Rn. 259

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Der Tatbestand der Veräußerung des § 17 EStG wird mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums verwirklicht. Dieser Zeitpunkt muss aber nicht mit dem Zeitpunkt der Bezahlung übereinstimmen, woraus sich nachträgliche Veränderungen ergeben können. So kann die Kaufpreisforderung durch Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers, beispielsweise aufgrund einer Insolvenz, uneinbringbar geworden sein, was den Veräußerungspreis entsprechend mindert (BFH vom 21.12.1993, VIII E 69/88, BStBl II 1994, 648). Auch eine teilweise Uneinbringlichkeit führt zu einer Korrektur über § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO.

 

Rn. 260

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Kein rückwirkendes Ereignis liegt jedoch vor, wenn die Gegenleistung bei einer Anteilsveräußerung in der Abtretung einer Forderung besteht und diese nach dem Veräußerungszeitpunkt nicht mehr werthaltig ist. Besteht die tatsächlich erhaltene Gegenleistung nicht in Geld, sondern in Sachgütern, ist der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns anzusetzen (BFH 06.12.2016, IX R 7/16, BFH/NV 2017, 724; s Rn 179). Nachträgliche Forderungsausfälle können sich allenfalls über § 20 EStG auswirken (s Rn 225).

 

Rn. 261

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

In der Praxis ist es nicht unüblich, dass im Kaufvertrag neben einem fixen Kaufpreis auch noch ein variabler Kaufpreisbestandteil verankert ist, dessen Auszahlung und Höhe an den Eintritt bestimmter Bedingungen geknüpft ist. Dabei handelt es sich oft um sog Kaufpreisanpassungsklauseln (Earn Out), (Pung/Werner in D/P/M, § 17 EStG Rz 389). Bei variablen Kaufpreisbestandteilen handelt es sich oft um einen gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreis. Für die Behandlung dieser variablen Kaufpreisbestandteile besteht keine einhellige Auffassung.

Die wohl hM differenziert zwischen von vornherein vereinbarten und nachträglich ausgehandelten Entgelten. Beruht die nachträgliche Zahlung auf einer im ursprünglichen Kaufvertrag angelegten aufschiebenden Bedingung, sind diese Einnahmen als rückwirkendes Ereignis anzusehen. Wird die ursprüngliche Vereinbarung hingegen aufgehoben und neu vereinbart, so liegt kein rückwirkendes Ereignis vor (Fertig, Ubg 2014, 98 mwN).

 

Rn. 261a

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Aber auch für den Fall einer im vornherein vereinbarten variablen (umsatzabhängigen) Kaufpreiskomponente hat der BFH, entgegen der hM, entschieden, dass insoweit keine nachträgliche Änderung des Kaufpreises vorliegt (BFH vom 19.12.2018, I R 71/16, BStBl II 2019, 493). Zwar seien die Earn-out-Zahlungen weiterhin als Veräußerungsgewinn (und nicht als nachträgliche Einkünfte) zu behandeln (somit auch Anwendung des Teileinkünfteverfahrens). Die Besteuerung erfolge insoweit aber nicht im Jahr der Veräußerung, sondern im Jahr des Zuflusses. Begründet wird dies damit, dass der Anspruch auf die variable Kaufpreiskomponente zivilrechtlich noch nicht im Jahr der Veräußerung entstanden sei. Es wurde damit nur ein Rückgriff auf die Merkmale des Veräußerungsgewinns vorgenommen, eine materiell-rechtliche Rückwirkung durch Erfassung in einem vorherigen VZ blieb jedoch aus.

Zu begrüßen ist, dass nun höchstrichterlich entschieden wurde, dass auch für ausschließlich umsatz- und/oder gewinnabhängige Kaufpreiskomponenten ein Veräußerungsgewinn entsteht, damit ist die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gesichert (vgl zum damaligen Streitstand Ettinger/Schmitz, GmbHR 2016, 966 (972) mwN). Allerdings kann die Versteuerung im Jahr des Zuflusses auch zu Verwerfungen führen, etwa, wenn im Jahr des Zuflusses eine andere Rechtslage gilt oder beim StPfl Änderungen eingetreten sind (mit Beispielen Geiger/Kurrle, Ubg 2019, 495 (499ff)). Ferner ist die Entscheidung des BFH vom 19.12.2018, aaO, zu einem §-8b-KStG-Sachverhalt ergangen. In einschlägigen Fällen sollte daher nach wie vor vorab eine verbindliche Auskunft bei der FinVerw eingeholt werden.

 

Rn. 262

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Sog Steuerklauseln in Unternehmenskaufverträgen stellen regelmäßig ein rückwirkendes Ereignis dar. Dabei ist es unerheblich, ob die Steuerklauseln als echte auflösende Bedingung oder als unechte Gegenwartsbedingung zu qualifizieren sind. Ausschlaggebend ist, dass die vereinbarte Bedingung eintritt und das betroffene Rechtsgeschäft auch tatsächlich rückabgewickelt wird (Welzer, DStR 2016, 1393; Bahns, Ubg 2008, 762).

 

Rn. 263

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Werden die Anteile gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, gilt ein – gemessen an der durchschnittlichen Lebenserwartung gemäß Sterbetafel – vorzeitiges Versterben des Veräußerers nicht als rückwirkendes Ereignis (BFH vom 09.02.1994, IX R 110/90, BStBl II 1995, 47; BFH vom 20.11.2012, IX R 34/12, BStBl II 2013, 378; FG BdW vom 28.04.2010, 3 K 5794/08, EFG 2010, 2009). Der Wert der Gegenleistung für den Erwerb besteht in diesen Fällen in einer auf Lebenszeit des Veräußerers zugesagten dauernden Last (Kapitalwert). Das von den Vertragsparteien eingegangene Wagnis besteht darin, dass erst der Zeitpunkt des Ablebens des Verä...

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