Rn. 183a

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Der Begriff des Termingeschäfts ist weder gesetzlich definiert noch näher umschrieben: s BFH v 08.12.2021, BFH/NV 2022, 835, Rz 23. Das EStG verwendet ihn für private Termingeschäfte in § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG und für betriebliche Termingeschäfte in § 15 Abs 4 S 3 EStG. Nachfolgend geht es nur um betriebliche veranlasste Termingeschäfte.

Der BFH hat 2014 in zwei Urteilen und 2016 und 2021 in weiteren Urteilen zur Auslegung des Begriffs des "Termingeschäfts" iSd § 15 Abs 4 S 3 EStG Stellung genommen und ist dabei der zivilrechtlichen Definition in § 2 WpHG bzw § 1 KWG gefolgt: BFH v 04.12.2014, BFH/NV 2015, 412 Rz 25; BFH v 20.08.2014, BStBl II 2015, 177 Rz 18 sowie BFH v 06.07.2016, BStBl II 2018, 124 Rz 32–33. Dies wurde bestätigt durch BFH v 08.12.2021, aaO, wonach der Begriff des "Termingeschäfts" iSv § 15 Abs 4 S 3 EStG nach wertpapier- und bankenrechtlichen Maßgaben zu bestimmen und vom Kassageschäft abzugrenzen ist.

Abgeleitet aus § 15 Abs 4 S 4 Hs 2 EStG nF Alt 2 ist das subjektive Tatbestandsmerkmal der Spekulationsabsicht nicht erforderlich: BFH v 06.07.2016, aaO, Rz 18.

Nach Zivilrecht gelten als Termingeschäfte Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die

(1) zeitlich verzögert zu erfüllen sind und
(2) deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet.

Die Erfüllung des Termingeschäfts kann grundsätzlich durch Differenzausgleich oder physische Lieferung des Basiswerts erfolgen. In der Praxis treten die Termingeschäfte in Form von zB Optionen oder Swapgeschäften auf, welche auch oftmals kombiniert werden (sog Swaptions), s Haag, NWB 2019, 1245.

Die steuerliche Verlustverrechnungsbeschränkung nach den Tatbestandsmerkmalen in § 15 Abs 4 S 3 EStG gilt einschränkend nur für Verluste aus solchen Termingeschäften, durch die der StPfl einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Auf Terminkäufe mit physischer Lieferung des Basiswerts ist die Verlustverrechnungsbeschränkung nicht anwendbar (bejahend noch BMF v 23.09.2005, FR 2005, 1180 und BayLfSt v 09.03.2007, DStR 2007, 719): zu Recht Ebel, FR 2013, 882, 885 mit Verweis darauf, dass die veränderliche Bezugsgröße und der erlangte Vorteil lt Gesetzeswortlaut verschiedene Substrate sein müssen, und BFH v 06.07.2016, BStBl II 2016, 739 Rz 35.

Aus wirtschaftlicher Sicht nicht auf "physische" Lieferung, sondern auf Differenzausgleich gerichtet sind jedoch Devisentermingeschäfte dann, wenn Eröffnungsgeschäft und Gegengeschäft "brutto" abgewickelt werden und das Gegengeschäft zeitlich vor Fälligkeit des Eröffnungsgeschäfts abgeschlossen worden ist: BFH v 06.07.2016, aaO, Rz 37 (Bsp des Urteilsfalls: Der StPfl vereinbart mit der Vertragspartei des Eröffnungsgeschäfts – Lieferung von 1 Mio Yen für 100 000 EUR am Tag X – oder einem Dritten vor dem Fälligkeitszeitpunkt die Ausführung eines Gegengeschäfts – zB Rücktausch der 1 Mio Yen in EUR zum Tageskurs des Tags X).

Johannemann/Reiter, DStR 2015, 1489 nennen als Beispiele für von der Verlustausgleichsbeschränkung betroffene Termingeschäfte

  • Forwards und Futures mit Barausgleich einschließlich Index-Futures, denen als Basiswert ein Index zugrunde liegt.
  • Optionsrechte (Kauf- oder Verkaufsoption), wenn der Erwerber einen Geldbetrag (zB in Form eines Differenzausgleichs) oder einen sonstigen Vorteil erlangt (Optionsgeschäfte sind steuerlich in das Options- und das aus der Ausübung der Option resultierende Geschäft zu trennen: BFH v 11.02.2014, BFH/NV 2014, 1020 Rz 35 und Rz 39).

    Soweit eine Option lediglich durch Beendigung verfällt, erzielt der Optionsinhaber jedoch keinen Verlust "aus" einem Termingeschäft, aus dem er einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder sonstigen Vorteil erlangt, sondern es handelt sich um eine bloße "Beendigung", die v Gesetzeswortlaut nicht erfasst wird: so zutreffend Johannemann/Reiter, aaO, 1492 mwN.

  • Aktien- und Zinsswaps; auch s BFH v 20.08.2014, BStBl II 2015, 177 Rz 21 mwN zu Zinsswaps in Form eines sog CMS Spread Ladder Swaps (im Streitfall ging es zusätzlich um die Frage, auf welcher Ebene einer Unternehmensgruppe sich die segmentierte Verlustverrechnung auswirkt: bei der Holding, die aus dem Swap-Vertrag gegenüber der Bank berechtigt bzw verpflichtet ist, oder bei der Gesellschaft, die im Innenverhältnis Chancen und Risiken zu tragen hat? Aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung so entschieden, dass § 15 Abs 4 S 3 EStG allein auf der Ebene der wirtschaftlich tatsächlich belasteten operativ tätigen Gesellschaft Anwendung findet).
  • Swap-Options (Swaptions) also Verträge, bei denen der Käufer gegen die Zahlung einer einmaligen Prämie die Möglichkeit erhält, zu einem bestimmten Zeitpunkt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder zu festgelegten aufeinanderfolgenden Zeitpunkten zu vorher festgelegten Konditionen durch einseitige Willenserklärung einen Swap abzuschließen. Es gelten bis zur Ausübung der O...

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