Rn. 138

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Das verfassungsrechtliche Gebot der Vermeidung einer Doppelbesteuerung lässt sich bis zur Entscheidung des BVerfG v 06.03.2002, 2 BvL 2683/11, BVerfGE 105, 73 zurückverfolgen. Dort heißt es, dass der Gesetzgeber bei der zu schaffenden Neuregelung zwar ein weiter Entscheidungsspielraum zukommt, "in jedem Fall" aber die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen ist, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird. Der BFH hat sich dieser Auffassung angeschlossen und fordert seit seinen ersten Entscheidungen zum AltEinkG eine "strikte" Beachtung des Doppelbesteuerungsverbots (BFH BFH/NV 2016, 1791 mit umfassender Darstellung der bisherigen Rspr zu dieser Frage). Das BVerfG hat in seinen späteren Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der nachgelagerten Rentenbesteuerung an seiner Auffassung festgehalten, dass trotz grds Verfassungsmäßigkeit der nachgelagerten Rentenbesteuerung abschließend zu prüfen ist, ob nicht doch eine zur Verfassungswidrigkeit führende doppelte Besteuerung vorliegt (BVerfG v 29.09.2015, 2 BvR 2638/11, BStBl II 2016, 310; BVerfG v 30.09.2015, 2 BvR 1961/10 und BVerfG v 30.09.2015, 2 BvR 1066/10, HFR 2016, 72).

Das vom BVerfG BStBl II 2002, 618 im Zusammenhang mit der nachgelagerten Rentenbesteuerung angesprochene Verbot der Doppelbesteuerung ergibt sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), insbesondere dem Gebot der Folgerichtigkeit sowie den Grenzen der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis (s Kulosa, DStR 2018, 1413). Im Kern geht es um die Frage, ob die nachgelagerte Rentenbesteuerung, wie sie durch das AltEinkG eingeführt worden ist, noch dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gerecht wird. Es beruht auf der Überlegung, dass Einnahmen nur dann steuerlich erfasst werden dürfen, wenn die entsprechenden Aufwendungen zur Erzielung dieser Einnahmen entsprechend dem objektiven Nettoprinzip zuvor abgezogen werden konnten (so BFH BStBl II 2009, 710; FG BdW EFG 2020, 116, Rev X R 33/19; Kulosa in H/H/R, § 10 EStG Rz 340 (Dezember 2017); kritisch bzw differenziert zur verfassungsrechtlichen Ableitung etwa s Rügamer, FR 2020, 399).

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