicht Gesamtgläubiger iSd § 428 BGB. Der Anspruch auf Erstattung zu viel entrichteter ESt ist in § 37 Abs 2 S 1 AO geregelt und steht demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist.

Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Schuld getilgt werden sollte, vgl BFH v 15.11.2005, BStBl II 2006, 453. § 36 Abs 4 S 3 EStG regelt demgegenüber nur die schuldbefreiende Leistung durch das FA und führt zu keiner Gesamtgläubigerschaft der zusammenveranlagten Ehegatten, vgl BFH BStBl II 1983, 162; 1996, 436.

Im unproblematischen Fall der intakten Ehe ist von der Annahme auszugehen, dass die Erstattung an einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten gebilligt wird, vgl BFH BStBl II 1990, 719. § 36 Abs 4 S 3 EStG dient der Vereinfachung und entbindet das FA von weiteren Nachforschungen zur Erstattungsberechtigung.

Das FA darf aber nicht mehr an einen Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen musste, dass der andere Ehegatte damit nicht einverstanden ist, weil die Ehe mittlerweile geschieden ist, die Ehegatten dauernd getrennt leben oder ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt, BFH BStBl II 1990, 719. Das FA kann insoweit nicht mehr schuldbefreiend iSd § 37 Abs 2 S 1 AO auszahlen, vgl OFD Chemnitz, DStR 1997, 1167, und es ist für jeden Ehegatten sein Erstattungsbetrag zu ermitteln. Hierbei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

 

Rn. 78

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Erstattung aufgrund von Steuerabzugsbeträgen: Bei einer Überzahlung von LSt ist derjenige Ehegatte erstattungsberechtigt, für den die LSt abgeführt wurde, BFH BStBl II 1983, 162. Ist für beide Ehegatten LSt abgeführt worden, ist der Erstattungsbetrag nach dem Verhältnis der jeweils abgeführten LSt-Beträge zu ermitteln, BFH BStBl II 1991, 147; 1991, 442; 1997, 522; FG Mchn v 24.10.2001, 1 K 4423/99 rkr.

 

Rn. 79

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Verlustrücktrag: Erstattungsbeträge aufgrund eines Verlustrücktrags nach § 10d EStG sind nach dem Verhältnis der ESt-Zahlungen aufzuteilen, die im Abzugsjahr für Rechnung eines jeden Ehegatten an das FA gezahlt wurden, BFH BStBl II 1991, 47; krit Paus, FR 1998, 143.

 

Rn. 80

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Anrechnung von ESt-Vorauszahlungen: Bei intakter Ehe besteht die Vermutung, dass die Vorauszahlungen für Rechnung beider Ehegatten bezahlt wurden, sofern keine anderen Tilgungsabsichten mitgeteilt werden, vgl BFH v 15.11.2005, BStBl II 2006, 453 mwN (st Rspr). Der Erstattungsbetrag ist dann hälftig aufzuteilen.

Erfolgt die ESt-Zahlung durch einen Ehegatten, erst nachdem die Zerrüttung der Ehe dem FA bereits bekannt war, ist davon auszugehen, dass die Zahlung für dessen Rechnung bewirkt wurde und nur dieser Ehegatte erstattungsberechtigt ist, vgl BFH BStBl II 1990, 41.

Zur Kritik an den Aufteilungsmethoden insgesamt, vgl Paus, FR 1998, 143.

 

Rn. 81

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Zahlt das FA auf ein anderes als in der gemeinsamen Steuererklärung angegebenes Konto, wird es von der Erstattungspflicht gegenüber dem berechtigten Ehegatten nicht frei, vgl BFH BStBl 1991, 442; 1996, 436; ausführlich hierzu Götz/Stümper, NWB F 2, 7519.

 

Rn. 82

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Führt die schuldbefreiende Erstattung durch das FA zu einer Benachteiligung eines Ehegatten, hat dieser ggf einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, ausführlich dazu Kaufmann, INF 1994, 449; Arens, NJW 1996, 704.

Die Aufteilung der gemeinsamen Steuerschuld im Innenverhältnis erfolgt grds – wie bei § 270 AO – nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die sich bei einer fiktiven getrennten Veranlagung nach § 26a EStG ergeben würden, vgl BGH v 31.05.2006, DStR 2006, 1455; ausführlich hierzu vgl Witt, DStR 2007, 56.

1. Aufteilung des Erstattungsanspruchs

 

Rn. 83

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Die Vorschrift des § 37 Abs 2 S 1 AO gilt sowohl für den Erstattungsanspruch des StPfl gegen das FA als auch für den umgekehrten Fall der Rückforderung durch das FA (vgl BFH v 22.03.2011, BStBl II, S 607).

Übersteigen die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, die geleisteten Vorauszahlungen und die sonstigen Zahlungen der Ehegatten die Summe der gegen die beiden Ehegatten insgesamt – im Wege der Zusammenveranlagung oder im Wege der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 der getrennten Veranlagung) – festgesetzten Steuern, ist wie folgt zu verfahren (vgl BMF v 30.01.2012, BStBl I, 2012, 149 Tz 3):

Zunächst sind für jeden Ehegatten die bei ihm anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie seine mit individueller Tilgungsbestimmung geleisteten Vorauszahlungen und sonstigen Zahlungen zu ermitteln. Daneben sind alle übrigen Zahlungen zu ermitteln, die beiden Ehegatten gemeinsam zuzurechnen sind. Die auf diese Weise ermittelten Zahlungen sind dem jeweiligen Ehegatten wie folgt zuzuordnen:

Bzgl Steuerabzugsbeträge (insb LSt, KapSt) ist weiterhin derjenige Ehegatte erstattungsberechtigt, von dessen...

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