Rn. 186

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Die Regelung, wonach auch die Anschaffung und Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer PersGes zu einem privaten Veräußerungsgeschäft führen kann, wurde im Zuge des StMBG vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310) eingeführt. Zur Rechtslage vor dieser Änderung hatte der BFH vom 04.10.1990, BStBl II 1992, 211 entschieden, dass die gesamthänderische Beteiligung an einer PersGes (anders als Bruchteilseigentum) immer ein WG des § 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG sei – dh auch dann, wenn das Vermögen der Gesellschaft ausschließlich aus Grundstücken besteht – und damit allein die kürzere Behaltefrist relevant sei.

 

Rn. 187

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

§ 23 Abs 1 S 4 EStG regelt nunmehr explizit, dass die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer PersGes als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen WG gilt. Aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 23 Abs 2 EStG greift die Vorschrift letztendlich nur in den Fällen einer vermögensverwaltenden PersGes und nicht für gewerbliche, luf oder freiberufliche Mitunternehmerschaften, die über steuerliches BV verfügen und deren Veräußerung unabhängig von Behaltefristen der Besteuerung unterliegt.

 

Rn. 188

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Jedes einzelne WG des Gesamthandsvermögen wird dem Gesellschafter im Ergebnis anteilig zugerechnet, und für jedes WG ist demnach zu entscheiden, ob eine Veräußerung der Beteiligung innerhalb von zehn (für Grundstücke iSd § 23 Abs 1 Nr 1 EStG) oder einem Jahr (für WG iSd § 23 Abs 1 Nr 2 EStG) seit Anschaffung der Beteiligung vorliegt.

Als mittelbare Beteiligung gilt dabei jede durch eine ebenfalls vermögensverwaltende PersGes vermittelte Beteiligung. Sowohl eine zwischengeschaltete KapGes als auch eine gewerbliche oder freiberufliche Ober-PersGes schließen eine mittelbare Beteiligung iSd § 23 Abs 1 S 4 EStG aus, da es sich hinsichtlich der WG der Unter-PersGes dann um BV handelt.

Da sich im Rahmen von vermögensverwaltenden PersGes die anteilige steuerliche Zurechnung der WG des Gesellschaftsvermögens zu den Gesellschaftern inzwischen aus § 39 Abs 2 Nr 2 AO ergibt, ist die Regelung des § 23 Abs 1 S 4 EStG mE mittlerweile rein deklaratorisch (vgl Wacker, DStR 2005, 2014; Wernsmann in K/S/M, § 23 EStG Rz B 100).

 

Rn. 189

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

In jedem Fall werden all diejenigen WG von der Besteuerung erfasst, die sich sowohl im Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung an der PersGes als auch im Zeitpunkt der Veräußerung innerhalb vom einem (für WG iSd § 23 Abs 1 Nr 2 EStG) bzw zehn Jahren (für Grundstücke iSd § 23 Abs 1 Nr 1 EStG) im Vermögen der PersGes befunden haben. Die Regelung erfasst aber auch die WG der PersGes, die nach der Anschaffung der Beteiligung durch die PersGes angeschafft oder vor der Veräußerung der Beteiligung durch die PersGes veräußert wurden. Dies ergibt sich bereits aus § 39 Abs 2 Nr 2 AO, wonach die Anschaffung und Veräußerung der WG durch die PersGes steuerlich unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet wird (in diese Richtung auch BFH vom 21.01.2014, IX R 9/13, BFH/NV 2014, 745).

Damit fallen unter diese Vorschrift auch die Fälle, in denen die PersGes WG erwirbt, ohne sie innerhalb der Behaltefrist zu veräußern, der Gesellschafter aber innerhalb der Behaltefrist seit dem Erwerb des betreffenden WG seinen Anteil an der Gesellschaft veräußert.

Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, wenn nämlich der Gesellschafter seinen Anteil erwirbt, ohne ihn innerhalb der Behaltefrist zu veräußern, aber die PersGes WG aus dem Gesamthandsvermögen innerhalb der Behaltefrist seit dem Erwerb des Anteils veräußert (OFD Ffm vom 02.09.2015, S 2256 A – 41 – St 213, Rz 5 ff; ausführlich zu solchen "Mischfällen" und letztendlich ablehnend Windeknecht, NWB 2015, 1066).

Ebenso können private Veräußerungsgeschäfte bei den Gesellschaftern auch durch Tatbestandsverwirklichung auf Ebene der PersGes selbst ausgelöst werden, wenn diese ein Grundstück oder ein anderes WG innerhalb der in § 23 Abs 1 EStG relevanten Fristen anschafft und veräußert.

Zur Frage der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Gewinnen nach § 23 EStG bei vermögensverwaltenden PersGes vgl BFH vom 19.11.2019, IX R 24/18 BB 2020, 551; BFH vom 21.01.2014, IX R 9/13, BFH/NV 2014, 745; FG Mchn vom 28.10.2014, 2 K 1965/11; OFD Ffm vom 02.09.2015, aaO).

 

Rn. 190

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Zur Anschaffung von mehreren Gesellschaftsanteilen zu unterschiedlichen Zeitpunkten s Rn 56.

 

Rn. 191

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Befinden sich im Vermögen der PersGes Verbindlichkeiten, führt die Übertragung auch dann zu einem (teil-)entgeltlichen Veräußerungsgeschäft, wenn der Übertragende selbst unmittelbar keine Gegenleistung erhält (vgl BFH vom 03.05.2022, BStBl II 2023, 186; kritisch zu dieser Sichtweise Escher/Weiten, DB 2023, 473).

Da es sich steuerlich um die Übertragung von PV handelt, gilt die sog Einheitstheorie hier nicht. Es ist also nicht der sich im Kapitalkonto widerspiegelnde Saldo relevant, sondern Ak...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge