Rn. 110

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Zwischen nahen Angehörigen besteht häufig die Bestrebung, die gemeinsame Steuerbelastung durch zivilrechtliche Vereinbarungen zu minimieren. Durch die Verlagerung der Einkunftserzielung auf Angehörige mit keinem oder nur einem geringen Einkommen wird die Ausnutzung von Individualfreibeträgen und/oder die Kappung der Steuerprogression beabsichtigt. Rspr und FinVerw stehen derartigen Gestaltungen äußerst skeptisch gegenüber. Das Motiv, Steuern zu sparen, ist allerdings noch kein ausreichender Grund, steuersparende Gestaltungen zwischen nahen Angehörigen nicht anzuerkennen. Grds steht es den Eltern frei, Einkunftsquellen auf ihre Kinder zu übertragen. Das Gestaltungsmotiv der Ersparnis von Steuern macht eine Gestaltung insb nicht missbräuchlich iSd § 42 AO, s BFH v 29.11.1982, BStBl II 1983, 272; BFH v 18.12.1990, BStBl II 1991, 911. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt nur dann vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem erstrebten Ziel – unangemessen, also ungewöhnlich ist, s Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 42 AO Rz 61ff. Sofern sich die Gestaltung iRd im BGB vorgesehenen Vertragstypen bewegt, liegt eine Unangemessenheit mE nicht vor.

 

Rn. 111

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Das BVerfG v 22.07.1970, BStBl II 1970, 652; BVerfG v 07.11.1995, BStBl II 1996, 34 (Oder-Konto), hat allerdings bestätigt, dass Rspr und FinVerw erhöhte Anforderungen an die Anerkennung von Rechtsbeziehungen zwischen Personen mit gleichlaufenden Interessen stellen dürfen (so auch BFH v 07.05.1996, BStBl II 1997, 196). Im Gegensatz zu einer fremden Person müssen nahe Angehörige die Ernsthaftigkeit und tatsächliche Durchführung ihrer Vereinbarungen nachweisen. Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen setzt voraus, dass die Verträge in rechtlich wirksamer Weise zustande kommen und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen fremden Dritten Üblichen entspricht (sog Fremdvergleich, BFH v 18.12.1990, BStBl II 1991, 391; BFH v 10.10.1991, BStBl II 1992, 239; BFH v 12.02.1992, BStBl II 1992, 468; BFH v 29.04.2014, BStBl II 2014, 986).

 

Rn. 112

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Als Beweis für die Ernsthaftigkeit wird die zivilrechtliche Wirksamkeit und Üblichkeit der getroffenen Vereinbarungen verlangt. Das BMF v 23.12.2010, BStBl I 2011, 37 hat ausführlich zur steuerrechtlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen Stellung genommen. Nach Rz 2 und 9führt die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse nicht alleine und ausnahmslos dazu, das Vertragsverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Darlehensvertrages ist jedoch ein besonderes Indiz gegen den vertraglichen Bindungswillen der Vertragsbeteiligten, das zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung führen kann (BFH v 07.06.2006, BStBl II 2007, 294; BFH v 12.05.2009, BStBl II 2011, 24).

Die Indizwirkung wird nach BFH v 12.05.2009, BStBl II 2011, 24 verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften, insb bei klarer Zivilrechtslage, angelastet werden kann. Die Vertragspartner können aber darlegen und nachweisen, dass sie zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln an der zivilrechtlichen Wirksamkeit alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen, und dass ihnen die Unwirksamkeit nicht anzulasten ist. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn sich die Formvorschriften nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern nur im Wege der erweiternden Auslegung oder des Analogieschlusses ergeben, sich diese Auslegung oder Analogie nicht aufdrängt und keine veröffentlichte Rspr oder allg zugängliche Literatur existiert (BFH v 04.11.1997, BStBl II 1999, 386). In diesem Fall ist der Darlehensvertrag von Anfang an steuerrechtlich anzuerkennen.

Bei Verträgen zwischen Eltern und geschäftsunfähigen Kindern (§ 104 Nr 1 BGB: Kinder unter 7 Jahren) war früher die Einschaltung eines Ergänzungspflegers zwingend erforderlich. Sind die Kinder beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB), muss ein Ergänzungspfleger hinzugezogen werden, sofern den Kindern nicht nur ein Vorteil gewährt wird, BFH v 13.05.1980, BStBl II 1981, 297. Sofern den Kindern durch die Vereinbarung keine Nachteile entstehen, verlangt die FinVerw lediglich eine Bestätigung des Vormundschaftsgerichts, dass die Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht erforderlich ist.

Für die steuerliche Anerkennung der Vereinbarungen genügt es, dass die Genehmigung unverzüglich nach Abschluss des Vertrages beantragt und in einer dem gerichtlichen Geschäftsgang angemessenen Frist erteilt worden ist, BFH v 01.02.1973, BStBl II 1973, 307; BFH v 22.06.2017, BFH/NV 2018, 265. Nach dem Urt des BGH v 27.09.1972, BGHZ 59, 236, 240, ist auch für Kinder unter 7 Jahren, denen ausschließlich ein Vorteil zugewendet wird, nun ebenfalls nur noch eine Bestätigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich, wonach ei...

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