Rn. 183

Stand: EL 126 – ET:

§ 15 Abs 4 S 3 EStG:

Um Zins-, Preis- oder Währungsrisiken zu kompensieren, kommen oft (Finanz-)Termingeschäfte zum Einsatz (Haag, NWB 2019, 1245). Entsteht hierbei ein Verlust (durch Differenzausgleich oder durch eine entsprechende Wertausgleichsgröße), tritt die Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung des § 15 Abs 4 S 3 EStG durch zeitliche Streckung ein. Diese soll als spezialgesetzlich typisierte Missbrauchsnorm (s § 42 Abs 1 S 2 u Abs 2 S 1 AO) sicherstellen, dass Verluste aus betrieblich veranlassten (insbesondere bei Zuordnung zum gewillkürten BV), ihrer Natur nach besonders risikoreichen Termingeschäften (zum Begriff nachfolgend s Rn 183a) nur mit Gewinnen aus derartigen Geschäften verrechnet werden können. Eine Verlagerung privater Termingeschäfte in den betrieblichen Bereich wegen § 20 Abs 6 EStG ist nicht zielführend: § 20 Abs 8 EStG.

Der Gesetzgeber wollte die Regelung 1999 als Folgeänderung zur Neufassung des § 23 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG aF (jetzt § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG) verstanden wissen (BT-Drucks 14/23, 178).

§ 15 Abs 4 S 3 EStG enthält kein subjektives Tatbestandsmerkmal der Spekulationsabsicht; die Gefahr, dass deswegen die Vorschrift gegen ihren Sinn und Zweck auch solche Termingeschäfte erfasst, die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs ohne Spekulationsabsicht dienen, wird durch § 15 Abs 4 S 4 EStG Alt 2 vermieden (s nachfolgend). Der Ausschluss von Termingeschäften ohne spekulativen Charakter aus dem Anwendungsbereich der Beschränkung soll nach dem Willen des Gesetzgebers nach objektiven Kriterien und nicht mittels Prüfung auf eine subjektive Spekulationsabsicht des StPfl erfolgen: BFH v 06.07.2016, BStBl II 2018, 124 Rz 18.

Von der Anwendung von § 15 Abs 4 S 3 EStG ist im Wege verfassungskonformer Auslegung aber – möglicherweise – abzusehen, wenn es zu einer nicht verfassungsgemäßen Definitivbelastung dergestalt kommt, dass eine Nutzung der Verluste aus Termingeschäften final nicht mehr möglich ist bzw bei Anwendung der Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung des § 15 Abs 4 S 3 EStG das steuerlich zu verschonende Existenzminimum nicht verbleibt und deshalb die Besteuerung dem subjektiven Nettoprinzip zuwiderläuft; dabei ist bei PersGes auf den Gesellschafter (bei der ersten Alt bezogen auf dessen Lebzeit) abzustellen: BFH v 28.04.2016, BStBl II 2016, 739 Rz 13 und 24. Dafür spricht auch, dass

Zitat

"das objektive Nettoprinzip … zwar den Abzug von Aufwendungen, die mit der Einkunftserzielung in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen, (gebietet, der Verfasser), allerdings von Verfassungs wegen nicht notwendigerweise in jedem einzelnen – aus rein erhebungstechnischen Gründen gewählten – VZ. Danach wird eine Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs durch das allgemein Leistungsfähigkeitsprinzip nicht grundsätzlich ausgeschlossen, solange nur tatsächlich entstandene Verluste überhaupt, ggf in einem anderen VZ, und wenn auch beschränkt auf die gleiche Einkunftsart, steuerlich berücksichtigt werden": BFH v 28.04.2016, aaO, Rz 18.

Nach § 15 Abs 4 S 3 EStG gelten § 15 Abs 4 S 1 u 2 EStG entsprechend (ergänzend sei deshalb – unter anderem zur gesonderten Feststellung – verwiesen auf vorstehend s Rn 180–182). Verluste aus betrieblich veranlassten Termingeschäften dürfen daher weder mit anderen Einkünften ausgeglichen noch nach § 10d EStG abgezogen werden und nur mit Gewinnen aus betrieblich veranlassten Termingeschäften im unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren verrechnet werden.

Ausgleichfähig sind Gewinne aus Termingeschäften eines Gewerbebetriebs mit Verlusten aus Termingeschäften eines anderen Gewerbebetriebs desselben StPfl bzw Verluste aus Termingeschäften mit aus Mitunternehmeranteilen dem StPfl anteilig zuzurechnenden Gewinnen aus Termingeschäften. Schließlich kann eine Ausgleichsfähigkeit noch gegeben sein gegenüber positiven Einkünften des Ehegatten aus gewerblichen Termingeschäften iRd Grenzen des horizontalen Verlustausgleichs zwischen Ehegatten iSv § 2 Abs 3 EStG (auch s Bode in Brandis, § 15 EStG Rz 720, EL 161).

Mit Gewinnen aus privaten Termingeschäften iSv § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 EStG ist ein Verlustausgleich aus betrieblich veranlassten Termingeschäften nicht zulässig. Letztere bilden zwar keine eigene "Einkunftsart" iS eines Verlustausgleichs, sie sind aber Bestandteil der miteinander ausgleichsfähigen Einkünfte aus KapVerm gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 EStG.

Hinsichtlich der Verlustfeststellung ist nicht auf das einzelne Geschäft abzustellen, sondern auf den Saldo sämtlicher Einnahmen und Ausgaben des Wj im Zusammenhang mit Termingeschäften.

Konzern- oder Gruppenkonstellation: Die Verlustausgleichsbeschränkung erfasst nicht den Verlust einer Obergesellschaft aus einer Ausgleichszahlung zB im Zusammenhang mit der Auflösung eines Zinsswaps, wenn die Ausgleichszahlung aufgrund einer gruppeninternen Freistellungsvereinbarung mit der Obergesellschaft einem gruppenangehörigen Unternehmen weiterbelastet wird;

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