Rn. 75

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Einzelrechtsnachfolge

Auch bei einer unentgeltlichen Übertragung sind die KapErtr für einen Zeitraum dem Rechtsvorgänger und dem Rechtsnachfolger im Regelfall nach dem Verhältnis der Dauer der Berechtigung zuzurechnen. Bei einer unentgeltlichen Übertragung von KapErtr sind dem zivilrechtlichen Gläubiger die Erträge nur dann einkommensteuerlich zuzurechnen, wenn ihm eine Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle eingeräumt ist, er also in der Lage ist, das Vermögen zu verwalten, die Modalitäten der Kapitalanlage zu verändern oder die Leistungen durch Zurückziehen des KapVerm zu verweigern (BFH v 26.01.2011, VIII R 14/10, BFH/NV 2011, 1512; BFH v 29.03.2001, IV R 71/99, BFH/NV 2001, 1251).

Gesamtrechtsnachfolge

Bei der Übertragung einer Kapitalrückgabeforderung von Todes wegen (Gesamtrechtsnachfolge) sind alle KapErtr, die zu Lebzeiten des Erblassers nicht mehr realisiert wurden, dem Rechtsnachfolger zuzurechnen, sofern ihm Einkünfte aus KapVerm zivilrechtlich gebühren (OFD Kiel EStK § 20 EStG 3.22 zu Zinserträgen). Nach Auffassung der FinVerw gehen festverzinsliche Wertpapiere, Sparbücher und ähnliche Kapitalforderungen, die nicht mit dem Tod des Inhabers fällig werden, während einer laufenden Zinsperiode im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Erben über, und die Zinsen sind im vollem Umfang dem Erwerber zuzurechnen.

Eine rechnerische Aufteilung der Zinsen auf die Zeit bis zum Erbfall (Zurechnung beim Erblasser) und dem Erbfall (Zurechnung beim Erben) ist nicht vorzunehmen. Insoweit gelten für die ESt und die ErbSt unterschiedliche Regelungen (s OFD Magdeburg v 28.05.2013, ESt-Kartei ST § 20 Fach 1 Karte 17 – Zurechnung von Zinsen im Erbfall).

Dieses Ergebnis wird zT mit dem Gesamtrechtsnachfolgegedanken, zT mit § 24 Nr 2 EStG begründet (vgl dazu BFH v 26.01.2011, VIII R 14/10, BFH/NV 2011).

Stellungnahme

Die Auffassung der FinVerw, die bei einer Gesamtrechtsnachfolge lediglich auf den Zufluss beim Gesamtrechtsnachfolger abstellt und eine Aufteilung der Erträge zwischen dem Rechtsvorgänger und -nachfolger nicht vornimmt, ignoriert die allgemeine Regelung einer grds besitzanteiligen Aufteilung. Gründe, warum gerade im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge von den allgemeinen Regeln abzuweichen ist, werden nicht geliefert. Sofern eine persönliche Zurechnung mit § 24 Nr 2 EStG begründet wird, stellt sich die Frage, warum dann KapErtr nicht auch auf einen Einzelrechtsnachfolger mittels § 24 Nr 2 EStG übertragen werden können. Letzteres würde eine steuerliche Gestaltung der Zurechnung von KapErtr aber Tür und Tor öffnen.

Die Auffassung der FinVerw kann nur unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung akzeptiert werden. Der Gesamtrechtsnachfolger trägt ohnehin wirtschaftlich die Ertragsteuern, egal ob sie dem Erblasser oder dem Gesamtrechtsnachfolger zuzurechnen sind. Unter dem Regime der AbgSt mit einem festen Steuersatz dürfte es im Ergebnis weitestgehend unerheblich sein, ob die ESt oder deren Bemessungsgrundlage vererbt wird. Lediglich in den Fällen, in denen ein Erbe durch die Zurechnung Nachteile erleiden würde, sollte auf die Anwendung der allgemeinen Regeln einer Quotierung bestanden werden. In Betracht kämen hier zB eine Berücksichtigung eines steuerlichen Verlustes beim Erblasser oder eine Anwendung eines "niedrigeren Steuersatzes" iSv § 32d Abs 6 EStG beim Erblasser.

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