Rn. 54

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto gemäß § 167 Abs 3 HGB ohne Ausgleichsverpflichtung aus der KG aus und geht das negative Kapitalkonto entgeltlich auf einen oder alle bisherigen Gesellschafter nach § 738 BGB mit zusätzlicher Abfindung oder an Dritte gegen ein zusätzliches Entgelt, entsteht beim ausscheidenden Kommanditisten ein nach den §§ 16, 34 EStG begünstigter Veräußerungsgewinn: Im Einzelnen und zur Berechnungsweise s Rn 50.

Die Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG gelten auch für den Teil des negativen Kapitalkontos, der durch steuerlich wirksame Verlustanteile wegen überschießender Außenhaftung gemäß § 15a Abs 1 S 2 und 3 EStG entstanden ist (so zu Recht Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 217, 39. Aufl, weil zwar insoweit eine Haftungsminderung iSv § 15a Abs 3 EStG vorliegt, die als solche zu einem laufenden Gewinn führen würde, an die Stelle des Veräußerers aber die Haftung des Erwerbers tritt; glA Biergans, DStR 1981, 3, 14; aA Kudrass, BB 1986, 637, 638).

Der oder die Übernehmer des Anteils haben in Höhe des negativen Kapitalkontos zzgl einer evtl darüber hinaus gezahlten Abfindung AK für die erworbenen Anteile an den stillen Reserven in den entsprechenden Einzel-WG des Gesellschaftsvermögens bzw für einen anteiligen Firmenwert der Gesellschaft in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren (BFH BStBl II 1994, 745; 1981, 795) oder bei darüber hinausgehenden AK einen aktiven Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz (so BFH vom 01.03.2018, BStBl II 2018, 527 Rz 29 oder mE zutreffend einen außerbilanziellen Merkposten zu bilden (zum Merkposten s § 15 Rn 64 zu (1) (b) Beispiel (Bitz) analog). Die außerbilanzielle "Merkposten"-Version scheint mir systemgerecht, da eine Ergänzungs-"Bilanz" sich nur auf aktivierbare Einzel-WG oder den derivativen Geschäftswert erstrecken kann (zwangsweise Verrechnung von Ausgleichs- oder Merkposten gegen künftige Anteilsgewinne, s BFH vom 01.03.2018, aaO; BFH vom 08.03.2017, BFH/NV 2017, 1306 Rz 18; ebenso FG D'dorf vom 17.04.2018, EFG 2018, 1113 rkr).

Außer bei einer als Sonder-BA zu behandelnden Fehlmaßnahme scheint mir aber ohnehin der Fall eines über den Firmenwert wesentlich hinausgehenden aktiven Ausgleichs- oder Merkpostens nicht von praktischer Bedeutung zu sein, wozu Hoffmann, BB 1995, 1397 zu Recht anmerkt, dass es aus der Ex-ante-Sicht des Erwerbenden zum Erwerbszeitpunkt keine Kosten einer Fehlmaßnahme, sondern nur AK geben kann und sich erst aus der Ex-post-Sicht eines Gutachters oder des Gerichtes der Erwerb als Fehlmaßnahme herausstellen kann, was zu einer nachträglichen Teilwertabschreibung führen würde, nicht aber zur Bildung eines Ausgleichs- oder Merkpostens. Wegen der Aktivierungspflicht entsteht bei dem/den Anteilerwerber/n somit kein sofort abzugsfähiger Verlust, sondern evtl künftige Gewinnanteile sind beim Erwerber durch zusätzliche Abschreibungen auf aktivierte Mehrwerte bzw den Firmenwert oder Verrechnung gegen den Ausgleichs- oder Merkposten zu vermindern, weil sie bereits beim Veräußerer als Veräußerungsgewinn versteuert wurden.

 

Beispiel (aus IDW, Beilage zu FN 10/1996 vor Rz 48, 468d):

A ist Kommanditist der X-KG. Er hat ein negatives Kapitalkonto bei der X-KG, das in früheren Jahren aufgrund hoher Sonderabschreibungen bei einer überschießenden Außenhaftung iHv 150 TEUR (geleistete Einlage 50 TEUR, Verlustvortragskonto 200 TEUR, im HR eingetragene Haftsumme 200 TEUR) entstanden ist. A veräußert seinen Kommanditanteil, wobei das negative Kapitalkonto auf B mit übergeht. Der Kaufpreis beträgt 350 TEUR.

Lösung:

Der Veräußerungsgewinn des A gemäß § 16 Abs 1 Nr 2 Abs 2 EStG setzt sich wie folgt zusammen (s R 15a Abs 6 S 1 EStR 2012):

 
  TEUR
Negatives Kapitalkonto (Verlustvortragskonto ./. geleistete Einlage) 150
zzgl Entgelt 350
Veräußerungsgewinn 500

Der Erwerber B hat AK für die Anteile an den WG des Gesellschaftsvermögens (s R 15a Abs 6 S 3 EStR 2012) in folgender Höhe:

 
  TEUR
Übernahme eines negativen Kapitalkontos 150
zzgl Entgelt 350
AK 500

Diese AK iHv TEUR 500 sind in vollem Umfang in einer positiven Ergänzungsbilanz (oder ggf in einem außerbilanziellen Merkposten dazu, s vorstehend) auszuweisen. Das Kapitalkonto in der Gesamthandsbilanz bleibt unverändert.

Bei Erwerb des negativen Kapitalkontos zu einem nur symbolischen Kaufpreis von 1 EUR ohne stille Reserven in WG des AV und ohne objektiv zum Erwerbszeitpunkt ermittelbaren Firmenwert s Rn 54 und s Beispiel in s § 15 Rn 64 Unterfall 1(b) (Bitz)).

Die Besteuerung des Veräußerungsgewinns aus der Auflösung eines negativen Kapitalkontos ist sachlich unbillig, wenn dieses durch Verluste entstanden ist, für die die Möglichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG nicht genutzt werden konnte (BFH BStBl II 1995, 297), oder durch Verluste aus gewerblicher Tierzucht, die sich wegen § 15 Abs 4 EStG nicht ausgewirkt haben (H 15a EStH 2018 "Auflösung des negativen Kapitalkontos"; BFH BStBl II 1996, 289).

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