Rn. 153

Stand: EL 169 – ET: 12/2023

Mit dem StBereinG 1986, BStBl I 1985, 2436 wurde die Rspr gesetzlich kodifiziert in § 15 Abs 3 Nr 1 EStG, auch in Reaktion auf den GrS des BFH, der in einem Nebensatz zum Grundsatzurteil betreffend den Wegfall der Gepräge-Rspr (s Rn 166) die Wirkung der Abfärbung auf die GewSt beschränkt hatte (also insbesondere bei vermögensverwaltenden PersGes keine Steuerverhaftung der stillen Reserven im PV durch Umqualifizierung): GrS BFH vom 25.06.1984, BStBl II 1984, 751 unter C.III.3.b.bb. (2) letzter Satz der Begründung:

Zitat

"Diese Vorschrift setzt eine mindest teilweise gewerbliche Tätigkeit der PersGes voraus und gilt nur für die GewSt."

Nach dem Gesetzeswortlaut gilt die Abfärbewirkung uneingeschränkt für jedwede, also auch eine verhältnismäßig nur unwesentliche gewerbliche Tätigkeit: BFH vom 10.08.1994, BStBl II 1995, 171. Ist eine PersGes demnach teilweise gewerblich tätig – auch wenn diese zB nach § 3 Nr 20 GewStG gewerbesteuerfrei gestellt ist –, lässt der Wortlaut des § 15 Abs 3 Nr 1 EStG eine andere Rechtsfolge nicht zu (BFH vom 30.08.2001, BStBl II 2002, 152).

Wegen der vom BFH im Wege restriktiver verfassungskonformer Auslegung eingeführten Bagatellgrenzen s Rn 155. Für gemischt tätige vermögensverwaltende PersGes sind diese nicht höher anzusetzen als für gemischt tätige freiberufliche PersGes. Es ist weder eine höhere Bagatellgrenze anzusetzen noch ist ein mehrjähriger Beobachtungszeitraum zugrunde zu legen: BFH vom 30.06.2022, BFH/NV 2022, 1356, Leistsatz 2.

Rechtsfolgen

Vermögensverwaltende PersGes:

Durch die sog Abfärberegelung kann der (Haupt-)Tätigkeitsbereich einer PersGes, der den Rahmen der Vermögensverwaltung nicht überschreitet (§ 14 S 3 AO), gewerblich infiziert werden, was dazu führt, dass das zur Erzielung der Einkünfte notwendige Vermögen der PersGes insgesamt (zB Grundstücke) statt zum PV zum betrieblichen BV zählt (BV-Verstrickung) und damit im Veräußerungs-, Entnahmen- oder Aufgabefall eine Versteuerung der stillen Reserven unabhängig von Haltefristen erfolgen muss.

Weiterhin sind Veräußerungsverluste abzugsfähig, während sie sonst nur im Rahmen der Spekulationsfrist und auch nur mit Spekulationsgewinnen des gleichen oder zukünftiger VZ verrechnet werden könnten (§ 23 Abs 3 S 7 und 8 EStG). Nicht Wohnzwecken dienende Gebäude können mit 3 % pa statt nur 2 % pa abgeschrieben werden (§ 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG; Änderung lt Regierungsentwurf zum JStG 2022: ab 2023 auch Wohngebäude 3 % pa). Rücklagen nach den §§ 6b und 6c EStG sowie ein IAB nach § 7g EStG (s Rn 74) sind zulässig. Dividendenerträge sind nach dem Teileinkünfteverfahren zu 40 % steuerfrei und unterliegen nicht § 32d EStG (§ 3 Nr 40 S 1 Buchst d EStG iVm § 3c Abs 2 S 1 EStG).

PersGes mit ansonsten freiberuflichen oder luf Einkünften:

Bei PersGes mit ansonsten freiberuflichen oder luf Einkünften (s BFH vom 29.11.2001, BStBl II 2002, 221) bleibt es nach der Umqualifikation bei der bereits zuvor bestehenden Verstrickung des BV. Eine (zB freiberufliche) Tätigkeit ist bei schädlicher Abfärbung gewerblicher Tätigkeiten einkommensteuerlich auch dann insgesamt als gewerblich mit der Folge der zusätzlich gewerbesteuerlichen BV-Verstrickung anzusehen, wenn die gewerbliche Tätigkeit selbst von der GewSt befreit ist (BFH vom 30.08.2001, BStBl II 2002,152; H 15.8 Abs 5 EStH 2021 "Gewerbesteuerbefreiung"). Beim Einzelunternehmer ist dagegen ein Nebeneinander von gewerblichen und freiberuflichen Einkünften möglich (s Rn 129).

Zusätzlich entsteht (anders bei sog Aufwärtsinfektion, s Rn 162a) durch die Abfärbung eine sachliche GewStPfl inkl gewerbesteuerlicher BV-Verstrickung (analog BFH vom 20.11.2003, BStBl II 2004, 464 zur gewerblichen Prägung), die bisher nicht gesetzlich geregelt ist (Roser, FR 2011, 1126). Dem GewSt-Aspekt kommt wegen § 35 EStG nF bei Hebesätzen bis rd 400 % bzw ab 2020 rd 420 % zwar wegen der Anrechenbarkeit in Höhe des 3,8–4fachen (durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz ab 2020 4fache) des festgesetzten GewSt-Messbetrages auf die ESt idR (bei fehlenden Verlusten aus anderen Quellen; auch s vor § 1 Rn 179 (Bitz)) keine Bedeutung mehr zu (3,8 × 1,055 × 3,5 = 14,03 % ESt-Anrechnung – ab 2020 ab 14,77 % ESt-Anrechnung – bei 3,5 × 400 % Hebesatz = 14 % GewSt-Belastung), oberhalb von zukünftig rd 420 % Hebesatz oder bei gewerblichen Verlusten aus anderen Quellen gleicht § 35 EStG aber die GewSt-Mehrbelastung nicht aus. Nur bei höheren Hebesätzen ist es also vorteilhaft, Einkünfte aus § 21 EStG zu erzielen.

Von bedeutsamer Auswirkung ist § 15 Abs 3 Nr 1 EStG für Freiberufler-Sozietäten (insbesondere ärztliche Gemeinschaftspraxen), die in untergeordnetem Umfang auch einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen, so zB tierärztliche Gemeinschaftspraxen im Fall von Medikamentenhandel (FinMin Nds, FR 1981, 591) bzw Sozietäten von Augenärzten, die auch Kontaktlinsen und Pflegemittel verkaufen (FinMin NW, FR 1984, 646). In Fällen der sog integrierten Versorgung (§§ 140aff SGB V) werden zwischen Arzt und Krankenkasse Verträ...

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