Rn. 107

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Ist der Gesellschaftsvertrag wirksam begründet und wird er tatsächlich vollzogen, so sind die Gründe für die Errichtung der Gesellschaft, insb ihre schenkweise Begründung, ohne Bedeutung (BFH BStBl II 1990, 10). Auch zivilrechtlich kann ein Kommanditanteil Gegenstand einer Schenkung sein: BGH vom 02.07.1990, II ZR 243/89, DB 1990, 1656; OLG Mnch vom 03.08.2023, 16 WF 193/23, DStR-Aktuell 2023, 207 rkr.

Nach Ansicht des BFH ist maßgebliches Beweisanzeichen für die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung eines Gesellschaftsvertrages zwischen Familienangehörigen deren Abschluss in einer Form, die Zweifel an ihrer zivilrechtlichen Rechtswirksamkeit nicht aufkommen lässt (BFH vom 12.05.2016, BFH/NV 2016, 1559; BFH BStBl II 1986, 798; 1980, 242; 1975, 14). Gemäß § 41 Abs 1 S 1 AO ist es zwar für die Besteuerung unerheblich, wenn ein Rechtsgeschäft unwirksam ist oder wird, solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dennoch eintreten und bestehen lassen. Diese Regel ist durch den BFH für Familien-PersGes außer Kraft gesetzt (BFH vom 13.07.1999, BFH/NV 2000, 1154; BFH BStBl II 1973, 307), obwohl als Beweisanzeichen für die Ernsthaftigkeit die tatsächliche Durchführung wichtiger sein dürfte als die Erfüllung zivilrechtlicher Formerfordernisse. BFH-Richter Heuermann, DB 2007, 1267 merkt zu dieser Problematik mE zutreffend an, dass § 41 Abs 1 S 1 AO nach S 2 nicht gilt, wenn sich aus einem Steuergesetz etwas anderes ergibt und die Unterscheidung zwischen der steuerlich irrelevanten "privaten" (§ 12 Nr 2 EStG: Zuwendung) und der einkommensteuerlich relevanten (§ 2 Abs 1 EStG: Einkünfteerzielungsabsicht) Sphäre sich nach den Grundsätzen über die Einkommensbesteuerung richtet. Entsprechen Verträge bei Familien-PersGes den besonderen Anforderungen an Verträge zwischen nahestehenden Personen nicht, so rechtfertige dies den Schluss, es handele sich um eine freiwillige Zuwendung iSv § 12 Nr 2 EStG, weshalb sich dann aus dem EStG "etwas anderes" iSv § 41 Abs 1 S 2 AO ergebe.

Der zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses ist indes nur indizielle Bedeutung gegen die Ernsthaftigkeit des Vertrags beizumessen: BFH vom 12.05.2016, aaO, Rz 24; indes führt BFH BFH/NV 2006, 2162 mit Verweis auf BFH BStBl II 2003, 86; Wk, FR 2007, 91 hierzu zutreffend aus, dass die zivilrechtliche Wirksamkeit nicht zu einem eigenen Tatbestandsmerkmal dergestalt verselbstständigt werden darf, dass allein die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formvorschriften die steuerliche Nichtanerkennung des Vertragsverhältnisses zur Folge hat. Die Indizwirkung einer zivilrechtlichen Unwirksamkeit gegen den vertraglichen Bindungswillen wird verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften, insb bei klarer Zivilrechtslage, angelastet werden kann: s BFH vom 12.05.2016, aaO, Rz 24; BFH vom 12.05.2009, BStBl II 2011, 24; BFH vom 22.02.2007, BStBl II 2011, 20; BFH vom 16.12.2008, BFH/NV 2009, 1118 und BFH vom 07.06.2006, BStBl II 2007, 294. In die Gesamtwürdigung muss aber einbezogen werden, ob die Vertragspartner zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln am formalen Mangel alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen und dass sie so dokumentieren, dass sie den wirtschaftlichen Zweck weiter bestehen lassen wollen (so auch Heuermann, DB 2007, 1267).

Gegen die Indizwirkung spricht lt BMF vom 23.12.2010, BStBl I, 2011, 37 insb, wenn sich die Formvorschriften nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern nur im Wege der erweiternden Auslegung oder des Analogieschlusses ergeben, sich diese Auslegung oder Analogie nicht aufdrängt und keine veröffentlichte Rspr oder allg zugängliche Literatur existiert, mit Bezug auf BFH vom 13.07.1999, BStBl II 2000, 386.

Das BVerfG hat grds die verschärften Anforderungen an den Nachweis der Ernsthaftigkeit gebilligt (BVerfG BStBl II 1970, 652/56). Die StPfl müssen sich darauf einstellen.

Daher ist bei der Sachverhaltsplanung insb Folgendes zu beachten (auch im Einzelnen s Rust, DStR 2005, 1942, 1943):

(1)

Die Anmeldung der Eintragung eines Gesellschafterwechsels auch hinsichtlich eines voll eingezahlten KG-Anteils auf ein ungeborenes Kind im HR ist, da tatsächlich (§ 1923 BGB) ein noch nicht wirksam gewordener, mithin ungewisser, wenn auch wahrscheinlicher, künftiger Rechtserwerb vorliegt, nicht zulässig: OLG Celle vom 31.01.2018, NWB 10/2018, 614.

Bei der Schenkung von KG-Anteilen von (Groß-)Eltern an minderjährige Kinder ist zu prüfen, ob das Kind das Rechtsgeschäft selbst abschließen kann, ob die Eltern es ansonsten selbst wirksam vertreten können oder ob ein Ergänzungspfleger bestellt werden muss und ob es einer Genehmigung des Familiengerichts bedarf.

Kinder, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind nicht geschäftsfähig (§ 104 BGB) und müssen daher zwingend durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden, also grundsätzlich die beiden Eltern (§§ 105, 1629 BGB). Der Genehmigungsantrag sollte zeit...

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