Rn. 150

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Die unentgeltliche Übertragung von Anteilen ist keine Veräußerung iSd § 17 Abs 1 EStG (zum Erwerb vom Rechtsvorgänger s Rn 116f). Unentgeltlichkeit ist gegeben, wenn die Anteilsübertragung beim Empfänger zu einer Bereicherung führen soll (BFH vom 05.03.1991, VIII R 163/86, BStBl II 1991, 630). Entscheidend sind die Vorstellungen der Beteiligten, sofern objektive Umstände diesbezüglich einen Rückschluss zulassen. Stehen Leistung und Gegenleistung nicht in einem Missverhältnis zueinander, so ist bei fremden Personen im Rahmen einer widerlegbaren Vermutung von der Entgeltlichkeit des Geschäfts auszugehen (BFH vom 21.10.199, I R 43–44/98, BStBl II 2000, 424, 427).

Bei teilentgeltlicher Übertragung ist nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert der übertragenen Anteile in eine voll entgeltliche und eine voll unentgeltliche Übertragung aufzuteilen (BFH vom 17.07.1980, IV R 15/76, BStBl II 1981, 11). Hinsichtlich des entgeltlichen Anteils liegt eine Anteilsveräußerung iSd § 17 EStG vor. Wann eine Teilentgeltlichkeit gegeben ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Vereinbarung eines unüblich niedrigen Kaufpreises steht aber auch bei nahen Angehörigen der Annahme einer teilentgeltlichen Übertragung nicht entgegen; in einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der Anteil an der KapGes zum Teil entgeltlich und zum anderen Teil unentgeltlich übertragen worden ist (BFH vom 01.03.2005, VIII R 25/02, BStBl II 2005, 436).

Wird ein wertloser Anteil ohne Entgelt übertragen, ist dies keine unentgeltliche Übertragung, sondern regelmäßig eine Veräußerung iSd § 17 EStG, sofern auf die Gegenleistung nur wegen der Wertlosigkeit des Anteils verzichtet wurde, also die Beteiligten sich wie Kaufleute verhalten haben und deshalb keine Schenkung beabsichtigt war (BFH vom 05.03.1991, VIII R 163/86, BStBl II 1991, 630; BFH vom 04.08.2008, IX B 85/08 nv). Die Übertragung objektiv wertloser Anteile auf einen nahen Angehörigen für EUR 0 ist nicht als wie unter fremden Dritten üblich vereinbart und durchgeführt anzuerkennen, wenn weder ein Vermögensstatus über die exakte Vermögenslage der KapGes erstellt wurde noch Absprachen über verbleibende Risiken (zB Steuernachzahlungen aus einer Bp) und die verdeckten Werte der Gesellschaft (Verlustvortrag) getroffen wurden (FG Sa vom 24.05.2005, 1 K 25/01, NWB 2005, 5).

a) Erbfall und Erbauseinandersetzung

 

Rn. 151

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Eine wesentliche Beteiligung ist steuerlich nicht der Erbengemeinschaft als solcher, sondern nach der Bruchteilsbetrachtung gemäß § 39 Abs 2 Nr 2 AO anteilig den Miterben zuzurechnen (vgl BMF vom 11.01.1993, BStBl I 1993, 62, Tz 28, idF von BMF vom 05.12.2002, BStBl I 2002, 1392). Abweichend von seiner früheren Rspr sieht der BFH zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung für die Einkommensbesteuerung keine rechtliche Einheit mehr (BFH vom 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, 847).

  • Setzen sich die einzelnen Miterben in einer Weise auseinander, dass ein Miterbe Alleineigentum an einer Beteiligung erhält, deren Wert seine Erbquote nicht übersteigt (Realteilung ohne Abfindung), so liegt eine unentgeltliche Anteilsübertragung vor (vgl BMF vom 11.01.1993, aaO, Tz 25ff).
  • Soweit der Wert einer Beteiligung die Erbquote übersteigt und der Übernehmer deswegen eine Abfindung an die anderen Miterben leistet (Realteilung mit Abfindung), liegt ein entgeltlicher Erwerb vor (BFH vom 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, 847; BMF vom 11.01.1993, aaO, Tz 23 ff mit Bsp).

b) Vermächtnis

 

Rn. 152

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Durch den Erbfall wird der Vermächtnisnehmer im Gegensatz zum Erben oder der Erbengemeinschaft nicht automatisch (Gesamthands-)Eigentümer des vermachten Gegenstandes. Das Vermächtnis begründet lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Vermächtnisnehmers gegenüber dem Erben auf Übertragung dieses vermachten Gegenstandes (§ 2173 BGB). Auch die Übertragung von Anteilen an einer KapGes vom Erben an den Vermächtnisnehmer ist grds als unentgeltlicher Vorgang zu werten, da der Erbe keine Gegenleistung vom Vermächtnisnehmer erhält.

Der BFH hat jedoch entschieden, dass der Erwerb durch Vermächtnis steuerrechtlich als entgeltlich zu beurteilen sein kann, wenn der Vermächtnisnehmer mit einem Untervermächtnis belastet ist und der Wert des vermächtnisweise zugewendeten Gegenstands einerseits und der Verpflichtung aus dem Untervermächtnis andererseits sich annähernd ausgleichen (BFH vom 13.11.2002, I R 110/00, BFH/NV 2003, 820). In diesem Fall waren Gesellschafter einer GmbH der Erblasser und die Tochter. Der Erblasser hatte die Tochter zur Alleinerbin eingesetzt und ein Vermächtnis zugunsten der GmbH ausgesetzt, wonach sie seine Anteile (AK = TDM 500) als eigene Anteile erwerben sollte. Als Untervermächtnis sollte die GmbH einen Betrag von DM 1 Mio an die Ehefrau des Erblassers zahlen. Bei bilanzieller Betrachtung würde das Vermächtnis für die GmbH zu einem Verlust führen, da die AK des Erblassers nur TDM 500 betragen haben, während die GmbH andererseits im Hinb...

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