Stollwerk, Neue Schranken der Verlustverrechnung durch § 15b EStG für die mittelständische GmbH & Co KG?, GmbH-StB 2006, 333.

Verwaltungsanweisungen:

BMF vom 17.07.2007, BStBl I 2007, 542, Tz 23 (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen).

 

Rn. 5b

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Vorab auch Hinweis auf s § 15b Rn 16 (Handzik).

Mit dem Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22.12.2005, BGBl I 2005, 3682, wurde § 15b EStG bei gleichzeitiger Streichung von § 2b EStG eingefügt.

Wegen Historie und Zielsetzung aller Bemühungen zur Einschränkung von Verlustverrechnungen vorstehend s Rn 2–4.

Nach § 15b Abs 1 S 3 EStG geht § 15b EStG dem § 15a EStG vor. Erst wenn § 15b EStG nicht anwendbar ist (zB wegen § 15b Abs 3 EStG: prognostizierte Anfangsverluste nicht > 10 % der Pflichteinlage nach Konzept oder kein "Steuerstundungsmodell" vorliegt, kommt § 15a EStG zur Anwendung. Sind modellhaft Sonder-BA (zB bei Finanzierung der Einlage) vorgesehen, ist, anders als bei § 15a EStG (s Rn 12), auch das Sonder-BV Bestandteil des Steuerstundungsmodells, sodass Sonder-BA im Zusammenhang mit dem Steuerstundungsmodell stehen und demnach auch Bestandteil der prognostizierten Verluste. Die modellhaften Sonder-BA sind in die Berechnung der Verlustgrenze einzubeziehen.

 

Beispiel (lt BMF vom 17.07.2007, aaO, Tz 18):

Anleger A beteiligt sich an einem Windkraftfonds mit 100 000 EUR. Das Konzept sieht eine 20 %ige Finanzierung der Einlage vor. Die restlichen 80 000 EUR erbringt A aus seinem Barvermögen. Die Verluste aus dem Gesamthandsvermögen betragen in der Anfangsphase 7 500 EUR, die modellhaften Zinsen für die Fremdfinanzierung (Sonder-BA) 1 500 EUR.

Der steuerliche Verlust des A beträgt insgesamt 9 000 EUR und liegt damit oberhalb von 10 % der aufzubringenden Einlage (80 000 EUR). Die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG ist anzuwenden.

Die mittelständische GmbH & Co KG ist weder nach dem Wortlaut des § 15b EStG noch der Gesetzesbegründung dazu (BT-Drucks 16/107 vom 29.11.2005) von der Verlustbeschränkung des § 15b EStG ausgenommen. Auch das Anwendungsschreiben zum ehemaligen § 2b EStG lässt die grundsätzliche Einbeziehung der mittelständischen GmbH & Co KG in § 15b EStG erkennen (s BMF vom 22.08.2001, BStBl I 2001, 588 Tz 9). Für die Anwendung von § 15b EStG ist es nicht Voraussetzung, dass es sich um eine betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvolle Investition handelt, auch das bezieht mittelständische GmbH & Co KG in den Anwendungsbereich ein: BFH vom 06.06.2019, BStBl II 2019, 513 Rz 28. § 15b EStG übernimmt für den Spezialfall modellhafter Gestaltung (s nachfolgend) mit normierten Anfangsverlusten den ursprünglichen Zweck des § 15a EStG, so dass § 15a EStG nach der ursprünglichen Wertung – Bekämpfung von Verlustzuweisungsgesellschaften – seinen Sinn weitgehend verloren hat (auch s Jahn-Dorf/Reis, FR 2007, 424, 426).

Ein Steuerstundungsmodell iSv § 15b Abs 1 S 1 und Abs 2 EStG kann auch vorliegen, wenn die prognostizierten Verluste auf gesetzlichen Abschreibungsmethoden (degressive AfA, Sonderabschreibungen) beruhen: BFH vom 06.06.2019, BStBl II 2019, 513.

§ 15b EStG zielt in erster Linie auf sog "Steuerstundungsmodelle" in Form einer "modellhaften Gestaltung", mit deren Hilfe planmäßig negative Einkünfte erzielt werden sollen. § 15b Abs 2 S 2 EStG stellt auf ein "vorgefertigtes Konzept" ab, dh gerade nicht ein von dem StPfl auf eigene Initiative hin entwickeltes unternehmerisches Konzept, so dass Existenzgründer wohl nicht betroffen sind (so auch die Gesetzesbegründung).

Nach Lüdicke/Naujock, DB 2006, 744, 746 muss das Konzept "von außen herangetragen" worden sein. Nicht verlassen sollte man sich darauf, dass schon die Erfüllung von Aktivitäten iSd Mindestanforderungen für das Vorliegen von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko (s § 15 Rn 23dff (Bitz)) zum Ausschluss von § 15b EStG führt. Diese Mindestvoraussetzungen lassen gewerbliche Einkünfte, die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 15b EStG sind, überhaupt erst entstehen. Verwiesen sei auf s § 15 Rn 23e zu (2) (Bitz): um § 15b EStG ausschließen zu können, müsste eine Beteiligung an allen maßgeblichen Entscheidungen des Unternehmens der GmbH & Co KG gegeben sein: so auch Stollenberg, GmbH-StB 2006, 333, 335. Er weist zu Recht darauf hin, dass hiermit letztlich die "Machtfrage" angesprochen ist. Ob allerdings unter diesem Aspekt auch minderjährige Kinder einer typischen gewerblich tätigen mittelständischen GmbH & Co KG wegen ihrer eher passiven Rolle unter § 15b EStG fallen, ist doch sehr zu bezweifeln, weil hier ein vorgefertigtes "Verlustkonzept" idR nicht vorliegen wird, vielmehr die typische mittelständische Familien-GmbH & Co KG Gewinne anstrebt (auch s Rn 60).

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