Rn. 74

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Nach § 44 Abs 1 AO sind die zusammen zur ESt veranlagten Ehegatten Gesamtschuldner. Daher schuldet, soweit nichts anderes bestimmt ist, jeder von ihnen die gesamte Leistung, gleichgültig, ob ein Ehegatte niedrigere Einkünfte als der andere oder gar keine hatte, § 44 Abs 1 S 2 AO.

Eine Einschränkung dahingehend, dass das FA diesen Ehegatten nur subsidiär in Anspruch nehmen dürfte, besteht nicht, es sei denn, eine solche ergibt sich ausnahmsweise aus der pflichtgemäßen Ermessensausübung (gem § 5 AO) des FA. Die Erfüllung des Steueranspruchs durch einen Ehegatten wirkt auch für den anderen, § 44 Abs 2 S 1 AO.

 

Rn. 75

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Nach §§ 268ff AO ist jedem Ehegatten jedoch die Möglichkeit gegeben, die Vollstreckung der Gesamtschuld jeweils auf den Betrag zu beschränken, der sich bei Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennter Veranlagung) nach Maßgabe des § 26a EStG ergeben würde, § 270 AO, vgl BFH BFH/NV 1991, 6; BStBl II 2002, 214; BFH/NV 2004, 1624. Durch die fiktive Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennte Veranlagung) wird lediglich der Aufteilungsmaßstab für die bestehenden Steuerrückstände ermittelt. Diese sind auf den Zeitpunkt des Eingangs des Aufteilungsantrags oder den früheren Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckung festzustellen, § 276 Abs 1 u 2 AO.

Da in die Aufteilung auch vor Antragstellung entrichtete Steuerabzugsbeträge und getrennt festgesetzte Vorauszahlungen einzubeziehen sind (§ 276 Abs 3 AO), kann sich für einen Ehegatten auch ein Erstattungsanspruch ergeben, § 276 Abs 6 AO. Dessen Aufrechnung mit Steuerschulden des anderen Ehegatten ist unzulässig, BFH BStBl II 1983, 162; Schlücking, DStR 1985, 145; Hüdepohl, BB 1986, 370. Ein Aufteilungsantrag kann jedoch nicht mehr gestellt werden, wenn die Steuerschuld getilgt ist, BFH BStBl II 1991, 493.

Trotz Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268ff AO bleibt die Steuerschuldnerschaft bestehen und schließt eine Haftungsinanspruchnahme nicht aus, vgl BFH v 07.03.2006, BFH/NV 2006, 1378. Dennoch kann die Aufteilung der ESt-Schuld vor der Tilgung der rückständige Steuer beantragt werden, um eine Aufrechnung durch das FA auf den Aufteilungsbetrag zu beschränken, der auf den antragstellenden Ehegatten entfällt (vgl FG Köln v 16.02.2017, 15 K 1478/14, EFG 2017, 1049, Rev BFH VII R 17/17).

 

Rn. 76

Stand: EL 139 – ET: 10/2019

Für den Aufteilungsbescheid sind die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen maßgebend, die der bestandskräftigen Zusammenveranlagung zugrunde gelegt worden sind, § 270 S 2 AO. Das gilt auch, wenn sich diese später als unrichtig herausstellen.

Wegen dieser Bindungswirkung können Ehegatten durch einen Zusammenveranlagungsbescheid auch beschwert sein, wenn die Erhöhung der Einkünfte eines Ehegatten zugunsten jener des anderen Ehegatten die Höhe der Gesamtsteuerschuld unberührt lässt, BFH BStBl II 1979, 26. Die Beschwer entfällt jedoch, sobald ein Aufteilungsantrag nach §§ 268ff AO nicht mehr zulässig ist, BFH BStBl II 1987, 94.

Hat das FA die Einkünfte im Zusammenveranlagungsbescheid nicht auf die Ehegatten aufgeteilt, so können sie hierdurch bei Geltendmachung eines berechtigten Interesses in Bezug auf §§ 268ff AO beschwert sein, BFH BStBl II 1985, 576. Ausführlich zur Aufteilung einer Gesamtschuld (insb Antrag, Voraussetzungen, Aufteilungsmaßstab etc) vgl BayLfSt v 17.10.2006, S 0520–7 St 41 M; Hagen, NWB F 2, 8761.

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