Rn. 528

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Erhält der Veräußerer wiederkehrende Bezüge als Entgelt, steht ihm ein Wahlrecht bezüglich der Besteuerung zu, sofern die Bezüge wagnisbehaftet sind oder Versorgungszwecken dienen (FG Münster v 07.11.1996, 14 K 3699/94, DStRE 1998, 919). Für dieses Wahlrecht ist die Unterscheidung zwischen Kaufpreisraten einerseits und Veräußerungsrente andererseits also von erheblicher Bedeutung, da Kaufpreisraten regelmäßig nicht wagnisbehaftet sind (zu Ausnahmen s Rn 529; BFH v 19.05.1992, VIII R 37/90, BFH/NV 1993, 87).

Umgekehrt gilt für umsatz- oder gewinnabhängige Veräußerungsentgelte: Da es hier bereits an der Ermittelbarkeit eines für die Sofortbesteuerung erforderlichen Barwerts im Zeitpunkts des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums fehlt, ist die Besteuerung als nachträgliche BE nach §§ 15, 24 Nr 2 EStG zwingend (FG BBg v 01.03.2018, 12 K 15 284/15, EFG 2018, 1544).

Soweit wagnisbehaftete wiederkehrende Bezüge vorliegen, kann der StPfl zwischen der nach §§ 16 Abs 4, 34 EStG begünstigten Sofortbesteuerung im Zeitpunkt der Betriebs- bzw Mitunternehmeranteilsveräußerung oder einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung nachträglicher Einkünfte im Jahr des Zuflusses nach § 24 Nr 2 EStG iVm § 15 Abs 1 EStG wählen (BFH v 26.07.1984, IV R 137/82, BStBl II 1984, 829; FG He v 14.07.2016, 12 K 1197/15, DStR 2018, 6).

ha) Anwendungsbereich des Wahlrechts

 

Rn. 529

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Das Wahlrecht besteht dann, wenn die wiederkehrenden Bezüge wagnisbehaftet sind. Nach H 16 Abs 11 EStH 2018 gilt dabei Folgendes:

  • Soweit ein gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreis vereinbart ist, kommt ein Wahlrecht hierfür nicht in Betracht. Es kommt zwingend zur Besteuerung nachträglicher Einkünfte, soweit und sobald die Zahlungen den Wert des BV und evtl Veräußerungskosten übersteigen.
  • Bei Leibrenten kann der Veräußerer zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung wählen.
  • Gleiches gilt, wenn eine Zeitrente vereinbart ist, die

    • eine lange, nicht überschaubare Laufzeit aufweist und
    • auch der Versorgung des Veräußerers dient.

Kaufpreisraten lösen grundsätzlich kein Wahlrecht aus. Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Kaufpreisraten

  • für mehr als 10 Jahre vereinbart sind und
  • die Vereinbarung auch der Versorgung des Veräußerers dient.

hb) Begründung für/Rechtfertigung des Wahlrechts

 

Rn. 530

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Das gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehene Wahlrecht findet seine Rechtsgrundlage nach Auffassung des BFH in einer teleologischen Reduktion des zwingenden Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG im Verhältnis zu § 24 Nr 2 EStG und im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (BFH v 14.05.2002, VIII R 8/01, BStBl II 2002, 532; BFH v 10.07.1991, X R 79/90, BFHE 165, 75; BFH v 20.12.1988, VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630; BFH v 26.07.1984, IV R 137/82, BStBl II 1984, 829). Damit soll vor allem berücksichtigt werden, dass im Falle einer Leibrente zwar einerseits deren Barwert und damit der Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums feststeht, andererseits der – gemessen an der statistischen Wahrscheinlichkeit – vorzeitige Tod des Rentenberechtigten dazu führen kann, dass der Veräußerer Gewinne zu versteuern hat, die er tatsächlich niemals erzielt (BFH v 26.04.2018, III R 12/17, BFH/NV 2018, 948; BFH v 14.05.2002, VIII R 8/01, BStBl II 2002, 532), was gegen das Übermaßverbot verstoßen würde.

Im Ergebnis handelt es sich also um eine besondere Form der Billigkeitsregelung (FG SchlH v 27.05.2003, 5 K 140/01, EFG 2003, 1160; aA (keine Billigkeitsgründe, nur Rechtsgründe): Stahl in Korn, § 16 EStG Rz 188.1 (August 2012)).

hc) Erklärung/Ausübung Wahlrecht

 

Rn. 531

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Der Normalfall der Besteuerung ist die Sofortversteuerung. Wenn der Veräußerer die Zuflussbesteuerung in Anspruch nehmen möchte, muss er dies ausdrücklich und ordnungsgemäß erklären (BFH v 14.05.2002, VIII R 8/01, BStBl II 2002, 532; BFH v 12.05.1999, IV B 52/98, BFH/NV 1999, 1330; FG SchlH v 27.05.2003, 5 K 140/01, EFG 2003, 1160). Der Veräußerer soll die Erklärung iRd Veranlagung abgeben, es genügt aber, wie der BFH jetzt zu Recht festgestellt hat, wenn die Erklärung im Einspruchsverfahren abgegeben wird. Grundsätzlich kann die Erklärung so lange abgegeben werden, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist (BFH v 26.04.2018, III R 12/17, BFH/NV 2018, 948; offen noch BFH v 28.01.2009, X R 27/07, BFH/NV 2009, 630; Wacker in Schmidt, § 16 EStG (38. Aufl)).

Hat der StPfl sein Wahlrecht einmal ausgeübt., ist er hieran in den Folgejahren gebunden (BFH v 10.07.1991, X R 79/90, BFHE 165, 75; Wacker in Schmidt, § 16 EStG (38. Aufl)). Ob dies auch dann gilt, wenn die Laufzeit der Rente erheblich über das hinausgeht, was für die Bemessung des Barwerts im Falle der Sofortbesteuerung berücksichtigt worden wäre, hat der BFH ausdrücklich offengelassen (BFH v 16.08.1991, X B 7/91, BFH/NV 1991, 819). Die Wahl des StPfl wird jedoch gegenstandslos (mit Wirkung für die Zukunft), wenn der Restkaufpreis durch eine Einmalzahlung abgelöst wird (BFH v 10.07.1991, X R 79/90, BFHE 165, 75).

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