Rn. 21

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Die Veräußerung von BV iSd § 16 EStG stellt eine Lieferung gegen Entgelt dar, die grds einen umsatzsteuerbaren Vorgang darstellt. Inwieweit die Veräußerung umsatzsteuerbar ist, richtet sich nach den einzelnen veräußerten WG. Kann bzw muss die USt-Freiheit in Anspruch genommen werden, ist die Lieferung insoweit umsatzsteuerfrei. Ggf kommt für einzelne WG auch ein ermäßigter USt-Satz zur Anwendung (zB Lebensmittel oder Bücher als Lagerbestand des veräußerten Betriebs). Die USt (bzw USt-Freiheit) ist in der Rechnung iSd § 14 UStG auf die einzelnen WG aufzuschlüsseln.

 

Rn. 22

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Die anfallende USt kann von dem Erwerber dadurch an den Veräußerer gezahlt werden, dass der Erwerber den ihm zustehenden Anspruch aus der Vorsteuererstattung an den Veräußerer an Erfüllung statt oder erfüllungshalber abtritt. Zu beachten ist, dass der Vorsteuererstattungsanspruch durch eigene Umsätze des erworbenen Betriebs oder eines bereits vorhandenen Betriebs gemindert sein kann, nur der jeweilige Saldo aus der USt-Voranmeldung ist insoweit abtretbar, nicht die isoliert aus der Veräußerung resultierende Vorsteuer. Die Abtretung bedarf der Zustimmung des erstattenden FA (§ 46 AO). Durch die Abtretung erlischt die Steuerschuld des Veräußerers.

Im Regelfall wird die Betriebsveräußerung jedoch eine Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellen, die gem § 1 Abs 1a UStG nicht steuerbar ist (Bunjes/Robisch, § 1 UStG Rz 113ff; Sölch/Ringleb/Oelmaier, § 1 UStG Rz 172). Diese Regelung wurde aus Vereinfachungsgründen eingeführt. Sie hilft in der Praxis insb bei Veräußerungen, bei denen der Erwerber nicht oder nur beschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre und die anfallende USt eine endgültige Belastung darstellen würde (zB bei Kreditinstituten oder Unternehmen der Gesundheitsversorgung).

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt gem § 1 Abs 1a S 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Die Begriffe Unternehmen u gesondert geführter Betrieb iSd § 1 Abs 1a UStG entsprechen dabei grds den Begriffen Betrieb u Teilbetrieb iSd § 16 EStG, vgl Abschn 1.5 Abs 6 S 4 UStAE. Die Geschäftsveräußerung iSd § 1 Abs 1a UStG muss im Ganzen erfolgen. Erforderlich ist hierfür, dass die übertragenen Vermögensgegenstände als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglichen (BFH v 11.11.2009, BFH/NV 2010, 479). Nach Auffassung der Rspr müssen insoweit jedoch nicht sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen übereignet werden; es soll vielmehr auch ausreichend sein, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet, sondern nur langfristig zur Nutzung überlassen werden, sofern hierdurch die dauerhafte Fortführung des Unternehmens gewährleistet ist (EuGH v 10.11.2011, BStBl II 2012, 848; BFH v 23.08.2007, BStBl II 2008, 165; BFH v 28.11.2002, BStBl II 2004, 665; glA Sölch/Ringleb/Oelmaier, § 1 UStG Rz 183; aA Stadie, § 1 UStG Rz 143, welcher unter Heranziehung der zu § 16 EStG entwickelten Grundsätze eine Übereignung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen fordert).

 

Rn. 23

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Die Tatbestandsmerkmale Geschäftsveräußerung und Übereignung sind iRd § 1 Abs 1a UStG in einem wirtschaftlichen Sinne zu verstehen; gemeint ist die Übereignung der dem Unternehmen zugeordneten WG (Bunjes/Robisch, § 1 UStG Rz 120; Stadie, § 1 UStG Rz 131).

Offen ist, ob § 1 Abs 1a UStG auch dann zur Anwendung kommt, wenn zwar der Veräußerer einen Betrieb iSd § 16 EStG und damit einen Geschäftsbetrieb im Ganzen veräußert, der Erwerb aber durch zwei oder mehrere Personen (zB KapGes) erfolgt. Die Nichtsteuerbarkeit nach § 1 Abs 1a UStG dürfte in diesen Fällen jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn die den gesondert geführten Betrieb ausmachenden WG an unterschiedliche Erwerber veräußert werden und diese – einzeln betrachtet – das Unternehmen des Veräußerers nicht fortführen können (BFH v 04.02.2015, XI R 14/14, BFH/NV 2015, 1212).

 

Rn. 24

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Nach oft missverstandener Rspr stellt auch die Übertragung sämtlicher Anteile einer KapGes eine Geschäftsveräußerung im Ganzen iSd § 1 Abs 1a UStG dar, allerdings nur dann, wenn die Anteile zusammen mit einem Geschäftsbetrieb übertragen werden (EuGH v 29.10.2009, UR 2010, 107; BFH v 27.01.2011, BStBl II 2012, 68; EuGH v 30.05.2013, DStR 2013, 1166; FG Nbg v 02.05.2018, 2 K 309/16, EFG 2018, 1833 nrkr; Abschn 1.5 Abs 9 UStAE). Werden nur die Anteile übertragen, führt diese Übertragung nur zu steuerfreien Umsätzen gem § 4 Nr 8 Buchst f UStG (s Stadie, § 1 UStG Rz 132; zu § 4 Nr 8 Buchst f UStG auch Bunjes/Heidner, § 4 Nr 8 UStG Rz 43ff). Damit scheidet ein Vorsteuerabzug beim Erwerber aus, sofern Leistungen bezogen wurden, die im Zusammenhang mit der Veräußerung stehen (zB Notarkosten).

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