Rn. 160

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Wird zu Lebzeiten in vorweggenommener Erbfolge ein (bislang selbst bewirtschafteter, verpachteter o im Wege des Nießbrauchs zur Nutzung überlassener) Betrieb im Ganzen o auch nur ein Teilbetrieb o ein Anteil am Betrieb unentgeltlich übertragen, so liegt weder eine stpfl Betriebs- o Teilbetriebsveräußerung noch eine Betriebs- o Teilbetriebsaufgabe vor, denn gem § 6 Abs 3 EStG sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die WG mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben (zwingend die Buchwerte); an diese Buchwerte ist der jeweilige Rechtsnachfolger gebunden (§ 6 Abs 3 S 3 EStG).

Auch eine Rücklage nach § 6b EStG bzw der Ansatz einer fiktiven BA nach § 6c EStG geht auf den Rechtsnachfolger über (BFH v 22.11.2018, BFH/NV 2019, 324; ein Rückbehalt vorhandener Rücklagen nach § 6b EStG durch den Übergeber in Anlehnung an R 6b.2 Abs 10 EStR 2012 kommt nicht in Betracht). Dies gilt entsprechend auch für einen IAB nach § 7g Abs 1 EStG (BMF v 20.03.2017, BStBl I 2017, 423 Rz 40) sowie für die Zahlungsansprüche nach der GAP-Reform (BMF v 25.06.2008, BStBl I 2008, 682; s Rn 33).

 

Rn. 161

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Unentgeltlich ist die Überlassung auch, wenn zB im Zuge einer Auflösung einer Familiengesellschaft der ausscheidende Gesellschafter seinen (bislang regelmäßig der PersGes nur zu Nutzung überlassenen) luf Betrieb dem anderen Gesellschafter (Kind) überträgt.

 

Rn. 162

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Auch die unentgeltliche Aufnahme eines Angehörigen in ein Einzelunternehmen bzw die Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils führt zu keiner Aufdeckung stiller Reserven, sofern eine natürliche Person aufgenommen wird bzw an eine solche der Teil eines Mitunternehmeranteils übertragen wird (§ 6 Abs 3 S 12 EStG u BMF v 03.03.2005, BStBl I 2005, 458); ausführlich dazu s § 6 Rn 1476ff (Müller/Dorn). Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, wenn der bisherige Betriebsinhaber WG nicht (anteilig) mit überträgt, diese aber weiterhin zum BV derselben Mitunternehmerschaft gehören, sofern der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil innerhalb von fünf Jahren nicht veräußert o aufgibt.

 

Rn. 163

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Eine unentgeltliche Übertragung iSd § 6 Abs 3 EStG ist nur gegeben, wenn (zumindest das wirtschaftliche) Eigentum an allen funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang und unter Aufrechterhaltung des betrieblichen Organismus auf einen Übernehmer übertragen wird (BMF v 03.03.2005, BStBl I 2005, 458). Funktional wesentlich sind alle eigenen WG, die im Zeitpunkt der Übertragung des Betriebs, Teilbetriebs o Mitunternehmeranteils der übertragenen Sachgesamtheit das Gepräge geben und die BV des betroffenen Betriebsinhabers bzw Mitunternehmers sind (im Einzelnen s Rn 26ff); bei Mitunternehmerschaften ist auch das zugehörige Sonder-BV des betroffenen Mitunternehmers zu berücksichtigen. Funktional nicht wesentliche WG, in denen erhebliche stille Reserven ruhen, sind dagegen keine wesentlichen Betriebsgrundlagen iSd § 6 Abs 3 EStG. Während also bei einer Betriebsveräußerung der Rückbehalt zB eines (erhebliche stille Reserven enthaltenden) Mietwohnhauses für eine Tarifbegünstigung nach § 34 EStG schädlich ist (s Rn 248), ist er bei einer unentgeltlichen (Teil-)Betriebsübertragung ohne Belang, weil es sich bei dem Mietwohnhaus um funktional nicht wesentliches BV handelt. Bei der Frage, ob alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wurden, hat nach Auffassung des BFH (Urt des BFH v 02.08.2012, BFH/NV 2012, 2053; BFH v 09.12.2014, BFH/NV 2015, 415) eine stichtagsbezogene Betrachtung zu erfolgen; die Grundsätze der sog Gesamtplan-Rspr sind auf Vorgänge des 6 Abs 3 bzw 5 EStG nicht anzuwenden (BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz 10–12).

 

Rn. 164

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für den Fall, dass in sachlichem u zeitlichem Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils funktional wesentliches Sonder-BV zum Buchwert (gem § 6 Abs 5 EStG) in ein anderes BV des LuF überführt bzw übertragen wird; die Ausgliederung könnte sogar zeit- u taggleich erfolgen (BMF v 20.11.2019, aaO, Rz 10–12, weil § 6 Abs 3 u Abs 5 nebeneinander anwendbar sind).

 

Beispiel:

V ist Inhaber eines landw Betriebs mit 60 ha landw Nutzfläche. Er hat zwei Kinder und will jedem der beiden Kinder 30 ha übertragen.

Eine derartige Vorgehensweise führt grundsätzlich zu einer (Zwangs-)Betriebsaufgabe, weil keines der Kinder sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen erhält (s Rn 152).

A gründet mit S 1 eine GbR; er verpachtet 30 ha landw Nutzfläche an die GbR. Die verpachtete Fläche wechselt gem § 6 Abs 5 S 2 EStG zum Buchwert vom Einzelunternehmen des V in dessen Sonder-BV bei der A & S 1 GbR. Daran zeitlich anschließend überträgt V die restlichen 30 ha landw Nutzfläche an S 2; dieser Übertragungsvorgang hat nach Auffassung des BFH gem § 6 Abs 3 ESt...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge