Rn. 170

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Eine gewerbliche Prägung (Gewerbebetrieb kraft Rechtsform) liegt vor, wenn

(a) eine PersGes,
(b) die nicht bereits ohnehin teilgewerblich tätig (s Rn 162 zu § 15 Abs 3 Nr 1 EStG) bzw Besitz-PersGes einer Betriebsaufspaltung ist,
(c) mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig wird, und
(d) ausschließlich eine oder mehrere KapGes bzw gewerblich geprägte PersGes persönlich haftende Gesellschafter sind und
(e) die Geschäftsführung nur persönlich haftenden Gesellschaftern, die KapGes oder gewerblich geprägte PersGes sind, und/oder Nicht-Gesellschaftern obliegt.

Der Gesetzgeber hat mit dieser Abgrenzung die nicht schon gemäß § 15 Abs 2 EStG originär gewerblich, sondern nur vermögensverwaltend tätige GmbH & Co KG mit GmbH-Komplementär und die OHG, deren Gesellschafter ausschließlich KapGes sind, erfassen wollen.

Ob eine gewerblich geprägte PersGes vorliegt und welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben, ist für das Bewertungsrecht und das ESt-Recht nach einheitlichen Gesichtspunkten zu bestimmen: BFH v 22.11.1994, BStBl II 1996, 93.

Eine Übersicht über denkbare Gestaltungen zur Vermeidung gewerblicher Prägung – insb durch Regelung der Geschäftsführungsbefugnis – geben die Ausführungen in s Rn 176b und die Bsp unter s Rn 178.

Der BFH BStBl II 1996, 93 hat entschieden, dass die Rechtsfolgen aus § 15 Abs 3 Nr 2 EStG bei Schwestergesellschaften (s Rn 19) Vorrang vor der gesetzlichen Regelung betreffend Sondervergütungen (§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG) haben.

Zu den Tatbestandsmerkmalen ist im Einzelnen Folgendes festzustellen:

a) Personengesellschaft

 

Rn. 171

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Der Gesetzestatbestand ist in erster Linie auf die typische Einheits-GmbH & Co KG (Struktur s Rn 41a) zugeschnitten (im Einzelnen s Rn 176b); unter den Begriff der PersGes fallen aber auch die OHG, die KG, die Außen-GbR, die Partenreederei (gründbar nur bis 24.04.2013) uÄ.

Gemäß BFH v 26.11.1996, BStBl II 1998, 328 kann auch die vermögensverwaltende GmbH & atypisch Still als solche iSv § 15 Abs 3 Nr 2 EStG durch den vermögensverwaltend tätigen GmbH-Gesellschafter (kraft Rechtsform) gewerblich geprägt sein (Gefahr der ungewollten gewerblichen Prägung durch die fließende Grenze zwischen GmbH typisch bzw atypisch still: auch s Rn 51).

Wegen der schon jetzt zulässigen und im Zuge der Öffnung des Rechts der Personenhandelsgesellschaften durch das MoPeG in § 107 Abs 1 HGB nF eingeschlossene Freiberufler-GmbH & Co KG (gilt ab 01.01.2024) s Rn 163 (gewerbliche Durchsäuerung).

Auch ausländische GmbH & Co KG können PersGes iSv § 15 Abs 3 Nr 2 EStG sein: BFH v 12.10.2016, BFH/NV 2017, 685 Rz 17. Die inländische StPfl gilt gemäß § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst a EStG iVm mit § 1 Abs 4 EStG bzw § 2 Nr 1 KStG iVm § 8 Abs 1 S 1 KStG auch für im Ausland ansässige Gesellschafter, sofern im Inland eine Betriebsstätte iSd § 12 AO (BFH v 20.07.2016, BStBl II 2017, 230; betreffend die StPfl der Gesellschafter selbst auf DBA-Ebene s Art 7 Abs 1 OECD-MA) unterhalten wird: Wagenblast/Karcher, IStR 2021, 121.

Auch bei einer ausländischen Komplementär-KapGes kann eine gewerbliche Prägung vorliegen: s BFH v 14.03.2007, BStBl II 2007, 924; ebenso OFD NRW v 05.09.2017, S 1300–2010/0007-St 122, IStR 2017, 996 zu II.1.

Wegen der Voraussetzung einer "PersGes" entfällt eine gewerbliche Prägung bei den einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnissen wie Erben-, Güter- und Bruchteilsgemeinschaften: BFH BStBl II 1987, 120.

b) Nicht bereits ohnehin (teil-)gewerblich tätig

 

Rn. 172

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Bei einer bereits ohnehin (teil-)gewerblich tätigen PersGes würde die Fiktion des § 15 Abs 3 Nr 2 EStG leer laufen, da die Tätigkeit einer solchen PersGes stets in ihrer Gesamtheit als gewerblich zu beurteilen (s Rn 162) und sie somit unter Abs 3 Nr 1 zu subsumieren ist.

Auch die Besitzunternehmung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ist somit nicht gewerblich geprägt, da sie aus dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung heraus bereits als Gewerbebetrieb gilt. Die Fiktion der gewerblichen Prägung kann erst bei Beendigung der Betriebsaufspaltung Bedeutung erlangen (s Rn 420; aA gegen den Wortlaut des Gesetzes Autenrieth, DStZ 1989, 99).

c) Einkünfteerzielungsabsicht

 

Rn. 173

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Der Zweck der Einfügung des Merkmals "Einkünfteerzielungsabsicht" im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens bestand darin, zu verhindern, dass qua Gewerbebetriebs-Fiktion steuerlich irrelevante "Liebhaberei" (im Einzelnen s Rn 123) doch noch steuerwirksam wird; auch s BFH v 25.09.2008, BStBl II 2009, 266 zu einer Fonds-Gründungsgesellschaft: Eine mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit setzt auch bei gewerblicher Prägung die Absicht zur Erzielung eines Totalgewinns (einer BV-Mehrung) einschließlich etwaiger stpfl Veräußerungs- oder Aufgabegewinne voraus. Hieran fehlt es, wenn in der Zeit, in der die rechtsformabhängigen Merkmale der gewerblichen Prägung erfüllt sind, lediglich Vorlaufverluste ohne Bildung überkompensierender stiller Reserven erzielt werden, weil die Gewinnerzielungsabsicht der Prüfung der gewerblichen Prägung ...

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