Rn. 154

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Die aufgrund der Meldung der anderen Person in der Wohnung des StPfl bestehende gesetzliche Vermutung der Haushaltsgemeinschaft ist nur in bestimmten Fällen widerlegbar, in anderen Fällen handelt es sich dagegen um eine nicht widerlegbare gesetzliche Vermutung. Bei eheähnlichen und lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften (ausführlich dazu s Rn 11) ist die gesetzliche Vermutung, dass eine Haushaltsgemeinschaft besteht, nicht widerlegbar. Könnte der in eheähnlicher Gemeinschaft mit einer anderen Person lebende StPfl den Nachweis führen, dass keine Haushaltsgemeinschaft besteht, läge darin ein Verstoß gegen das Verbot der Schlechterstellung von Eheleuten (BVerfG v 10.11.1998, 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216, 232ff); Selder in Blümich, § 24b EStG Rz 18 (März 2020).

 

Rn. 155

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Ob eine eheähnliche/lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft oder eine bloße Wohngemeinschaft vorliegt, ist nach Indizien festzustellen, die aus dem Sozialrecht abgeleitet werden, BMF v 23.10.2017, BStBl I 2017, 1432 Rz 12 mit Bsp. Da § 24b Abs 2 S 3 EStG im Grundsatz von der Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung ausgeht, trägt das FA die Feststellungslast dafür, dass es sich um eine eheähnliche/lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft handelt, wenn der StPfl geltend macht, er lebe mit der anderen Person nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Als Indizien für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft nennt das BMF v 23.10.2017, BStBl I 2017, 1432 in Rz 12 zutreffend ua

  • die Dauer des Zusammenlebens (zB von länger als einem Jahr),
  • die Versorgung gemeinsamer Kinder anderer Angehöriger im selben Haushalt,
  • einen von beiden Partnern unterschriebenen und auf Dauer angelegten Mietvertrag,
  • die gemeinsame Kontoführung,
  • andere Verfügungsbefugnisse über Einkommen Vermögen des Partners,
  • andere gemeinsame Verträge, zB über Unterhaltspflichten, sowie
  • die Beantragung eines Freibetrags nach § 33a EStG für den Abzug von Unterhaltslasten an die andere volljährige Person.
 

Rn. 156

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Dass keine Haushaltsgemeinschaft besteht, hat hingegen der StPfl nachzuweisen, BMF v 23.10.2017, BStBl I 2017, 1432 Rz 15. Der Nachweis kann ua durch die Erklärung des StPfl oder die der anderen Person geführt werden, sofern die Erklärung glaubhaft ist, vgl dazu aber BFH BStBl II 2012, 815: kein Rückgriff aus § 39 Abs 12 SGB XII oder § 9 Abs 5 SGB II, schriftliche Bestätigung des volljährigen Sohnes eines verwitweten StPfl nicht ausreichend; kritisch dazu Loschelder in Schmidt, § 24b EStG Rz 23 (40. Aufl): je nach den Umständen des Einzelfalls können Dritte, insb auch volljährige Kinder eine zusätzliche Belastung für den StPfl sein.

 

Rn. 157

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Ist eine pflegebedürftige Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des StPfl gemeldet, kann der StPfl das Bestehen der gesetzlich vermuteten Haushaltsgemeinschaft in den Fällen widerlegen, in denen wegen der Pflegebedürftigkeit der Person (Pflegegrade 1 bis 5 nach §§ 14, 15 SGB XI – bis einschließlich VZ 2016: Pflegestufe I, II oder III – oder Blindheit) keine Beteiligung an der Haushaltsführung erfolgt oder infolge der Einkommens- und Vermögenssituation der pflegebedürftigen Person deren finanzielle Beteiligung nicht möglich ist, BMF v 23.10.2017, BStBl I 2017, 1432 Rz 13; Krömker in H/H/R, § 24b EStG Rz 13 (April 2016). Der Nachweis des gesundheitlichen Merkmals "blind" richtet sich nach § 65 EStDV. Der Nachweis über den Pflegegrad iSd § 15 SGB XI ist durch Vorlage des Leistungsbescheides des Sozialhilfeträgers bzw des privaten Pflegeversicherungsunternehmens zu führen.

Bei rückwirkender Feststellung des Merkmals "blind" oder Pflegebedürftigkeit sind bestandskräftige Steuerbescheide auch hinsichtlich des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG zu ändern, BMF v 23.10.2017, BStBl I 2017, 1432 Rz 13. Eine Person ist auch dann nicht fähig, sich an der Haushaltsführung zu beteiligen, wenn sie kein oder nur ein geringes Vermögen iSd § 33a Abs 1 S 4 EStG besitzt und deren Einkünfte und Bezüge iSd § 33a Abs 1 S 5 EStG den in § 33a Abs 1 S 1 EStG genannten Betrag nicht übersteigen, BMF v 23.10.2017, BStBl I 2017, 1432 Rz 13.

Weitergehend sieht der BFH v 28.06.2012, III R 26/10, BStBl II 2012, 815 zutreffend die Versagung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehenden dann als unbillig an, wenn eine Haushaltsgemeinschaft mit einkommenslosen pflegebedürftigen Angehörigen besteht, bei denen jedwede Unterstützungsleistung ausgeschlossen erscheint, so auch Loschelder in Schmidt, § 24b EStG Rz 21 (40. Aufl), der zutreffend auf den pflegerischen Mehraufwand hinweist, der dem StPfl entsteht.

 

Rn. 158–159

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

vorläufig frei

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