Rn. 162

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Durch die Nähe der Einkünfte aus § 17 EStG zu den Gewinneinkünften (s Rn 1) erfolgt die Ermittlung der Einkünfte in Anlehnung an die §§ 4ff EStG. Entscheidend für die Entstehung des Gewinns iSd § 17 Abs 2 EStG ist der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nach § 4 Abs 1, § 5 EStG (BFH vom 07.03.1995, VIII R 29/93, BStBl II 1995, 693). Im Gegensatz zu § 4 Abs 1 EStG erfasst § 17 Abs 2 EStG allerdings keine Vermögensmehrung für jedes Wj, sondern nur einmalig bei der stichtagsbezogenen Gewinnrealisierung.

 

Rn. 163

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Dem tatsächlichen Veräußerungszeitpunkt kommt als Auslöser des Tatbestandsmerkmals des § 17 Abs 2 EStG eine entscheidende Bedeutung zu. Für selbigen ist das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft nicht maßgebend, sondern es kommt ausschließlich auf die tatsächliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums iRd Verfügungsgeschäftes an (BFH vom 20.07.2010, IX R 45/09, BStBl II 2010, 969; BFH vom 17.02.2004, VIII R 26/01, BStBl II 2004, 651; BFH vom 10.03.1988, IV R 126/85, BStBl II 1988, 832; BFH vom 07.11.1990, I R 154/85, BFHE 162, 432; BFH vom 08.12.1992, VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654; BFH vom 03.06.1993, VIII R 46/91, BFH/NV 1994, 364; BFH vom 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897; Gosch in Kirchhof/Seer, § 17 EStG Rz 62 (22. Aufl)).

Eine Vereinbarung des Inhalts, dass der Realisationszeitpunkt rückbezogen wird, ist nach allgemeinen Grundsätzen ausgeschlossen (Pung/Werner in D/P/M, § 17 EStG Rz 235).

 

Rn. 164

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Bei Übertragungen unter einer aufschiebenden Bedingung ist zu beachten, dass das wirtschaftliche Eigentum erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung übergeht, wenn der Eintritt nicht allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers abhängt (BFH vom 25.06.2008, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182 zu § 16 EStG). Allerdings reicht es nicht aus, dass das rechtliche Eigentum an den Anteilen übergegangen ist, wenn das wirtschaftliche Eigentum noch beim Veräußerer geblieben ist. Dies ist vor allem bei Übertragungen um den Jahreswechsel im Hinblick auf das Gewinnbezugsrecht zu beachten (BFH vom 09.10.2008, IX R 73/06, DStRE 2009, 313). S Rn 171 zur vorgezogenen Gewinnausschüttung.

 

Beispiel (in Anlehnung an BFH vom 09.10.2008, IX R 73/06, DStRE 2009, 313):

Erwerber E erwirbt mit notariellem Vertragsabschluss am 21.12.1998 alle Anteile an der X GmbH von Veräußerer V. In der Urkunde ist vereinbart, dass die Geschäftsanteile mit sofortiger und unmittelbarer dinglicher Wirkung an E übertragen und abgetreten werden. Auch der vereinbarte Kaufpreis wird noch in 1998 bezahlt. Allerdings haben die Parteien in der Urkunde auch vereinbart, dass das Gewinnbezugsrecht für das Jahr 1998 bei V verbleibt und E das Gewinnbezugsrecht ab dem 01.01.1999 zusteht.

Lösung:

Nach Auffassung des BFH ging das wirtschaftliche Eigentum nicht bereits in 1998, sondern erst in 1999 über, da das Gewinnbezugsrecht für das Jahr 1998 noch bei V war. Diesem stehe das Verbot der Abspaltung mitgliedschaftlicher Rechte (ua Gewinnbezugsrecht) von dem zivilrechtlichen Eigentum an einem GmbH-Anteil nicht entgegen. Folglich habe – entgegen den Annahmen der Beteiligten – keine Übertragung am Tage des notariellen Vertragsschlusses stattgefunden. Der Veräußerungsgewinn sei bei V nicht bereits in 1998, sondern erst in 1999 zu versteuern.

Die Parteien hätten demnach für eine Anteilsübertragung noch im Jahre 1998 vereinbaren müssen, dass das Gewinnbezugsrecht bereits dem Erwerber zusteht. Dies hätte entsprechend bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt werden können. Eine hiermit verbundene "Aufblähung" des Veräußerungsgewinns (und damit auch der AK des Erwerbes) könnte alternativ über eine Vorabausschüttung vor dem notariellen Vertragsabschluss vermieden werden (Korn/Strahl, KÖSDI 2009, 16 727; Mayer, DStR 2009, 674ff).

 

Rn. 165

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Ändern sich nach dem Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums eine oder mehrere der drei Gewinnermittlungsgrößen, sind diese nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO zu ändern (Schneider in K/S/M, § 17 EStG Rz C20). Das schließt alle vertraglichen Änderungen nach Vertragsabschluss mit ein.

Korrespondierend zur nachträglichen Herabsetzung stellt auch eine nachträgliche Erhöhung ein rückwirkendes Ereignis dar (BFH vom 27.09.1994, VIII B 21/94, BFH/NV 1995, 18). Eine nachträgliche Minderung kann nach vollständiger Abwicklung der Veräußerung zB in dem Fall eintreten, dass eine schuldrechtlich vereinbarte "Steuerklausel" greift (Bahns, Ubg 2008, 762).

Da das Zuflussprinzip keine Anwendung findet, ist auch der Zu- und Abfluss der einzelnen Komponenten für den Zeitpunkt der Besteuerung grundsätzlich irrelevant, so dass eine Stundung oder Ratenzahlung des Kaufpreises grds unerheblich ist (Ausnahme: wiederkehrende Zahlungen mit Versorgungscharakter, s Rn 168; Stundungsdauer größer als ein Jahr, s Rn 180). Wird hingegen ein gestundeter Kaufpreis wegen einer in einem späteren VZ geschlossenen Rücktrittsvereinbarung nicht mehr entrichtet...

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