Rn. 341

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die Entwicklung der BFH-Rspr unterstreicht die Tendenz, in immer höherem Maße Grundbesitz als wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer extensiven Ausweitung der qualitativ-funktionalen Voraussetzungen für eine sachliche Verflechtung anzusehen. Es reicht jede funktional nicht nur untergeordnete Bedeutung, bei gleichartiger Nutzung weiterer Fremdgrundstücke bemisst sich die funktionale Bedeutung nicht nur nach dem Nutzflächenverhältnis (Filialbetriebe, auch wenn < 10 %): BFH BStBl II 2009, 803 und s Rn 345.

Konkret ist gemäß X. Senat des BFH v 02.04.1997, BStBl II 1997, 565 (auch s BFH BStBl II 2000, 621) in Fortführung der Rspr des VIII. und XI. Senats (BFH BStBl II 1993, 233; 1993, 245) sowie der eigenen Rspr (BFH BStBl II 1993, 718) eine sachliche Verflechtung immer dann anzunehmen, wenn

(1) der Grundbesitz auf die Bedürfnisse der Betriebsgesellschaft besonders zugeschnitten ist und/oder
(2) der überlassene Grundbesitz nach seiner Lage für die Betriebsgesellschaft besonders geeignet ist oder
(3) wenn das Betriebsunternehmen in seiner Betriebsführung auf das ihm zur Nutzung überlassene Grundstück angewiesen ist (sog wirtschaftliche Bedeutung): im Einzelnen s nachfolgend.

Alle Senate sind darin einig, dass die jederzeitige Möglichkeit, am Markt ein gleichwertiges Grundstück anderweitig mieten oder kaufen zu können, kein Argument gegen die sachliche Verflechtung ist (BFH v 18.06.2015, BFH/NV 2015, 1398 Rz 24; BFH BStBl II 1993, 718).

Auch die Mitbenutzung durch ein anderes Unternehmen soll die sachliche Verflechtung nicht ausschließen, so BFH v 03.06.2003, BFH/NV 2003, 1321; BFH v 23.01.2001, BFH/NV 2001, 894 und BFH v 16.10.2000, BFH/NV 2001, 438 und zuletzt BFH v 24.11.2005, BFH/NV 2006, 540 (s Rn 343).

Nach – mE unzutreffender – Auffassung des BFH kann selbst ein ungeeignetes Grundstück "als unternehmerisches Instrument der Beherrschung" fungieren, wenn die Betriebsgesellschaft auch nur vorübergehend auf das genutzte Grundstück angewiesen ist bis zum Bezug eines angemessenen Grundstücks, auf den der Betrieb im Streitfall verlagert werden musste, um einen Händlervertrag fortführen zu können: BFH v 11.09.2003, BFH/NV 2004, 180. Der BFH als Revisionsinstanz wies allerdings darauf hin, dass das FG als Tatsacheninstanz zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das mit einer Kfz-Werkstatt bebaute Grundstück zumindest im Streitjahr für den Betrieb der Betriebs-GmbH von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei. Ein offensichtlich ungeeignetes Grundstück kann aber nicht von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sein und taugt schon gar nicht zum Instrument einer Beherrschung der Betriebs-GmbH, denn eine solche muss auf Dauer angelegt sein (zumindest von Beginn an), um auf dieser Basis einen beherrschenden Einfluss auf die Betriebsgesellschaft ausüben zu können. Es fehlt in einem solchen Fall offensichtlich auch am besonderen Zuschnitt.

 

Rn. 342

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Zu (1) Besonderer Zuschnitt

Dieser liegt dann vor, wenn

  • das Gebäude für die geplanten Betriebsabläufe der Betriebsgesellschaft nach Gliederung oder sonstiger Bauart besonders gestaltet wurde bzw
  • der Betriebsgesellschaft die Errichtung eines solchen auf ihre Betriebsabläufe besonders zugeschnittenen Gebäudes auf einem unbebauten Grundstück von der Besitzgesellschaft gestattet wurde (s BFH v 19.03.2002, BStBl II 2002, 662) bzw
  • der Betriebsgesellschaft ersatzweise der Innenausbau eines bereits bestehenden Gebäudes nach ihren besonderen Bedürfnissen von der Besitzgesellschaft genehmigt wurde.

Die besondere Gestaltung für Zwecke des Betriebsablaufs ist im Einzelfall schwierig zu konkretisieren (Groh, DB 1989, 748, 752), wurde spätestens ausdrücklich aufgegeben mit Urteil des BFH v 03.06.2003, BFH/NV 2003, 1321.

Mit Kempermann kann man die BFH-Rspr dahingehend zusammenfassen, dass der für die Belange der Betriebsgesellschaft "passende Zuschnitt eines Grundstücks … auf Zufall oder Maßnahmen eines Dritten (zB eines früheren Eigentümers) beruhen" kann (FR 1993, 593).

Im Einzelnen hat der BFH den besonderen Zuschnitt bei folgenden Sachverhalten bejaht:

  • dem Betriebsablauf angepasste Fabrikgebäude: BFH IV, BStBl II 1992, 830; BFH XI, BFH/NV 1992, 312 (Gießereigebäude); BFH IV, BStBl II 1992, 349 (Systemhalle zur Endmontage); BFH IV, BStBl II 1992, 347
  • Reinigung mit speziellen Gebäudeeinrichtungen: BFH BStBl III 1966, 601
  • Großküche: BFH BStBl II 1981, 738
  • Kinderheim: BFH BStBl II 1981, 738; 1981, 739
  • Kfz-Handel mit Reparaturwerkstatt: BFH BStBl II 1989, 1014
  • Hotels, Restaurants, Cafés: BFH BStBl II 1991, 336
  • An- und Auslieferungslager für die drei Geschäftsfilialen einer Möbelhandel-GmbH: BFH BFH/NV 1995, 597
  • Halle für Kunststoffspritzgussunternehmen: BFH BFH/NV 1993, 303.

Betreffend die Einordnung von Hallengrundstücken hat der III. Senat mit Urteil v 27.08.1998, BFH BFH/NV 1999, 758, entschieden, dass auch ein Lager dann das für eine sachliche Verflechtung ausschlaggebende wirtschaftliche Gewicht für den gesamten Betrieb bes...

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