Rn. 44

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

§ 23 Abs 2 EStG enthält eine Subsidiaritätsklausel für die Fälle, dass ein Lebenssachverhalt abstrakt sowohl unter die eine als auch die andere Einkunftsart subsumiert werden kann. Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt daher nicht vor, soweit Einkünfte iSd § 2 Abs 1 Nr 1–6 EStG gegeben sind. Dies folgt allerdings bereits aus der Bezeichnung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften als "sonstige" Einkünfte in § 22 Nr 2 EStG.

Die durch das StMBG vom 21.12.1993 in § 23 Abs 2 S 2 EStG aF eingefügte Regelung, nach dem sich die Besteuerung bei Veräußerung einer im PV gehaltenen wesentlichen Beteiligung an einer KapGes nicht nach § 17 EStG, sondern nach § 23 EStG richtet, ist mit Einführung der AbgSt und der generellen Erfassung von Wertpapierveräußerungen mit Wirkung ab dem 01.01.2009 entfallen. Zwar enthält das Gesetz keine spezielle Anwendungsregelung für den Wegfall des § 23 Abs 2 S 2 EStG, so dass dieser grundsätzlich bereits mit Verkündung des UntStRefG 2008 in 2007 in Kraft getreten wäre. Allerdings soll nach Ansicht des BFH die allg Anwendungsregelung des § 52a Abs 11 S 4 EStG aF (nunmehr § 52 Abs 31 S 2 EStG), wonach § 23 EStG aF auf alle Veräußerungsgeschäfte anwendbar ist, bei denen die WG vor dem 01.01.2009 angeschafft worden sind, dahin auszulegen sein, dass sie auch die Vorschrift des § 23 Abs 2 S 2 EStG aF umfasst, so dass sich ein Gleichlauf zwischen Anwendung der Regelungen der AbgSt für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an KapGes und dem Wegfall des Vorrangs des § 23 EStG vor § 17 EStG ergibt (BFH vom 13.01.2015, BFH/NV 2015, 670).

 

Rn. 45

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Die allg Subsidiaritätsklausel in § 23 Abs 2 EStG rechnet Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften den anderen Einkünften zu, soweit sie zu diesen gehören. Sofern die veräußerten WG zum BV eines luf, gewerblichen oder freiberuflichen Betriebs gehören, sind die Einkünfte iRd jeweiligen Gewinneinkunftsart zu erfassen. Da die Veräußerung von Wertpapieren und sonstigen Kapitalforderungen seit 2009 neben den laufenden Einkünften aus KapVerm in § 20 EStG geregelt ist, führt § 23 Abs 2 EStG dazu, dass diese Veräußerungsergebnisse nicht mehr iRd § 23 EStG zu erfassen sind.

Dagegen werden von § 21 EStG nur die laufenden Einkünfte aus VuV erfasst, und Gewinne bzw Verluste aus der Veräußerung der Einkunftsquelle sind nur in den Grenzen des § 23 Abs 1 Nr 1 EStG steuerbar.

 

Rn. 46

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Sofern im Rahmen einer eigentlich den Gewinneinkunftsarten iSd § 2 Abs 1 Nr 1–3 EStG zuzurechnenden Tätigkeit fehlende Einkunftserzielungsabsicht festgestellt wird, kommt mE auch eine Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung vom WG dieses Liebhabereibetriebs nach § 23 EStG nicht in Betracht, da es sich insgesamt um Einkünfte im nicht steuerbaren Bereich handelt (aA Trossen in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, BeckOK § 23 Rz 123). Andererseits, wenn ein einkommensteuerrechtlich relevanter Betrieb erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Liebhaberei wechselt, verlieren die WG allein hierdurch nicht ihre Eigenschaft als BV (BFH vom 29.10.1981, BStBl II 1982, 381), so dass es bei einer Veräußerung zur Erfassung der stillen Reserven als nachträgliche Gewinneinkünfte kommt und § 23 EStG nicht anwendbar ist.

Dies gilt seit VZ 2009 mE ebenfalls iRd Einkünfte aus KapVerm, da insoweit auch Veräußerungsgewinne von § 20 Abs 2 EStG erfasst werden.

Dagegen wird die Veräußerung von WG, die iRd übrigen Überschusseinkünfte genutzt werden, nicht von § 19 oder § 21 EStG, sondern nur in den Fällen des § 23 EStG besteuert, so dass auch bei fehlender Einkunftserzielungsabsicht im Bereich der §§ 19, 21 EStG eine Besteuerung der Veräußerung von WG in den Grenzen des § 23 EStG möglich bleibt (zur Einkunftserzielungsabsicht im Bereich des § 23 EStGRn 34ff).

 

Rn. 47

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Die Besteuerung nach § 23 EStG lässt sich dadurch vermeiden, dass entgeltlich angeschaffte WG des PV erst nach Ablauf der Behaltefrist veräußert werden. Auch wenn der StPfl den Ablauf der Behaltefrist bewusst abwartet, ist darin kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) zu sehen.

Dies gilt selbst dann, wenn zeitnah dieselben WG wieder angeschafft werden oder wenn umgekehrt innerhalb der Jahresfrist Verluste iRd § 23 EStG durch Veräußerung realisiert und die WG innerhalb kurzer Zeit wieder erworben werden (BFH vom 25.08.2009, BStBl II 2009, 999).

 

Rn. 48

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Die Anschaffung und Veräußerung von WG des PV gehört idR selbst bei erheblichem Umfang noch zur privaten Vermögensverwaltung (BFH vom 04.03.1980, BStBl II 1980, 389 zu Wertpapiergeschäften). Gewerblichkeit ist jedoch dann anzunehmen, wenn die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung der Vermögenssubstanz in den Vordergrund treten und besondere Umstände hinzukommen (zB erhebliche Fremdfinanzierung, ungewöhnlicher Umfang, händlerähnliches Verhalten, spezifische Marktkenntnisse), die nach der Verkehrsanschauung einer gewerblichen Tätigkeit gleichkom...

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