Rn. 125

Stand: EL 144 – ET: 07/2020

Für die Frage der "Modellhaftigkeit" entscheidet eine "wertende Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände" (BFH v 06.02.2014, IV R 59/10, BStBl II 2014, 465; BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017,700; BFH v 06.06.2019, IV R 7/16, BStBl II 2019, 513; FG Nds 9 K 139/13, BB-online BBL 2019–2070–6, Rev zugelassen).

Folgende Gesichtspunkte spielen dabei eine Rolle (ABC), die sich zT überschneiden und daher nicht scharf gegeneinander abgrenzbar sind:

Blindpool

Gemeint sind Gesellschaften/Gemeinschaften, bei denen das Investitionsobjekt zur Zeit des Beitritts noch nicht feststeht. Ausführlich dazu s Rn 144.

Bloß kapitalmäßige Beteiligung

Es spricht für die Annahme eines Steuerstundungsmodells, dass der Anleger vorrangig eine (bloß) kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt (BFH v 06.02.2014, IV R 59/10, BStBl II 2014, 465; BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Tz 7; Seeger in Schmidt, § 15b EStG Rz 10; kritisch dazu Brandtner/Lechner, BB 2007, 1922; Naujok, DStR 2007, 1601). Allerdrings distanziert sich der BFH v 06.02.2014, IV R 59/10, BStBl II 2014, 465 von der Ansicht der FinVerw (aaO Tz 7), wonach bei geschlossenen Fonds in Form einer PersGes, die ihren Anlegern in der Anfangsphase Verluste zuweist, idR ein Steuerstundungsmodell anzunehmen sei, auch wenn die Gesellschafter auf die Vertragsgestaltung Einfluss nehmen könnten.

Eigeninitiative

s "Einflussnahme"; s "Geschäftsführung"; s "Passivität des Anbieters"; s "Selbstgründer"

Einflussnahme

Gegen Modellhaftigkeit spricht mE, wenn der StPfl entscheidenden Einfluss auf einzelne Leistungen und deren Ausgestaltung nimmt, sei es von Beginn an oder unter Abänderung eines zunächst vorgefertigten Konzepts und das Konzept damit nicht nur unwesentlich mitbestimmt. Es fehlt dann an der Passivität, s "Passivität des Anbieters" bzw ist eine individuelle Investition (s "Individuelle Investition")

Geschäftsführung

Beteiligt sich der StPfl aktiv an der Geschäftsführung, spricht dies gegen eine Modellhaftigkeit (Hartrott/Raster, BB 2011, 343; Nacke, NWB 26/2014, 1939).

Individuelle Investition

Beruhen Investitionen nicht auf einem vorgefertigten Konzept, sondern auf individueller Gestaltung, sind sie nicht von § 15b EStG erfasst (auch nicht von § 42 AO, dazu s Rn 43; BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017, 700).

Inhaberschuldverschreibung

Zum Erwerb fremdfinanzierter Inhaberschuldverschreibung als Steuerstundungsmodell s FG He 7 K 739/15, NZG 2020, 160, Rev, Az des BFH VIII R 10/19.

Individueller Steuervorteil

Zum Steuersatzgefälle bei § 20 Abs 2b S 2 EStGRn 91c.

Keine Inlandsbeschränkung

Wird ein Fonds nicht nur auf das Inland beschränkt, obwohl der Steuervorteil nur von im Inland stpfl Anlegern erzielt werden kann, ist dies nach dem BFH v 28.6.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144 ein Indiz gegen ein Steuerstundungsmodell. Auch s Rn 132 zu Auslandsfonds.

Keine Verluste vorgesehen

Wer nicht steuerliche Vorteile durch negative Einkünfte erzielen will (§ 15b Abs 2 S 1 EStG; Hartrott/Raster, BB 2011, 343), fällt nicht unter § 15b EStG. Wenn also lt Konzept in keinem Jahr steuerliche Verluste vorgesehen sind und auch nicht mündlich oder anhand anderer Unterlagen solche in Aussicht gestellt werden, ist daher davon auszugehen, dass kein Steuerstundungsmodell vorliegt (BFH v 06.02.2014, IV R 59/10, BStBl II 2014, 465). Auch s Rn 136f.

Leistungsbündel

(1) Die FinVerw sieht als charakteristisch für eine modellhafte Gestaltung eine Bündelung von Verträgen und/oder Leistungen durch den Anbieter (BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Tz 8 spricht von "gleichgerichteten Leistungsbeziehungen, die im Wesentlichen identisch sind"). Gemeint ist die Bereitstellung eines Bündels an Haupt-, Zusatz- und Nebenleistungen (BMF aaO Tz 11; glA Gragert, NWB 39/2007, 3413). Wird den Anlegern neben der Hauptleistung ein Bündel von Neben- oder Zusatzleistungen gegen besonderes Entgelt angeboten, verzichtet ein Teil der Anleger jedoch darauf, so sollen nach BMF aaO Tz 8 unterschiedliche Vertragskonstruktionen vorliegen, die jeweils gesondert auf ihre Modellhaftigkeit geprüft werden müssen (anlegerbezogene Betrachtungsweise, s Gragert, NWB 39/2007, 3413).
(2) Der BFH (BFH v 06.02.2014, IV R 59/10 BStBl II 2014, 465, ebenso BFH v 28.06.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144) distanziert sich zwar einerseits vom Erfordernis der gleichgerichteten Leistungsbeziehungen mit Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift, bejaht aber als Charakteristikum die Bündelung von Verträgen und/oder (Zusatz-/Neben-)Leistungen durch den Anbieter/Modellinitiator. Worin hier der Unterschied zur Ansicht der FinVerw im Endergebnis liegen soll, will nicht recht einleuchten.

Negative Einkünfte

"Negative Einkünfte" müssen nach § 15b Abs 2 S 2 EStG nur "ermöglicht" werden, dh, sie müssen nicht im Vordergrund stehen (BFH v 06.02.2014, IV R 59/10 BStBl II 2014, 465; BFH v 06.06.2019, IV R 7/16, BStBl II 2019, 513). Gemeint sind damit negative Einkünft...

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