Rn. 174a

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Der Begriff "persönlich haftende Gesellschafter" knüpft typisierend an die §§ 128, 161 Abs 1 HGB an und bedeutet idS unmittelbare Haftung für gesetzliche und rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten (s Rn 175) gegenüber den Gesellschaftsgläubigern mit dem gesamten Vermögen. Für die Frage, ob ein Gesellschafter iSd § 15 Abs 3 Nr 2 EStG unbeschränkt oder nur beschränkt haftet, ist nur auf das Gesellschaftsrecht abzustellen, individualvertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen sind nicht zu berücksichtigen: BFH v 22.09.2016, BStBl II 2017, 116 (idS handelt es sich deshalb bei Gesellschaftern einer GbR, einer OHG bzw beim Komplementär einer KG um persönlich haftende Gesellschafter, ohne dass die Haftung gesellschaftsrechtlich beschränkt oder ausgeschlossen werden könnte). Wegen der Sonderform der GmbH & Co GbR s Rn 175.

Eine gewerbliche Prägung ist bei einer GbR oder OHG somit ausgeschlossen, wenn nicht alle Gesellschafter KapGes (dazu s Rn 174a) sind.

Besondere Bedeutung ist den Folgen beizulegen, wenn der persönlich haftende Gesellschafter ausgetauscht wird, dh an die Stelle einer KapGes eine natürliche Person tritt bzw umgekehrt. Dabei ergibt sich die Chance (bei Wegfall der gewerblichen Prägung zum günstigen Zeitpunkt) bzw das Risiko eines Wechselbades zwischen Gewerblichkeit und Vermögensverwaltung, s nachfolgend die ersten beiden Spiegelstriche im Zusammenhang mit BFH v 22.02.2021, BFH/NV 2021, 1169 und s Rn 176b letzter Absatz.

 

Beispiele:

  • Einziger Komplementär einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen Immobilien-KG ist der Kaufmann K. Zum 31.12. scheidet K als Komplementär aus. An seine Stelle tritt die GmbH G.

    Mit dem Gesellschafterwechsel wird bei Erfüllung der übrigen Merkmals-Voraussetzungen eine gewerblich geprägte PersGes und damit BV begründet. Sämtliche WG sind mit den sich aus § 6 Abs 1 Nr 5 u 6 EStG ergebenden Werten betriebseröffnend einzubuchen.

  • Einziger Komplementär einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen Immobilien-GmbH & Co KG ist die GmbH G. Zum 31.12. scheidet die GmbH G als Komplementär aus. An ihre Stelle tritt der Kaufmann K. Mit dem Gesellschafterwechsel endet die Fiktion von der gewerblichen Prägung der PersGes.

    Analog zu den Konsequenzen bei willentlichem Wegfall der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung (BFH BStBl II 1984, 474; ferner s Rn 400) liegt eine Betriebsaufgabe mit stpfl Auflösung der stillen Reserven vor: BFH v 22.02.2021, BFH/NV 2021, 1169. Werden WG einer gewerblich geprägten PersGes wegen des Wegfalls der gewerblichen Prägung in das PV überführt und von der nunmehr vermögensverwaltenden PersGes weiterhin zur Erzielung von Einkünften aus VuV genutzt, sind als Bemessungsgrundlage für die AfA die gemeinen Werte der WG als fiktive AK anzusetzen. Im Urteilsfall zog das keine Gewinnrealisierung nach sich, weil die gemeinen Werte den durch die frühere Einlage zum Teilwert entstandenen Buchwerten entsprachen. Aber Vorsicht bei entsprechenden willentlichen Gestaltungen erhöhten AfA-Volumens wegen § 42 AO: Im Urteilsfall war die Entscheidung zugunsten einer "Entprägung" auf gewichtige und wirtschaftlich nachvollziehbare außersteuerliche Gründe zurückzuführen, die auch in den Akten dokumentiert waren.

  • Die A & C-GmbH & Co KG ist ausschließlich vermietend tätig. Komplementär ist die A-GmbH & Co KG, Kommanditist Herr C. Die A-GmbH & Co KG ist (teils) gewerblich tätig: Kommanditist ist Herr B.

    Die A & C-GmbH KG ist nach dem Gesetzeswortlaut keine gewerblich geprägte PersGes, da die gewerblich tätige A-GmbH & Co KG als Komplementärin wegen ihrer gewerblichen Tätigkeit selbst keine "gewerblich geprägte" PersGes und auch keine KapGes ist. Die gewerblichen Einkünfte der A-GmbH & Co KG sind anhand einer "Als-ob-Bilanz" zu ermitteln: s Rn 17.

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