Rn. 363

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Eine Besitz-GbR (auch Bruchteilsgemeinschaft: s BFH BStBl II 1972, 796 letzter Abs), auch wenn an ihr ein Nur-Besitzgesellschafter neben den die Betriebs-KapGes beherrschenden Mitgesellschaftern beteiligt ist (zB bei Überlassung eines Betriebsgrundstücks), ist dennoch insgesamt (Abfärbung nach § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG iVm § 15 Abs 3 Nr 1 EStG) – inkl der verpachteten WG und der Anteile an der Betriebs-KapGes als notwendiges (Sonder-)BV – gewerblich tätig, wenn gesetzlich oder vertraglich hergestellte Beherrschungsidentität (s Rn 320a) vorliegt (s BFH v 29.11.2012, IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910; BFH BStBl II 1999, 483 zu II.2; BFH BStBl II 1972, 796 letzter Absatz; auch BMF v 28.04.1998, BStBl I 1998, 583 zu 2.a.; aA Micker, FR 2009, 852, der zu Recht darauf hinweist, dass demzufolge sich die Einkunftsart des Nur-Besitz-Gesellschafters allein durch das Verhalten Dritter ändern kann (zB Beendigung der personellen Verflechtung durch Anteilsüberträge auf Familienmitglieder); er schlägt vor, das Besitzunternehmen bei Existenz eines Nur-Besitz-Gesellschafters als Zebragesellschaft zu behandeln (s Rn 164).

Im Urteil BFH v 20.04.2005, X R 58/04, BFH/NV 2005, 1774 weist der BFH darauf hin, dass es Unterschiede in der Behandlung des Besitz-Einzelunternehmers und der Besitz-PersGes bzw Besitz-Gemeinschaft bzgl des notwendigen Umfangs des BV gibt. Die vorstehenden Ausführungen in s Rn 362 zum notwendigen BV des Besitz-Einzelunternehmers treffen somit uneingeschränkt nur auf die WG zu, die sich im Gesamt- bzw Bruchteilseigentum der Besitz-PersGes bzw Besitz-Gemeinschaft selbst befinden und als wesentliche Betriebsgrundlagen oder im Zusammenhang mit der Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen an die Betriebs-KapGes verpachtet werden.

WG des notwendigen Sonder-BV II

Zum Sonder-BV II zählen stets die Anteile an der Betriebs-KapGes im Besitz der Gesellschafter der Besitz-PersGes: s Rn 75 zu (4), ggf auch Anteile an weiteren KapGes (sog Doppel-Betriebsaufspaltung), die im Interesse der Betriebs-KapGes erworben wurden: FG Nds v 19.11.2015, EFG 2016, 138 (wohl rkr); BFH v 20.04.2005, BStBl II 2005, 694 und BFH v 26.08.2005, BStBl II 2005, 833; negativ abgrenzend ggf BFH v 28.06.2006, BStBl II 2007, 378.

Gewinnausschüttungen, die auf GmbH-Anteile entfallen, welche zum Sonder-BV II eines Gesellschafters gehören, sind als gewerbliche Sonder-BE des Gesellschafters zu erfassen: BFH v 04.12.2014, BFH/NV 2015, 495.

Bilanzierungskonkurrenz bei Sonder-BV II

Ist die Betriebsgesellschaft ihrerseits in eine Produktions-PersGes (GmbH & Co KG, personenidentisch mit der Besitz-GbR) und eine Vertriebs-GmbH (sog Doppel-Betriebsaufspaltung, auch s BFH v 25.08.1993, BStBl II 1994, 23) aufgespalten worden, erfüllt die Beteiligung an der Vertriebs-GmbH nicht nur die Anforderungen an das Vorliegen von Sonder-BV II bei der Besitz-PersGes, sondern gleichermaßen auch bei der Produktions-PersGes. Auch bei Letzterer war die Beteiligung an der Vertriebs-GmbH dazu bestimmt und geeignet, der Stärkung der Beteiligung von deren Kommanditisten zu dienen. Daher besteht eine Bilanzierungskonkurrenz für die Anteile im Sonder-BV II an der Vertriebs-GmbH. Diese ist nach BFH v 10.05.2012, IV R 34/09, BStBl II 2013, 471 dahingehend zu überwinden, dass die Anteile bei der Mitunternehmerschaft Sonder-BV II bleiben, bei der sie es zuerst gewesen sind (zeitliches Kriterium). Entsteht die Eigenschaft von notwendigem Sonder-BV II bei beiden PersGes gleichzeitig, müssen qualitative Kriterien für die Zuordnung herangezogen werden; der BFH ordnete die Anteile an der Vertriebs-GmbH der Besitz-PersGes zu, weil diese die Klammer für die Gesamtbetätigung war und Produktions-GmbH & Co KG und Vertriebs-GmbH ein einheitliches Betriebsunternehmen bildeten. Ob es Fälle geben kann, in denen sich kein qualitativer Unterschied erkennen lässt, war im Urteilsfall nicht zu entscheiden, nach Einschätzung von Wendt, BFH-PR 2013, 253 können solche Fälle existieren. Dann spricht nach seiner Meinung viel dafür, dass dem/den betreffenden Mitunternehmer/n ein Wahlrecht eingeräumt wird.

Abweichend vom BFH, aaO, unterstellt das FG BdW v 16.12.2019, EFG 2020, 1486, nrkr, Az BFH IV R 5/20 für den Fall einer zunächst bestehenden mittelbaren mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (s Rn 29) über eine zwischengeschaltete "Beteiligungs-GmbH" mit der Folge der Zuordnung der Beteiligungs-GmbH-Anteile zum Sonder-BV II bei der Besitz-PersGes einen qualitativen Vorrang der erst nachfolgenden Zuordnung zum Sonder-BV II einer erst später gegründeten "Beteiligungs-GmbH & atypisch Still". Das Urteil des BFH bleibt abzuwarten.

Werden die Anteile aus Unkenntnis von deren Sonder-BV-II-Eigenschaft bei keiner PersGes erfasst, wird faktisch wohl das FA die Zuordnung dadurch bestimmen, dass es in dem ersten Bescheid für eine der PersGes das Sonder-BV II berücksichtigen muss; auch s FG BBg v 08.01.2019, EFG 2019, 636, nrkr, Az BFH IV R 6/19.

Werden andere WG direkt durch den Gesellschafter od...

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