Rn. 110

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Trotz aller Kritik hält der BFH an den Grundlagen des Beschlusses v 29.05.1972 (BFH BStBl II 1973, 5; s Rn 109) fest (IV Senat des BFH v 21.09.2000, BStBl II 2001, 299; BFH v 24.07.1986, BStBl II 1987, 54) und beschäftigt sich mit der praktischen Umsetzung. Eine Verfassungsbeschwerde war erfolglos (BVerfG HFR 1979, 388). Die StPfl haben sich somit auf die herrschende Rspr einzurichten.

Eine erste Interpretation des in seiner praktischen Anwendung in der Tat große Schwierigkeiten bereitenden Beschlusses brachte BFH BStBl II 1973, 489:

(1)

Zunächst sei festzustellen, welchen Wert das Unternehmen im Ganzen zur Zeit des Vertragsabschlusses habe. Ohne Zweifel seien dabei die Teilwerte (dh Buchwerte zzgl stiller Reserven) anzusetzen, die Ermittlung des zusätzlich zu berücksichtigenden Geschäftswerts in Abhängigkeit zu erwartender zukünftiger Erträge stelle eine dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Würdigung von Tatsachen dar. Hier liegt ein entscheidendes Unsicherheitselement, das Prognosen als solchen stets anhaftet (gemäß Churchill sind die sichersten Prognosen die nach Eintritt des Ereignisses!). Der Gesamtwert sei auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen. Hierbei hält das Urt mehrere Möglichkeiten bereit, nämlich die Verteilung nach bestimmten Bruchteilen, nach festen Kapitalanteilen, nach variablen Kapitalanteilen, nach Köpfen. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass der nur kapitalmäßig beteiligte Gesellschafter keine Rendite von mehr als 15 % des wahren Wertes seiner Beteiligung erhalten soll: s Rn 109. Es werden dann Fälle aufgezählt, in denen Abschläge zu machen sind und schließlich kommt das Urt zum Ergebnis, es könne die Feststellung des Wertes der Beteiligung nur überschlägig erfolgen, da anerkanntermaßen den Beteiligten in der Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen ein Spielraum einzuräumen sei, der nur bei wesentlichen Abweichungen eine Korrektur gestattet.

Nach BFH BStBl II 1974, 51 kann als tatsächlicher Wert der Beteiligung nur das Buchkapital zugrunde gelegt werden, wenn das aktive Familienoberhaupt sich das Recht vorbehalten hat, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen, das Unternehmen allein fortzuführen und die Kinder mit dem Buchkapital abzufinden (bestätigt BFH BStBl II 1976, 374). Dies wurde ausgesprochen, obwohl die Gesellschaft 15 Jahre lang unkündbar und der Vater beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags schon 57 Jahre alt war. Er soll sich gleichwohl seines Vermögens an die Kommanditisten nur in Höhe des Buchwerts des Anteils begeben haben. In solchen Fällen ist stattdessen zu prüfen, ob die Buchwert-Ausschlussklausel nicht der Anerkennung der Mitunternehmerstellung der beschenkten Familienmitglieder im Wege steht: s Rn 23b u 26.

(2)

Sei der auf den einzelnen Gesellschafter entfallende wirkliche Anteil am Unternehmenswert gefunden, sei zu prüfen, ob der vertragliche Gewinn 15 % des ermittelten Beteiligungswerts nicht übersteige. Bei dieser Prüfung sei auf den fiktiven Gewinn abzuheben, der nach dem Zeitpunkt der Gewinnverteilungsabrede sich nach den für die Zukunft (idR innerhalb der nächsten fünf Jahre) ergebenden wahrscheinlichen Entwicklungen ergeben werde.

Werde dieser ex ante geschätzte (Durchschnitts-)Gewinn in den einzelnen Jahren tatsächlich überschritten oder unterschritten, so habe das auf die Gewinnverteilung keinen Einfluss. Der anfangs ermittelte angemessene Gewinnanteil auf der Grundlage der ursprünglichen Gewinnprognose kann nicht im Sinne einer starren Obergrenze festgeschrieben werden, vielmehr ist die angemessene Gewinnverteilung nach den im Zeitpunkt einer jeden Kündigungsmöglichkeit des Gesellschaftsvertrages zu erwartenden Überschüssen der Folgejahre neu zu bestimmen; dies sollte bei Laufzeiten der Gesellschaftsverträge bedacht werden: BFH v 19.02.2009, BStBl II 2009, 798.

 

Beispiel 1 (nach BFH BStBl II 1973, 489):

 
Wahrer Beteiligungswert des Kommanditisten EUR 10 000
15 % davon EUR 1 500
nachhaltig zu erwartender jährlicher Gewinn EUR 100 000

höchstmöglicher Gewinnanteil 15 % des Beteiligungswerts

= 1 500 EUR = 1,5 % des jährlichen Gewinns
   

Bei einem tatsächlich erzielten Gewinn von 200 000 EUR

anzuerkennender Gewinnanteil also
EUR 3 000

Der Gewinnanteil von 1,5 % des erzielten Gewinns bleibe so lange maßgebend, bis eine Veränderung der Verhältnisse eintrete, bei der auch unter Fremden die Gewinnverteilung neu geregelt würde. Eine Änderung ist nach BFH BStBl II 1975, 692, insoweit anzuerkennen, als sie auch unter Fremden in Betracht gekommen wäre. Sei ein Gewinnverteilungsschlüssel vereinbart, der zu einer höheren Rendite als 15 % führt, so sei die Besteuerung so vorzunehmen, als wenn ein angemessener Verteilungsschlüssel vereinbart sei.

 

Beispiel 2 (nach BFH BStBl II 1973, 489):

 
15 % des wahren Beteiligungswerts EUR 1 500
zu erwartender Gewinn EUR 100 000

Gewinnverteilungsschlüssel 10 % = 10 000 EUR

von zu erwartendem Gewinn, anzuerkennen aber nur 1,5 % =
EUR 1 500

steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung

= vom Schenker zu versteu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge