Rn. 125

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Der selbstständigen Berufstätigkeit in einem Katalogberuf werden nur berufstypische Tätigkeiten zugeordnet, die dem Berufsbild eines der in § 18 Abs 1 Nr 1 EStG aufgeführten Berufe entsprechen (BFH BStBl III 1961, 210; BStBl II 1986, 213; 1987, 147; 1989, 24; 1989, 797; 1990, 534; 1992, 826; 2002, 202; BFH/NV 1991, 132; 1991, 435).

 

Rn. 126

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Der Katalog des § 18 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG umfasst – bedingt durch die Rechtsentwicklung – durchaus heterogene Berufe unter dem Oberbegriff "freiberufliche Tätigkeit". Hierzu wird von der hM in Rspr und Literatur angemerkt, dass sie sich nicht auf einen tragenden Gesichtspunkt zurückführen ließen (zB BFH BStBl II 1971, 319; BVerfG BStBl II 1978, 125; zu Abgrenzungsfragen Schwendy/Wagner/Dau, LSW 4/131, 1–24). Die Rspr hat in Konsequenz zu dieser Auffassung bislang einen Typusbegriff nicht entwickelt, sondern vielmehr das Fehlen von Gemeinsamkeiten betont (BVerfG BStBl II 1978, 125; zur prinzipiell fehlenden Eignung Florstedt, StuW 2007, 314; kritisch Hey in Tipke/Lang, § 8 Rz 425 f, 23. Aufl; Korn, DStR 1995, 1249; Korn, StbKongrRep 1995, 143, 144). Das muss in seiner Allgemeinheit jedoch bezweifelt werden. Wäre dem so, dürfte der betreffende Beruf nicht freier Beruf/Katalogberuf sein. Das Verbindende ergibt sich aber aus der allg Charakterisierung der freien Berufe (insb s Rn 63ff). Da sich aber eine Vielzahl weiterer Berufe denken lässt, die jene Charakteristika aufweisen, muss der Freiberufskatalog als nur von lobbyistischen Interessen geprägtes, willkürliches und unsystematisches Sammelsurium von Berufen angesehen werden.

Immerhin lassen sich die in der Vorschrift aufgezählten Berufe wie folgt zusammenfassen:

  • Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten), s Rn 150–164;
  • rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe (RA, Notare, Patentanwälte, WP, StB, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte), s Rn 170–190;
  • naturwissenschaftlich orientierte Berufe (Vermessungsingenieure, Ingenieure, Handelschemiker, Architekten), s Rn 196–209;
  • Vermittler von geistigen Gütern und Informationen (Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer), s Rn 214–228;
  • Lotsen, s Rn 231–233.
 

Rn. 126a

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die Auslegung des § 18 Abs 1 Nr 1 EStG ergibt, dass der Berufsträger die Berufstätigkeit als Katalogberufler ausübt. Die die Berufstätigkeit ausübende Person muss sämtliche, den Katalogberuf kennzeichnende Merkmale erfüllen, insb nach den – außersteuerrechtlichen – Rechtsvorschriften zur Ausübung des Berufes, und zum Tragen der Berufsbezeichnung berechtigt sein (BFH BStBl II 1981, 118; 1987, 116; Kupfer, KÖSDI 1990, 8066, 8071; Stahl, Anm StRK EStG 74 § 18 R 508). Der Betreffende muss also selbst RA, Arzt usw sein. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu den den Katalogberufen ähnlichen Berufen (s Rn 128 ff; BFH BStBl II 1981, 118; 1981, 121; 1987, 116 betreffend Ingenieure; BFH BStBl II 1982, 492 betreffend Architekt; BFH BStBl II 1990, 64).

Da das Gesetz die Berufsmerkmale nicht selbst definiert, müssen sie, ausgehend vom Wortsinn, dem Sprachgebrauch und der Verkehrsanschauung, durch Auslegung ermittelt werden. Hilfen geben die Stellungnahmen der Berufsverbände und der Wirtschafts- und Fachorganisationen sowie vor allem die berufsrechtlichen Regelungen (BFH BStBl II 1981, 118; 1981, 121; 1982, 482; Wolff-Diepenbrock, DStZ 1981, 393).

 

Rn. 126b

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Weitere Voraussetzung ist die Übereinstimmung der jeweiligen Tätigkeit mit dem entsprechenden Berufsbild. Die Zugehörigkeit zu einem der Katalogberufe reicht allein nicht aus. Vielmehr muss der Berufsangehörige eine Tätigkeit ausüben, die für den jeweiligen Katalogberuf typisch, dh charakterisierend und ihm vorbehalten ist (vgl BFH BStBl II 1990, 534; 2002, 202; 1997, 567; 2003, 761 mwN; BFH BFH/NV 2000, 424; 2013, 368). Es genügt auch nicht die Vereinbarkeit der Tätigkeit mit dem Katalogberuf (vgl zudem BFH BStBl II 1984, 129; 1989, 797; hierzu Schick, NJW 1991, 1328, 1332).

Gegen die Vorbehaltsverknüpfung mE zu Unrecht Demuth, EStB 2010, 187. Als RA, StB tätig ist nicht derjenige, der die Kern- bzw Vorbehaltsaufgaben des Berufs (Rechtsberatung, -vertretung; Hilfeleistung in Steuersachen) nicht wahrnimmt. Vorbehaltsverknüpfung geht jedoch nicht so weit, dass der Katalogberuf auf dem-(selben) Spezialgebiet ausgeübt wird, in dem der StPfl seine Qualifikation erworben hat: der Ingenieur der Holztechnik ist auch im Bereich der Datenverarbeitung als Ingenieur tätig (FG Bbg EFG 2013, 1060).

Der Inhalt und die Konturen des jeweiligen Berufsbildes ergeben sich naturgemäß nicht aus einkommensteuerrechtlichen Vorschriften, sondern aus außersteuerrechtlichen Vorschriften bzw einem sich in der Verkehrsanschauung gebildeten Vorverständnis, das bei der Auslegung und Subsumtion zugrundzulegen ist. So wird etwa ein Sachverständiger als Freiberufler tätig, wenn derartige Gutachten zum ...

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