Rn. 310

Stand: EL 172 – ET: 04/2024

Vorab s Rn 300 vorletzter Absatz.

Die beschränkte Haftung einer KapGes als Betriebsfirma bietet die Möglichkeit, zivilrechtlich das gesamte wertvolle AV der betrieblichen Haftung (Kredithaftung, insb Produzentenhaftung) zu entziehen. Dem ist aus Erfahrung der Praxis hinsichtlich der Kredithaftung entgegenzuhalten, dass diese Wirkung oft zT dadurch aufgehoben wird, dass Kreditgeber zusätzlich persönliche Sicherheiten verlangen und dabei wiederum auf die Sachwerte zurückgreifen. Das kann allerdings nur von Fall zu Fall durch eigene Rechtsgeschäfte geschehen und bleibt betragsmäßig begrenzt, dh, Betriebsgrundstücke können durch Zahlung wieder aus der Haft entlassen werden.

Zur Erreichung der Haftungsbegrenzung bedarf es allerdings nicht unbedingt der Begründung einer klassischen Betriebsaufspaltung. Stattdessen kann das operative Geschäft auch in einer GmbH & Co KG betrieben werden, wobei das wertvolle AV, insb das Betriebsgrundstück, im zivilrechtlichen Eigentum des Gesellschafters verbleibt und an die GmbH & Co KG verpachtet wird. Soweit der verpachtende Gesellschafter an der GmbH & Co KG beteiligt ist, stellt das verpachtete AV Sonder-BV I dar. Befinden sich die Anteile an der GmbH & Co KG im Eigentum der Ehefrau, das Grundstück im Eigentum des Ehemanns, so lässt sich sogar steuerverhaftetes Sonder-BV vermeiden, wenn der Ehemann nicht zugleich still an der GmbH & Co KG beteiligt ist: s im Einzelnen die dargestellten BFH-Urt zu diesem Grenzbereich der Gestaltungsmöglichkeiten, s Rn 24b zu (2).

Bei der Erbfolge bzw vorweggenommen Erbfolge können unternehmerisch nicht geeignete Nachfolger in das Besitzunternehmen, jedoch nicht in die Betriebs-GmbH aufgenommen werden. Damit können Ausgleichszahlungen vermieden werden. Entfällt jedoch dadurch die personelle Verflechtung, so ist das Besitzunternehmen vorher in die Rechtsform einer gewerblich geprägten GmbH & Co KG einzubringen (s Rn 420 zu (3)), was aber erbschaftsteuerlich zur Folge hat, dass schädliches Verwaltungsvermögen iSv § 13b Abs 4 Nr 1 S 1 ErbStG entsteht: auch s Rn 313 letzter Spiegelstrich.

Unter Haftungsaspekten ist insb zu achten

(1)

auf die ggf entstehende Rückzahlungsverpflichtung des Verpächterunternehmens (Besitzunternehmens) betreffend die gestundete Pacht: Rückforderung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 39 Abs 1 Nr 5, 135 Abs 1 Nr 2, Abs 2 InsO betreffend die im letzten Jahr vor Insolvenzeröffnung gestundeten Pachten: im Einzelnen s Kruth, DStR 2015, 1454; Harle, GmbHR 2009, 1093. Noch offene Pachtforderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung sind einem Darlehen vergleichbare Finanzierungshilfe, wenn seit Fälligkeit mehr als 30 Tage vergangen sind: s BGH vom 29.01.2015, IX ZR 279/13, DStR 2015, 702 und Kruth, DStR 2015, 1494, ansonsten normale Insolvenzforderungen, zudem nachrangig nach § 39 Abs 1 Nr 5 InsO, § 30 Abs 1 S 3 GmbHG nF, auch ohne dass die Pachtforderung eigenkapitalersetzend nach altem Recht (§§ 32a, 32b GmbHG aF) ist, wenn auf Rechtshandlungen des Gesellschafters beruhend, die einem Gesellschafterdarlehen "wirtschaftlich entsprechen".

Wegen der steuerlichen Beurteilung evtl Pachtdarlehensabschreibungen in der Krise der Betriebs-KapGes unter der Geltung von § 3c Abs 2 EStGRn 385.

(2) BGH vom 29.01.2015, IX ZR 279/13, DStR 2015, 702: Bei den nach Verfahrenseröffnung entstandenen Mietforderungen handelt es sich um Masseverbindlichkeiten iSv § 55 Abs 1 Nr 2 InsO. In Abgrenzung zur Rechtslage vor MoMiG besteht kein Anspruch des Insolvenzverwalters auf unentgeltliche Gebrauchsüberlassung der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zur Nutzung überlassenen Immobilie (vor MoMiG bestand die Möglichkeit einer weiteren Nutzung der pachtweise überlassenen WG durch den Insolvenzverwalter nach § 135 Abs 3 InsO für die Dauer eines Jahres nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens).
(3) Der BGH hatte schon durch seine sog Lagergrundstück-Urteile III. und IV., BGH DStR 1994, 1353 und 1357 (im gleichen Sinne OLG Ka, DB 1996, 1073) die Rechtsgrundlage betreffend den Haftungsumfang des Besitzunternehmens bei Insolvenz der Betriebsgesellschaft gelegt, insb festgestellt, dass der Insolvenzverwalter keinen Anspruch auf die Übertragung der Substanz der verpachteten WG hat, auch Wertersatz scheidet aus.

Als Fazit lässt sich somit feststellen, dass der Versuch, durch Betriebsaufspaltung die Haftung zu mindern, bei Beachtung der vorstehenden Haftungsaspekte erfolgreich ist, auch wenn ein Unternehmer seine Produktion gerade wegen der Haftung (teilweise) auf eine neue Betriebs-GmbH auslagert.

Bei Auslagerung der Produktion in eine Betriebs-GmbH ist erwünschte Fremdgeschäftsführung problemlos darstellbar, wobei der Fremdgeschäftsführer (evtl auch Kinder) jederzeit durch die Gesellschafter kontrolliert und ggf abberufen werden kann, ohne dass das uU umfangreiche Gesellschaftsvermögen der Disposition des Drittgeschäftsführers unterliegt; hierzu s Tillmann, GmbHR 1992, 30, 98.

Der Unternehmer kann aus den Pachtzahlungen der Betriebs...

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