Rn. 637

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Ein selbstständiger Teil des Vermögens liegt vor bei einer abgeschlossenen mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteten Organisationseinheit, mit deren Hilfe von der übrigen freiberuflichen Tätigkeit abgrenzbare freiberufliche Leistungen am Markt angeboten und erbracht werden (BFH BStBl II 1990, 373; 1994, 352; 1995, 403; 1996, 409; BFH v 30.10.2008, VIII B 172/07 nv). Dieses Verständnis beruht auf einer entsprechenden Anwendung der begrifflichen Voraussetzung des gewerblichen Teilbetriebs iSd § 16 Abs 1 Nr 1 EStG (GrS BFH BStBl II 2000, 123 unter C.V.1.a.).

Die bisherige Rspr hat hierzu – nach neuerer Diktion nur indiziell – zwei Fallgruppen unterschieden:

(1) gleichartige Tätigkeiten in örtlich bzw organisatorisch abgegrenzten Bereichen (s Rn 638) und
(2) wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit den zugehörigen unterschiedlichen Kunden-/Patientenkreisen (BFH BStBl III 1964, 102; BStBl II 1978, 562; 1993, 182; 2003, 838; BFH/NV 2005, 31; 2005, 208; 2008, 559). Innerbetriebliche Organisationseinheiten, die nicht selbst am Markt durch Leistungsangebote tätig werden (einheitlicher Mandantenstamm), können kein selbstständiger Teil eines Vermögens iSd Vorschrift sein (BFH BStBl II 1975, 661; 1975, 732; 2000, 297; FG Münster v 04.07.2014, 4 K 2898/12 F). Wegen seiner Bedeutung für den Gesamtbetrieb steht ein einheitlicher Mandantenstamm der Annahme einer selbstständigen Lebensfähigkeit der betreffenden Organisationseinheit entgegen (hierzu FG Mchn EFG 2019, 615: Ärztin für Allgemeinmedizin und Prüfärztin, Rev VIII R 36/18).

Die neuere Rspr anerkennt – wohl auch nur indiziell – eine dritte Fallgruppe:

(3) Veräußert der Freiberufler eine als selbstständige erworbene und als solche weitergeführte Teilkanzlei, soll es auf die räumliche Trennung nicht ankommen, wenn die Selbstständigkeit der Teilkanzlei organisatorisch nicht durch eingliedernde Maßnahmen aufgegeben worden ist – und zwar auch dann, wenn diese Grundvoraussetzung insofern nicht zutrifft, als "freie Kapazitäten" in dem jeweils anderen Büro genutzt worden sind und für die hinzuerworbenen Mandate "eine eindeutige Zuordnung nicht möglich" sei (BFH BStBl II 2012, 777; hierzu Siebenhüter, EStB 2012, 358; Moritz, AktStR 2012, 531; Fuhrmann, NWB 2012, 3600; Gierlich, SAM 2013, 4; Eich, BeSt 2013, 7; kritisch Kempermann, FR 2013, 80).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge